Tod und Trauer

Alle in der gleichen Situation

Die Frauen sitzen an einem Tisch, darauf Primeln, Kaffeetassen und Wassergläser.

Moni Beck und Manuela Wagner (2./3.v.r.) im Gespräch mit Renate Fuchs (l.) von der Kontaktstelle Trauer und den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Trauerkreises Andrea Kostka (2.v.l.) und Margot Hummler (r.) - Foto: DRS/Waggershauser

Im Biberacher Trauerkreis können Betroffene offen über den Verlust eines lieben Menschen reden - und sie bekommen wertvolle Impulse.

Dieses Jahr war es für Manuela Wagner besonders schwer. Der zweite Todestag ihres Mannes fiel genau auf den Gumpigen Donnerstag. „Wo wir doch alle Fasnetshupen sind“, wirft sie ein und wischt sich die Tränen aus den Augen. Die beiden hatten sich in der fünften Jahreszeit kennen und lieben gelernt. Ausgelassen in großer Menge die Weiberfasnet zu feiern, passte für die Witwe nicht zum Jahrtag. Mit ihren Töchtern und den beiden Enkeln besuchte sie das Grab ihres Mannes. „Dann haben wir uns aber Berliner geholt und eine Kaffeerunde gemacht“, erzählt die 56-Jährige. So eine Aktion wäre anfangs undenkbar gewesen. „Im ersten halben Jahr habe ich nur funktioniert“, gesteht Wagner.

Neue Perspektiven und ganz praktische Anregungen im Umgang mit Trauer, das fand Manuela Wagner im Biberacher Trauerkreis. Zu den Ankomm-Ritualen gehöre es, die momentane Situation auf einem Gefühlsbarometer mit einer Skala von eins bis zehn einzuordnen. „Am Anfang stand ich bei zwei bis drei, jetzt bin ich bei sechs oder sieben“, verrät sie. Wobei in dem offenen Kreis alle so oft kommen und so trauern können, wie sie es benötigen und es ihnen guttut, erklärt Renate Fuchs. Die Gemeindereferentin gehört zur Kontaktstelle Trauer der Dekanate Biberach und Saulgau in Kooperation mit der Caritas. Sie leitet den Kreis zusammen mit Ehrenamtlichen.

Freunde gehen aus dem Weg

Moni Beck und Manuela Wagner kennen sich bereits von der Krabbelgruppe mit ihren Kindern. „Dann haben wir uns aus den Augen verloren“, erklärt Beck. Als Wagner erfuhr, dass beide ihre Männer kurz nacheinander verloren hatten, nahm sie Kontakt zu der 67-Jährigen auf. „Einzeln wären wir wohl nicht in den Trauerkreis gegangen“, mutmaßen die beiden, die inzwischen eine super Freundschaft verbindet. Während Becks Bekanntenkreis schon in den sieben Jahren, in denen sie ihre Mutter pflegte, kleiner wurde, berichtet Wagner von Freunden, die plötzlich vor ihr die Straßenseite wechselten, weil sie mit dem Thema Tod nicht umgehen können. „Warum?“, fragt sie sich. „Ein Zunicken hätte doch schon gereicht.“

Gaby Lang hat vor zwei Jahren mit ihrer Schwester das letzte Mitglied der Herkunftsfamilie verloren. „Bei der Beerdigung waren 70 Leute da und danach ist kein Mensch mehr zu mir gekommen“, erinnert sich die 77-Jährige. Sie suchte im Internet und stieß auf den Biberacher Trauerkreis. Wie Manuela Wagner und Moni Beck fand sie dort Menschen in der gleichen Situation, um offen zu reden und auch mal zu weinen. Und hier habe niemand die Erwartung, dass die Trauer nach einem halben Jahr auch wieder vorbei sein müsse, ergänzt Renate Fuchs. Der Austausch in Kleingruppen gehört wesentlich zu den monatlichen Treffen, zu denen in der Regel etwa 15 Trauernde kommen.

Nicht im Dunkeln nach Hause kommen

„Persönlich hatte ich nichts mit Trauer zu tun“, erzählt Andrea Kostka. Sie kam als Unterstützerin für das „Drumherum“ zum Kreis. Denn eine ansprechende Deko - passend zur Jahreszeit - und eine festliche Kaffeetafel gehören genauso dazu wie ein inhaltlicher Impuls vor den Gesprächen. Inzwischen bereiten sie und Margot Hummler zusammen mit Renate Fuchs die Treffen vor und reflektieren sie hinterher. Hummler war 18, als ihr Vater starb. Der Tod wurde daraufhin tabuisiert, was der Mutter und den Kindern nicht guttat. Um mit Tod und Trauer umgehen und darüber sprechen zu können, erhielten die beiden Ehrenamtlichen einen Einführungskurs.

Im Advent eine Lichterkette mit Zeitschaltuhr zu programmieren, um nicht im Dunkeln nach Hause zu kommen, oder den schönsten Ast des dekorierten Christbaums herauszuschneiden und auf das Grab zu legen - „darauf wären wir nie gekommen“, bestätigen die Frauen unisono. Neben Gesprächen und aufbauenden Geschichten schätzen sie diese praktischen Tipps am Trauerkreis. Was aber, wenn die intensive Trauerbegleitung nicht mehr notwendig ist? Gaby Lang engagiert sich inzwischen beim neuen Mittagstisch-Angebot in ihrer Gemeinde. Und Moni Beck hat sich mit anderen „Ehemaligen“ für ein monatliches Kaffeetreffen in einer WhatsApp-Gruppe vernetzt. „Es geht lustig zu und tut uns gut“, freut sie sich.

Reihe „Mitten aus dem Leben“

Zusammen mit der Katholischen Erwachsenenbildung (keb). der Volkshochschule (VHS), den Angehörigen um Suizid (AGUS) und der Selbsthilfegruppe verwaiste Eltern (KonTiki) organisiert die Kontaktstelle Trauer die Veranstaltungsreihe über Leben, Tod und Hoffnung. Hier der komplette Flyer als PDF.

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