Kirchenmusik

Die ganze Bandbreite der Popmusik

Thomas Gindele (links) und Martin Böhm freuen sich auf den Start der neuen Ausbildung. Bild: Gregor Moser

Das Amt für Kirchenmusik bietet erstmals eine popularmusikalische Ausbildung in der Diözese an. Ausgebildet werden Pop-Chorleiter und Bandleiter.

Mit der Ausbildungsleitung sind die beiden Regionalkantoren Martin Böhm und Thomas Gindele betraut. Im Interview berichten die beiden, was sie mit ihrem Wirken erreichen möchten.

Herr Böhm, Herr Gindele, können Sie kurz zusammenfassen, worin Sie Ihren Auftrag sehen?

Böhm: Wir möchten das, was es in unserer Diözese ja schon gibt, unterstützen. Wir  möchten den Musikern helfen, ihr ganzes Potential zu entfalten, denn sie leisten einen Verkündigungsdienst, der auf hohem Niveau stattfinden sollte. 

Gindele: Wir möchten den Teilnehmern auch die stilistische Bandbreite dessen zeigen, was im Bereich Kirchenmusik denkbar ist. Und es geht uns auch darum, ein Fundament zu schaffen.

Was meinen Sie mit Fundament?

Gindele: Durch unsere professionelle Begleitung der Musiker wollen wir einen Beitrag dazu leisten, das Niveau, das vielerorts schon sehr gut ist, insgesamt noch weiter voranzubringen.

Böhm: Wir möchten die Musiker so begleiten, dass sie sich selbst und ihre Zuhörer mit ihrem Spiel noch mehr zufriedenstellen können. Andererseits geht es auch darum, die Musik in die Liturgie einzubetten, um dadurch die Qualität von Jugend- oder Firmgottesdiensten noch weiter zu verbessern.

Herr Böhm, um was geht es Ihnen mit Blick auf die Gottesdienstgestaltung genau?

Böhm: Es geht um die Literaturauswahl, um Abläufe und um die Platzierung der Musikstücke in der Liturgie. Es gibt aber auch noch einen anderen Punkt, der wichtig ist, wenn wir an ein Fundament denken, das dann den Gottesdiensten zugutekommen soll. Dabei denke ich an das Netzwerken. Dadurch können wir es schaffen, popularmusikalische Gottesdienste künftig auch in Gemeinden zu ermöglichen, wo es diese heute noch nicht gibt. Die Offenheit dafür besteht nämlich vielerorts. Dafür, dass ein solcher Gottesdienst dann aber auch realisiert werden kann, bedarf es oft der Kooperation unterschiedlicher Menschen über die Grenzen einer einzelnen Gemeinde hinaus.

Gindele: Wir möchten da ein Puzzlestein sein und  helfen, die musikalische Breite in den Gottesdiensten unserer Diözese weiter voran zu bringen. Wir würden uns freuen, wenn die Ausbildungsteilnehmer die Impulse, die sie von uns mitnehmen, in den Gemeinden einbringen und dabei gute Aufnahme und Zusammenarbeit mit den anderen liturgischen Diensten erleben dürfen. 

Inwieweit bietet die liturgische Öffnung zur Popularmusik aus Ihrer Sicht eine Chance, Gottesdienste für junge Menschen attraktiver zu gestalten?

Gindele: Wir sollten das Klischee ad acta legen, dass wir mit Popularmusik nur Jugendliche ansprechen können.

Böhm: Es geht nicht allein nur um eine jugendgerechte Liturgie. Ich glaube, dass auch der ganz normale Sonntagsgottesdienst von Popularmusik durchzogen sein kann, da dieser ja Menschen aller Altersgruppen anspricht und es auch so viele unterschiedliche Arten von Popularmusik gibt. Wir möchten unser Anliegen daher ausdrücklich nicht auf den Jugendbereich beschränken, weder mit Blick auf die Ausbildung noch für die Zeit danach.

Sehen Sie auch Grenzen, was den Einsatz popularmusikalischer Mittel betrifft?

Böhm: Wenn es um die stilistische Grenze geht, möchten wir dafür sensibilisieren, was in einer Gemeinde und in der Liturgie möglich ist. Es gibt hier aber kein Pauschalrezept. Ich glaube, wir werden da an den Leitplanken arbeiten.

Wie sieht Ihr Anspruch konkret aus?

Böhm: Unser Anspruch für die Ausbildung besteht darin, die ganze Bandbreite der Popmusik zu vermitteln und dabei möglichst viele Stilrichtungen zu streifen. Beispielsweise Elektro, Hip Hop, Rock, Latin, Funk oder Rhythm and Blues. Unser erster Jahrgang ist da natürlich auch ein bisschen Pilotphase, in der wir gemeinsam rausfinden möchten, was im Einzelfall einen Platz haben kann und was nicht. Überspitzt gesagt: Wenn am Ende ein DJ rauskommt und keine Band, dann wäre das auch cool.

Wie sind die Rückmeldungen, die Sie bislang erhalten haben?

Gindele: Bisher haben sich vor allem aktive Musiker gemeldet, die ihre Stilistik verfeinern möchten. Wir sind da aber völlig offen. Die Teilnahme an der Ausbildung ist ab einem Alter von 15 Jahren möglich.

Herr Böhm, gibt es in anderen Diözesen denn schon ähnliche Ausbildungen?

Böhm: Ja, in Limburg und in Mainz. Dort läuft die Ausbildung aber in einem geringeren zeitlichen Umfang. Die bestehenden Angebote sind mit dem in der Diözese Rottenburg-Stuttgart nicht zu vergleichen. Man kann sagen, dass wir es etwas breiter aufziehen.

Wie sieht denn ihr Ausbildungskonzept aus?

Gindele: Die zweijährige Ausbildung beinhaltet einmal pro Monat einen Unterrichtssamstag im Wilhelmsstift in Tübingen, pro Woche 45 Minuten Einzelunterricht bei einem Musiklehrer oder Dekanatskirchenmusiker, den wir für die Ausbildungsteilnehmer wohnortnah organisieren werden, sowie eine E-Learning-Plattform. Der Lernfortschritt soll so durch uns überprüft werden und wir können die Teilnehmer dadurch auch abseits unserer Treffen begleiten.  

Böhm: Wir glauben, dass das Ausbildungskonzept gut integrierbar ist in den Alltag.

Wie ist denn überhaupt die bisherige Resonanz auf Ihr Angebot?

Gindele: Es gab schon einige Interessenten. Das ist bunt gemischt. Wir versprechen uns auch viel von unserem Infotag am Samstag, 8. Februar, von 14 bis 16 Uhr im Theologenkonvikt Wilhelmsstift in Tübingen.

Zur Person

Thomas Gindele (Jahrgang 1964) ist seit 31 Jahren als hauptamtlicher Kirchenmusiker aktiv. Der verheiratete Vater eines Sohnes arbeitet als Regionalkantor und als Musikdozent in Tübingen. Am Wilhelmsstift ist er für die musikalische Ausbildung der Priesteramtskandidaten zuständig. In der neuen Ausbildung ist er für die Pop-Chorleitung zuständig.

Martin Böhm (Jahrgang 1990) ist Dekanatskantor für Bandleitung und konzentriert sich in der neuen Ausbildung so auch auf diesen Bereich. Wenn er nicht in Sachen Kirchenmusik unterwegs ist, dann spielt er gerne Schach und Basketball oder entspannt sich beim Yoga.

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