Caritas

Alles nur Vorurteile?

Caritasdirektor Pfarrer Oliver Merkelbach. Foto: Uta Rometsch

Bei der Gender-Woche im Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart stellen Mitarbeiter althergebrachte Männer- und Frauenbilder in Frage.

Eine Mutter gehört zu ihren Kindern. Frauen haben gut auszusehen. Männer üben dagegen selbstbewusst Macht aus. Alles nur Vorurteile? Oder wabern solche Vorstellungen nach wie vor in unseren Köpfen? Der Caritasverband in der Diözese Rottenburg-Stuttgart stellt sich im Rahmen einer „Gender-Woche“ Fragen zu solchen Männer- und Frauenbildern. Wie wirken diese etwa in der Beratungsarbeit mit Klientinnen und Klienten und auch innerhalb der Mitarbeiterschaft?

Der Verband geht noch weiter: Er spricht sich dafür aus, dass Menschen ihre Einzigartigkeit und Vielfalt leben können. Sie unterscheiden sich nicht nur in Geschlecht, sondern auch in ihrer kulturellen und religiösen Zugehörigkeit, Lebensform, sexueller Identität, Alter oder sozialem Status. „Wir wollen kompetent werden im Umgang mit dieser Vielfalt“, so Caritasdirektor Pfarrer Oliver Merkelbach. „Im Dialog wollen wir in dieser Woche gezielt die persönliche Haltung und die Kompetenz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern. Denn die konstruktive Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen, Religion, Werten oder Menschenbildern ist Teil der Fachlichkeit unserer Arbeit“, so Merkelbach.

Eigene Vorurteile bewusst machen

Damit sich eine wertschätzende Haltung für die vielfältigen Lebensformen entwickeln kann, werden im Rahmen der Gender-Woche Impulse angeboten, die eigene Vorurteile beispielsweise in Bezug auf Status oder auch Geschlecht bewusst machen. „Bezogen auf Mann und Frau zeigt sich erfahrungsgemäß, dass sich Rollenbilder hartnäckig halten. Dass Frauen in Teilzeit arbeiten und Männer in Vollzeit, ist ein solches Bild“, so Stephanie Goeke, Referentin im Caritasverband. Daher würden die angebotenen Übungen an diesen herkömmlichen Bildern rütteln.

„Wir versprechen uns davon, sensibler zu werden in Punkto Rollenzuschreibungen auf allen Ebenen“, so Merkelbach. Die Caritas wolle sich auf den Weg machen, „ein familienfreundlicher Verband zu sein. Dies beinhaltet eine Sensibilität zu entwickeln, auch für Lohnlücken in den Berufsbiografien von Frauen.“ Es gelte auch aktiv zu werden, damit Väter ihrem Wunsch entsprechend Raum für ihre Kinder haben. Als i-Tüpfelchen sei ein Wickeltisch in der Herrentoilette Ausdruck dieser gelebten Vielfalt.

Zeichen setzen entgegen reaktionärer Strömungen

Dass verstärkt wieder traditionelle Rollenbilder propagiert werden, sieht man bei der Caritas kritisch. Vorwürfen, die Gleichstellung von Mann und Frau zerstöre die Familie – wie sie in rechten Kreisen propagiert wird – widerspricht der Caritasverband entschieden. „Leider wird das traditionelle Frauenbild auch instrumentalisiert, um im nationalsozialistischen Sinne an eine völkisch-biologische Vorstellung von Familie anzuknüpfen. Auch hierfür wollen wir sensibilisieren“, erklärt der Caritasdirektor.

Neben Theatersequenzen, Übungen und Impulsen für Mitarbeitende und Leitungskräfte steht ein Büchertisch mit einschlägiger Literatur in der Geschäftsstelle. Mitarbeiter erhalten täglich Lese- oder Filmtipps.

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