Brauchtum

Heilig-Blut-Verehrung bleibt Kraftquelle

Von Ordnern und Ministranten begleitet ziehen die Blutreiter durch die Stadt.

Nach der Übergabe der Reliquie an Dekan Ekkehard Schmid zieht die kleine Reiterprozession durch Weingarten - Foto: Stadt Weingarten

Die kreuzförmige Blutreliquie ruht auf einem samtfarbenen Kissen.

Die Blutreliquie am Außenaltar - Foto: Stadt Weingarten

Dekan Schmid sitzt in einen roten Rauchmantel gehüllt und einem schwarzen Barett aufd dem Kopf auf einem Schimmel und trägt die kreuzförmige Reliquie vor der Brust.

Dekan Ekkehard Schmid reitet mit der Heilig-Blut-Reliquie durch die Fluren nordöstlich von Weingarten - Foto: Stadt Weingarten

In reduzierter Form und doch feierlich beging Weingarten den Blutfreitag vor Ort und digital. Die Festpredigt am Vorabend hielt Generalvikar Stroppel.

Ein feierlicher Gottesdienst mit dem Rottenburger Generalvikar Clemens Stroppel beschloss den diesjährigen Weingartener Blutritt am Freitag nach Christi Himmelfahrt. Zuvor ließen 13 Reiter in Frack und Zylinder mit ihren Standarten die Stadt hinter sich und zogen durch die Fluren. In ihrer Mitte ritt auch in diesem Jahr Dekan Ekkehard Schmid, der die Heilig-Blut-Reliquie trug. Coronabedingt war zum zweiten Mal nur eine sehr reduzierte Form der ansonsten größten Reiterprozession Europas mit über 2.000 Pferden möglich.

Trotz der Geheimhaltung des Weges, versammelten sich etliche Pilgerinnen und Pilger mit Abstand am festlich geschmückten Außenaltar in Köpfingen. Die Station bot bei blauem Himmel und Sonnenschein einen weiten Blick über das Schussental. Hier spendete der Dekan im Beisein von Weingartens Oberbürgermeister Markus Ewald und dem Bürgermeister der Nachbargemeinde Baienfurt, Günter A. Binder, nach einer Andacht den Segen mit der Reliquie, die einen Tropfen des Blutes Christi enthalten soll.

Blutfreitag bleibt im Wesen gleich

Die Rückkehr der Reiter in den äußeren Klosterhof mit dem feierlichen Schlusssegen am dortigen Altar konnten die Gläubigen auch zu Hause über einen Livestream im Internet mitverfolgen. Ebenso den anschließenden Festgottesdienst. In dieser besonderen Pandemiesituation und wegen einer noch ausstehenden Satzungsänderung vertrauten die Verantwortlichen auf die über viele Jahre erfahrenen männlichen Standartenreiter, obwohl seit einer Grundsatzentscheidung im vergangenen November erstmals eine Teilnahme von Frauen möglich gewesen wäre.

Über den Verlauf des "Blutrittle", wie Dekan Ekkehard Schmid diese Form im vergangenen Jahr getauft hatte, zeigte er sich am Ende sehr zufrieden. "Der Blutfreitag kann klein sein oder groß oder anders - im Wesen bleibt er immer gleich", betonte der Weingartener Basilikapfarrer. Die Heilig-Blut-Verehrung solle aufhelfen und Kraft geben für den Alltag. Felix Habisreutinger, Sprecher der Festordner, freute sich besonders, dass umliegende Gemeinden nicht nur Andachten und Gottesdienste in Verbundenheit mit dem Blutritt feierten, sondern Blutreitergruppen vor Ort zeitgleich eine eigene Reiterprozession veranstalteten.

Kirche braucht Veränderung

Seine langjährige tiefe Verbundenheit zum Blutfreitag brachte Generalvikar Clemens Stroppel bereits bei der Festpredigt am Vorabend zum Ausdruck. Er pilgerte in den vergangenen 33 Jahren meist zu Fuß von Rottenburg nach Oberschwaben und ritt dann bei der Blutreitergruppe Herbertingen als Geistlicher mit. Der gute Hirte, wie Jesus sich im Johannesevangelium selbst bezeichnet, sei einer, der sich um jeden einzelnen kümmere und der Verantwortung übernehme. "Er nimmt sich nicht, was er braucht, sondern gibt den Menschen, was sie brauchen", erklärte der promovierte Theologe in seiner Predigt.

Schlechte Hirten gebe es genug. Stroppel verwies auf populistische Narzisten in der Politik oder Rattenfänger in der Gesellschaft, aber auch auf Kirchenleute, "die sich als Hirten gebärden, aber Missbraucher sind." Er forderte diese Verbrechen vorbehaltslos aufzuarbeiten, was auch strukturelle Veränderungen einschließe. Corona habe außerdem der Kirche das Festtagskleid ausgezogen. Für Stoppel bedeutet das aber trotzdem bleiben statt gehen. Kirche in dieser bescheiden fröhlicheren und demütig hoffnungsvolleren Gestalt brauche Menschen, die "sich in dieser Welt dem guten Hirten zur Verfügung stellen" und andere spüren lassen: Es geht um dich.

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