Bei der Wallfahrt „Mit Rucksack und Bibel“ am Gedenktag des Pilger-Patrons Jakobus ging es darum, Wunden aus der Corona-Zeit – etwa das Gefühl von Leere oder (Glaubens-)Zweifel – freizulegen und in der Besinnung auf Gottes Wort und Zuspruch Stärkung zu erfahren. Rund 60 Pilgerinnen und Pilger aus dem Dekanat Ehingen-Ulm und drumherum machten sich gemäß dem Corona-Hygienekonzept in drei geschlossenen Zwanziger-Gruppen auf den Weg. Der Rundkurs von der Pfarrkirche St. Martinus in Westerstetten durchs Lonetal bot Gelegenheit, um biblische Themen in heimischer Landschaft zu erschließen.
„Wie kann es sein, dass uns Christen die Krise so unvorbereitet traf, dass wir gewissermaßen im Glauben nackt dastanden“, fragte Dekanatsreferent Dr. Wolfgang Steffel. Dabei sei die Bibel voll mit Gedanken und Grundmotiven, „die uns in dieser besonderen Zeit ausrüsten und einen guten Realitätssinn geben“. An mehreren Wegstationen spürten die Teilnehmer diesen Motiven nach.
Wunden nicht verstecken
Von der menschlichen Verwundbarkeit, die die Corona-Krise auf drastische Weise vor Augen geführt hat, und von der Gefahr, Verwundungen und Wunden immer nur negativ und als Wertminderung zu sehen, sprach Steffel an einer dieser Stationen. Gott habe aber einen anderen Blick und einen anderen Maßstab. „Er hat eine besondere Wertschätzung für Menschen in Krankheit, Arbeitslosigkeit, zerbrochenen Beziehungen oder Depression.“ Es gelte, die Wunden nicht zu verstecken, die in dieser Zeit aufgerissen werden. Denn wer seine Verwundungen verdränge, behindere Neuwerdung, so der Theologe. „Wenn wir sie annehmen, kann sich Wandlung ereignen: Wir erkennen, dass wir nicht aus eigener Kraft, sondern aus Gottes heilender Kraft leben.“
Als heilend oder zumindest stärkend erwies sich für die Pilgerinnen und Pilger schon allein das Erleben von Gemeinschaft als Glaubende und Suchende auf gemeinsamem Weg in der Natur, das – wenn auch unter den Bedingungen der Corona-Schutzmaßnahmen in etwas anderer Form – erstmals wieder möglich war. Als ehrenamtlicher Wallfahrtsführer hatte Hans-Jürgen Greber einen charmanten und abwechslungsreichen Rundweg von Westerstetten über Breitingen und Bernstadt ausgearbeitet.