72-Stunden-Aktion

Grün statt grau – Pfadis rücken der Hitze in der Stadt zu Leibe

Das grüne Zimmer in Oeffingen wird bei Regen in der Scheune gebaut. Foto: Diözese Rottenburg-Stuttgart/ Nelly Swiebocki-Kisling

Die Fassadenbegrünung an der Sporthalle in Oeffingen ist schon fertig. Anja Dold zeigt, was die "Pfadis" schon am ersten Tag geschafft haben. Foto: Diözese Rottenburg-Stuttgart/ Nelly Swiebocki-Kisling

Pfadfinder:innen im Rems-Murr-Kreis begrünen für die 72-Stunden-Aktion die Fassaden ihres Ortes

Freitag, 19. April 2024, 17:07 Uhr – 24 Stunden nach Projektstart

In Oeffingen, einem Stadtteil der Stadt Fellbach im Rems-Murr-Kreis mit knapp 7000 Einwohnern, engagieren sich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene - Pfadfinder:innen des Koordinationskreises PSG/ DPSG Oeffingen - Rems-Murr - zwischen sieben und achtundzwanzig Jahren gutgelaunt für die 72-Stunden Aktion. Nach dem Motto: Es gibt kein schlechtes Wetter – außer, wenn man im Dauerregen steht - haben die „Pfadis“ die Angebote der Unternehmen vor Ort angenommen und zwei ihrer Aktionen vorerst mal von außen nach innen verlegt: in den örtlichen Supermarkt sowie in die Scheune des Schillerhofs.

Das neue Grün ist erst einmal grau

Pfadfinder Paul Benz ist dankbar: „Das Tolle an der Aktion ist, dass wir im Ort viele Leute kennen. Sie helfen uns, wenn wir etwas brauchen. Davon lebt das Projekt.“ Der 24-jährige Biologiestudent und sein 21-jähriger Bruder Linus stehen zusammen mit etwa zehn anderen jungen Leuten in der Scheune und streichen das sogenannte grüne Zimmer, eine vorerst noch graue Stahlkonstruktion, die nach der Aktion mit dem Kran in den Schulhof der Schillerschule transportiert wird. In wenigen Tagen wachsen Kletterpflanzen an den dünnen Stangen hoch, Bienen werden von Wildblumen auf dem Dach angelockt und bunte Holzbänke und Blumenkübel im Innern des „Gartenraumes“ laden dann zum schattigen Verweilen ein. „Morgen wird der Pavillon begrünt und beim Abschlussfest am Sonntag stellen wir ihn den Leuten vor“, erklärt Linus Benz stolz. Hilfe bekommen die etwa 80 angemeldeten Kinder und Jugendlichen auch von den Landschaftsgärtner:innen und Baumschulen aus Oeffingen, die als Kooperationspartner:innen die 72-Stunden-Aktion der „Pfadis“ unterstützen. Die Aktion nennt sich „Grün statt grau - Gegen die Hitze in der Stadt. Fassadenbegrünung in Kooperation mit den Gärtnern und der Stadt. Unsere Stadt soll grüner werden".

