Corona

Zeichen der Ermutigung aus aller Welt

Mit rot-weißen Abschrankungen und einem Verbotsschild ist die Auffahrt zum Kloster Reute abgesperrt

Nach Covid-19-Infektionen sprach die Stadt Bad Waldsee ein Betretungsverbot für den Klosterberg in Reute aus - Foto: DRS/Markus Waggershauser

Die Covid-19-Infektionen fordern das Zusammenleben im Kloster Reute stark heraus, erklärt Oberin Sr. Maria Hanna Löhlein im Interview.

Um den 20. November wurden die ersten Covid-19-Infizierten im Kloster Reute gemeldet. Zunächst war das Gut-Betha-Haus, die Alten- und Pflegestation der Franziskanerinnen betroffen. Später mussten auch im übrigen Klosterbereich Schwestern in Quarantäne. Schließlich kamen Soldaten zur Unterstützung und die Stadt Bad Waldsee riegelte den gesamten Klosterberg samt Pfarrkirche ab. Was diese Situation mit einer klösterlichen Gemeinschaft macht und wie sie diese Tage durchsteht, darüber haben wir mit Generaloberin Sr. Maria Hanna Löhlein gesprochen.

Schwester Maria Hanna, Sie tragen als Oberin gerade eine große Verantwortung. Wie ist die Stimmung im Kloster?

Die Stimmung ist nach wie vor sehr gespannt und außergewöhnlich. Wir sind bereits seit 01.Dezember alle in Zimmerquarantäne. Manche von uns sind positiv getestet und haben keine oder wenig Symptome, andere haben grippeähnliche Symptome, wieder andere sind verwirrter als sonst und manche genießen die stille Zeit in der eigenen Zelle. Andere haben Sorge, dass das Virus sie auch noch erwischt. Von daher kann ich nur sagen, dass sich das Leben und die Abläufe, unterstützt durch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und durch die Soldaten der Bundeswehr, langsam einpendelt. Jedoch sind es für uns alle sehr ungewöhnliche Zeiten, die wir im Vertrauen auf Gott, der mit uns geht, bestehen wollen.

Das klösterliche Miteinander lebt von Gemeinschaft. Was ist denn da trotz Quarantäne noch möglich?

Gemeinschaft heißt, dass wir als Schwestern in Gott verbunden sind, egal, ob wir allein in einer Zelle sitzen oder miteinander Gott lobpreisen. Für unsere hochbetagten Schwestern im Gut-Betha-Haus gibt es wenigstens die Hörverbindung im Gebet über unsere Sprechanlage. Wir versuchen die Schwestern die positiv getestet wurden auf gemeinsamen Stockwerken unterzubringen. Sobald ein Stockwerk insgesamt positiv ist, können die Schwestern auf diesem Stockwerk miteinander beten und essen. Das erleichtert dann wieder viel. In den Stockwerken, wo noch eine Durchmischung von positiv und negativ getesteten Schwestern besteht, muss für alle strenge Zimmerquarantäne gehalten werden.

Wird das so bleiben?

Diese Situationen versuchen wir durch entsprechende Umzugspläne dann bald möglichst wieder zu entschärfen. Jedoch kommen laufend neue Testergebnisse und dann wieder das Auslaufen von Quarantänen hinzu, die wieder Umzüge nötig machen. Also bewegte Zeiten. Wir haben in unserer Regel das Bild des Pilgers und Fremdlings. Das Bild hilft gerade diese Aufbrüche immer neu zu wagen. Doch selbst für die strenge Zimmerquarantäne ermöglicht die Essensverteilung und die medizinische Versorgung und Pflege Begegnung, wenn auch unter Schutzanzügen.

Es gibt ja Leute, die meinen, dass Gebet und Eucharistie gegen das Virus immun machen ...

Gebet und Eucharistie - wenn Eucharistie das Wort für lebendige Gemeinschaft aus der Gottesbeziehung heraus ist, ist sie keine magische Formel, die vor Krankheit, Leid und Tod immunisiert. Jedoch hilft, Gebet und Verbindung zur Gemeinschaft in dieser Krankheit die Hoffnung und Zuversicht zu bewahren und gemeinsam mit Gott diese Prüfung zu bestehen. Durch Wegleugnen der Gefahr werden wir nicht von ihr verschont werden.

Seit einigen Tagen unterstützen Sie Soldaten der Bundeswehr. Wie ist deren Einsatz angelaufen?

Als der Voraustrupp anrückte, haben die Schwestern und unsre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Soldaten beklatscht. Für die Soldaten war es natürlich eine fremde Welt, in die sie nun eintreten mussten. Die Soldaten im Pflegeheim bekamen eine Hygieneschulung und dann ging's ans Brote Schmieren und ans Essen Austeilen für hochbetagte Schwestern. Danach wurden Schutzausrüstung und Sprudelkisten geschleppt, Sauerstoffkonzentratoren an Ort und Stelle geschafft und in Abstimmung mit der Ordensleitung wurden die normalen Abläufe organisiert.

Diese Abläufe sind sicher anders als in der Kaserne?

Der leitende Soldat, der mir zugeordnet war, musste erfahren, wie komplex ein Kloster ist und wie umfangreich die Wege und die Systeme ineinandergreifen. Das hat er aber sehr schnell durchschaut und mit seinem strukturierenden Verstand so manches Chaos wieder ordnen können.

Soldaten verbinden viele mit den Bereichen Krieg und Verteidigung. Haben Sie andere Seiten entdeckt?

Ja, die Zuverlässigkeit und die Einsatzfreude, das Engagement, die Ganzhingabe und den Mut dieser jungen Männer, welche ich erleben durfte. Als es bei uns drunter und drüber ging, wichtige Leitungsschwestern durch Corona in Quarantäne quasi ausgeschaltet waren und die positiv getesteten Schwestern und Mitarbeiter beständig stiegen, gab es Verantwortliche, die den ganzen Einsatz für die Soldaten als zu gefährlich einschätzten. Also es bestand die Gefahr, dass die Soldaten abgezogen werden sollten.

Das ist aber nicht passiert?

Da stellte sich 'unser' verantwortlicher Soldat hin und sagte: "Wir haben uns alle freiwillig gemeldet, um Menschen in Not beizustehen. Wir gehen jetzt nicht von den Schwestern weg, denn hier ist die Not gerade groß."

Gibt es Reaktionen von außerhalb des Klosters, die Ihnen in diesen Tagen Mut machen?

Ja, wir haben viele Zeichen der Verbundenheit bekommen. Kindergärten haben uns Bilder gemalt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der St.-Elisabeth-Stiftung haben für uns Schweigeminuten und Gebetszeiten gehalten. Sie haben uns Schokolade geschickt, Karten und Grüße. Andere Ordensgemeinschaften haben uns unterstützt mit Gebet und - ganz konkret - mit benötigtem Schutz- und medizinischem Material. Unser Freundeskreis hat sich gemeldet. Der Bürgermeister, der Bischof, unsere Politiker aus Land- und Bundestag haben geschrieben. Menschen von nah und fern bis Indonesien und Brasilien setzen Zeichen. Das tut richtig gut.

Weitere Nachrichten

Fastenzeit
Mit Josef Fussenegger, Vorsitzender des Kirchengemeinderats St. Martin in Wangen, endet unsere Impulsreihe "Was uns bewegt" in der Fastenzeit.
Weiterlesen
Nachruf
Die Diözese Rottenburg-Stuttgart trauert um Prälat Franz Glaser. Der langjährige Domkapitular verstarb am 22. März im Alter von 85 Jahren.
Weiterlesen