Weltkirche

Agustin träumte von Winterweihnacht

Agustin Muñoz steht am Adventskranz vor der Kirche St. Peter in Bad Waldsee

Wie der Freiwillige aus Argentinien nach Deutschland kam und die Adventszeit erlebt.

"Es ist für mich ein Traum." Agustin Muñoz strahlt übers ganze Gesicht, als er vom Advent in Deutschland spricht. Der junge Argentinier kannte die Winterweihnachtsidylle bisher nur aus den Fernsehfilmen, die er als Kind anschauen durfte. Im Moment macht er ein freiwilliges Jahr und lebt seit Ende September in Bad Waldsee. Der 21-Jährige freut sich über die stimmungsvollen Lichter, die schon Ende November auf den Straßen und in den Schaufenstern funkelten. Hier liegt zwar noch kein Schnee, aber bei den frostigen Temperaturen geht er nicht mehr ohne Winterjacke, Mütze und Handschuhe aus dem Haus.

Frost und Schnee kennt Agustin auch von seinem Heimatdorf Andacollo im Nordwesten der südargentinischen Region Patagonien. Aber an Weihnachten ist auf der Südhalbkugel Sommer. Adventskränze gibt es nur in den Kirchen. Da die Argentinier am 8. Dezember, dem Fest Mariä Empfängnis, frei haben, stellen sie an diesem Tag zu Hause ihren Plastiktannenbaum mit bunten Lichtern auf, den sie trotz der Hitze winterlich dekorieren. Weihnachten feiern sie dann meist mit einem Picknick am Fluss oder im Wald. Agustins Verwandtschaft trifft sich zum Fest im Haus der Großeltern. Dass der angehende Agraringenieur einmal sein Studium unterbricht, um sich in Deutschland sozial zu engagieren und dort Weihnachten zu feiern, hätte er sich nie träumen lassen.

Bisher gab es in der Provinz Neuquén, in der das Dorf Andacollo liegt, mehrere deutsche Jugendliche aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart, die dort einen weltkirchlichen Friedensdienst leisteten. Da Agustin in seiner Kirchengemeinde aktiv mitmacht und den Pfarrer gut kennt, bekam er es mit, als dieser 2017 für einen der Freiwilligen ein Zuhause suchte. Seine Familie meldete sich. "Wir haben dieses Jahr zusammen geteilt", erzählt der aufgeweckte junge Mann. Auch zu den Nachfolgern hatte er engen Kontakt. Vor einem Jahr erfuhr er, dass seine Provinz einen Freiwilligen nach Deutschland schicken kann. Agustin bewarb sich umgehend, ging aber leer aus. Erst als eine zweite Stelle dazukam, fiel die Entscheidung im Februar auf ihn. "Meine Mama hat geweint", berichtet er. Bei ihm selbst überwogen die Freudentränen.

Dass Agustin sich problemlos auf Deutsch verständigen kann, verdankt er vor allem einem dreiwöchigen Intensivkurs in Tübingen. Da waren noch seine Kolleginnen und Kollegen aus anderen spanischsprachigen Ländern dabei. "Jetzt bin ich allein, die Leute sprechen nur Deutsch", wurde ihm nach seiner Ankunft in Bad Waldsee klar. Bei seinen schwäbischen "Eltern" und seinem zehnjährigen "Bruder" fühlt sich der Gast aus Argentinien sichtlich wohl. Mit Gemeindereferentin Sandra Weber, seiner Mentorin trifft er sich mindestens einmal in der Woche. Von Montag bis Donnerstag unterstützt er die Erzieherinnen im Kindergarten St. Martin, am Freitag arbeitet er im Tafelladen "Solisatt". Wenn der Musikbegeisterte zur Gitarre greift, freuen sich nicht nur die Kinder.

Besonders angetan haben es Agustin die Advents- und Weihnachtslieder. Die gibt es so in Argentinien nicht. Ebenso wenig wie die Weihnachtsmärkte, die in fast allen deutschen Städten zur Tradition geworden sind. Seine Marktpremiere erlebte der Gast aus Lateinamerika in Ulm. Zuvor konnte er sich den Budenzauber gar nicht richtig vorstellen. "Ich stand dann mit meinem Glühwein in Stille, habe nur beobachtet und mit meinen Augen ein Bild gemacht", erzählt er immer noch ganz gerührt. Und schmunzelnd fügt er hinzu: "Ein Traum - sehr schön."

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