Der Klimawandel ist da, wir müssen uns anpassen

„Es werden mehrere Wände und Mauern begrünt, ein grünes Zimmer, sozusagen als Masterpiece, wird in 72 Stunden gebaut, und die Bevölkerung wird an einen Stand im örtlichen Supermarkt über die Vorteile einer Fassadenbegrünung aufgeklärt“, erklärt die Vertreterin der Oeffinger Pfadfinder:innen bei den Kokreistreffen des Rems-Murr-Kreises und Projektleiterin Anja Dold ihre 72-Stunden-Aktion. Schon nach wenigen Stunden Gruppenarbeit am Freitag lässt sich erahnen, wie die Turnhallenmauer aussehen soll. Die Kinder haben den ganzen Tag draußen gearbeitet – trotz des Dauerregens. Erst nach vollendeter Arbeit helfen sie den Pfadfindern in den anderen Gruppen. Die Aufgabe als Projektleiterin hat Anja Dold ehrenamtlich übernommen - im „richtigen“ Beruf ist Dold Lehrerin. Sie erläutert, was diese Maßnahme mit nachhaltigem Umweltschutz und dem Erhalt der Schöpfung zu tun hat. „Der Klimawandel ist da, mit all seinen Auswirkungen. Die Frage ist jetzt wie wir Menschen uns anpassen und ihn soweit wie möglich abfedern können. Hierfür gilt es auch mal andere Wege einzuschlagen, junge und kreative Ideen zu nutzen.“ Die Relevanz von Dach- und Fassadenbegrünung für den Klimaschutz sei erheblich. Die Pflanzen verbesserten das Mikroklima, absorbierten Schall und filterten Schadstoffe aus der Luft. Dazu dienten sie der Hitze- und Überflutungsvorsorge sowie dem Altenschutz.

Auch die Wichtel und Wölflinge haben wichtige Aufgaben

Anja Dold schwärmt: „Für die Pflanzarbeiten haben wir zum Glück auch Jugendliche bzw. junge Erwachsene dabei, die eine entsprechende Ausbildung haben. Für unsere kleinen Wichtel und Wölflinge haben wir Aufgaben wie Flyer verteilen oder mit Jungpflanzen Werbung für unsere Aktion zu machen vorbereitet.“

Es ist unsere Zukunft – deshalb muss die Erde geschützt werden

Das wichtigste an der Aktion ist, dass alle Kinder freiwillig mitmachen. „Wir machen das, weil uns die Erde wichtig ist und wir wollen, dass sie sauber bleibt“, erklärt die neunjährige Annika Fischer, die im Supermarkt Gratispflanzen und selbstgemachte Aktionsflyer an Passanten verteilt. Ihre gleichaltrige Freundin Mila Heisig ergänzt: „Und weil es cool ist und die Leute richtig schön reagieren!“ Lea Fischer (13) wirkt nachdenklich, als sie sagt: „Es ist unsere Zukunft. Wir leben noch ganz schön lange auf der Erde, deshalb muss die Erde geschützt werden!“ Amelie Wildemuth (13) hat gerade einer älteren Frau eine Pflanze und einen Flyer in die Hand gedrückt und lächelt: „Es macht aber auch Spaß, weil man sieht, was man in der Gemeinschaft alles erreichen kann.“

 

Zeigen, dass ehrenamtliches Engagement Spaß macht

Die Pfadfinder:innen hatten sich für ein "Get-it"-Projekt angemeldet. Klara Merz ist Dekanatsjugendreferentin und Sozialpädagogin im Katholischen Jugendreferat und der BDKJ-Dekanatsstelle Rems-Murr in Waiblingen und erklärt den Begriff: „Das bedeutet, dass sie erst zum Start der Aktion am Donnerstag, 18. April um 17:07 Uhr ihr Projekt zugeteilt bekommen haben.“ Die Kinder und Jugendlichen möchten zeigen, dass ehrenamtliches Engagement Spaß macht und die Welt verändern kann. „Die Kids haben Spaß, die Leute anzusprechen,“ sagt die 25-jährige Betreuerin Prisca Ebner. „Und die Leute sind neugierig und fragen nach, weil viele die 72-Stunden-Aktion nicht kennen,“ ergänzt Leni Benz (16). Luca Lawitschka (21) erklärt: „Die Kinder lernen hier aber auch inhaltlich sehr viel zum Thema Klimaschutz.“

Mit der Idee auf offene Ohren gestoßen

Die Idee für diese Aktion hatte Anja Dold. Als Geographielehrerin hat sie seit Jahren mit dem Thema Klimawandel und Verstädterung zu tun. In diesem Zusammenhang, so Dold, sei die Fassadenbegrünung eine mögliche Lösungsstrategie, um Hitzetage im Sommer in der Stadt abzufedern. Da ihr Wissen nur theoretischer Art war, wandte sie sich an Jörg Schiller, einem ehemaligen Pfadfinder, der einen Landschaftsgärtnerbetrieb in Oeffingen leitet. Anja Dold ist froh über die Zusammenarbeit: „Er half und hilft bei der praktischen Umsetzung. Glücklicherweise ergab sich dann, dass auch die Stadt Fellbach eine Grünstrategie im Stadtgebiet umsetzen möchte, so dass ich auch hier mit meiner Idee für die Aufgabenstellung auf offene Ohren gestoßen bin.“

„Mit ihrem Einsatz und ihrer Kreativität haben die Jugendlichen ein Signal für mehr Solidarität und Miteinander in die gesamte Gesellschaft gesendet. Die vielen Unterstützungsangebote und die begeisterten Reaktionen zeigen, dass das Signal angekommen ist. Diese Aktion macht Spaß und hat Sinn“
Klara Merz, Dekanatsjugendreferentin in Waiblingen

 

Fehlen horizontale Flächen, muss vertikal gedacht werden

Die großen und kleinen Gärtner:innen in Oeffingen hat der Himmel nach Oeffingen geschickt – „Uns schickt der Himmel“ - so das Motto der 72-Stunden Aktion. Denn Fassadenbegrünung wird für unser Wohlbefinden immer wichtiger. Anja Dold erklärt das Ziel der Aktion: „Fassadengrün ist eine nachhaltige, temperaturausgleichende Klimaanlage mit Luftverbesserungseffekt. Und da in Städten vor allem horizontale Flächen fehlen, um mit Grünflächen nachzurüsten, ist es an der Zeit, anders zu denken. In diesem Fall: vertikal. Fassadenflächen sind in großer Menge vorhanden und werden immer noch viel zu wenig genutzt. Hier gilt es Vorbehalten in der Bevölkerung abzubauen.“ Und das gelingt den „Pfadis“ in Oeffingen!

„Die Aktionen zeigen, was Jugendliche und Kinder im gemeinsamen Tun alles bewegen können, wie ihre Überzeugungskraft und ihre Energie die Erwachsenen anstecken kann“, fasst Klara Merz, Dekanatsjugendreferentin für den Rems-Murr Kreis zusammen. In Oeffingen war sogar der emeritierte Bischof Gebhard Fürst vor Ort und zeigte sich von dem außergewöhnlichen Einsatz beeindruckt.

Über die 72-Stunden-Aktionen im Rems-Murr-Kreis

Sie schickt der Himmel: Am 18. April sind bundesweit wieder Tausende Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ausgeschwärmt, um bei der Aktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) nachhaltige, gute Taten zu vollbringen, die die Menschen verbinden. Dafür bleiben ihnen aber nur 72 Stunden.

In Rems-Murr beteiligen sich 8 Gruppen seit Donnerstag an der 72-Stunden-Aktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Die Organisatoren des BDKJ und der Kirchlichen Jugendarbeit sind begeistert. Besonders durch die Beteiligung des Aktionsradios SWR3 - Reportagen, Hilferufe und Musikwünsche - wurde deutlich: Einsatz steckt an. Ganze Ortschaften und Stadtteile sind von den sozialen, ökologischen und interkulturellen Projekte begeistert. Die Liste der Projekte ist lang: Ein Erlebnisweg mit Holzkugelbahn für Familien in Leutenbach, Bauanleitungen für LED Solarlampen für Jugendliche aus dem Kongo aus Fellbach, Fassadenbegrünungen gegen die Hitze in Oeffingen, Inklusionsprojekte in Welzheim und Backnang, Unterstützung im Altersheim in Endersbach. Und das sind nur einige Beispiele der vielen Ideen, welche die rund 320 Teilnehmenden in Rems-Murr aktuell in den 72 Stunden der Aktion verwirklichen.


Mehr Informationen unter 72Stunden.de

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