Caritas

„Ein Projekt, das ich 1:1 umsetzen kann“

Wohnungslose und bedürftige Menschen in ihrer Würde wertschätzen - für Friseurin Maria Hartmann gehört auch ein Haarschnitt dazu. Foto: DRS/Jerabek

Wohnungslose und bedürftige Menschen in ihrer Würde wertschätzen - für Friseurin Maria Hartmann gehört auch ein Haarschnitt dazu. Foto: DRS/Jerabek

Ehrenamtlich schneidet Friseurin Maria Hartmann Menschen die Haare, die im Leben schon Haare lassen mussten.

Ein freundlicher Blick, ein schüchternes „Dankeschön“ – der Nächste bitte. Der Moment, in dem Maria Hartmann in ein zufriedenes, dankbares Gesicht schaut, sind Lohn und Ansporn zugleich. Seit 17 Jahren schneidet die Friseurin Menschen die Haare, die sich keinen Friseur leisten können: alle sechs Wochen in der Ulmer Caritas-Tagesstätte für Wohnungslose und an mehreren Tagen in der Ulmer Vesperkirche.

Ein ganz normaler Stuhl dient als „Friseursessel“, eine Bierbank als Ablage für Bürsten, Scheren, Schneidemaschinen, und einen Lichtstrahler gibt es auch. Vorne seitlich in den Arkaden, zwischen einer Kühltruhe und einer Stellwand, ist der „Friseursalon“, der an bestimmten Tagen in der Ulmer Vesperkirche geöffnet ist. Spartanisch die Ausstattung, spektakulär der Blick in das Schiff der Pauluskirche und auf die Buntglasfenster von Klaus Arnold, die in stilisierter Weise den Lebens- und Leidensweg des Apostels Paulus erzählen.

Einen Leidensweg haben auch viele der Menschen hinter sich, die auf dem Stuhl Platz nehmen - manche in sich zurückgezogen, manche zugewandt. „Manchmal kommt ein Gespräch zustande, aber ich höre auch einfach gerne zu“, sagt Maria Hartmann, während sie einer Kundin die Haare kämmt. „Ich habe Leute, die jedes Jahr zu mir kommen – da kennt man sich und hat schon eine andere Ebene.“

In einer Gesellschaft, in der das „ich – ich – ich“ weiter um sich greife, wollte sie dort helfen, wo Menschen etwas brauchen. Ein Projekt, „das ich eins zu eins umsetzen kann“, das war und ist ihr wichtig. „Mir fehlt es an nichts, und helfen kann man auch in den kleinen Dingen“, sagt die 54-Jährige, die ursprünglich beim Roten Kreuz ehrenamtlich kochen wollte. „Als die sagten, dass das Kochteam schon gut besetzt ist, und wissen wollten, was ich denn beruflich mache, habe ich schallend gelacht“, erinnert sich Maria Hartmann. Das war 2003. Seither kümmert sich die Frisörin, die in Blaustein einen eigenen Salon betreibt, alle sechs Wochen auch um den Haarschnitt wohnungsloser Menschen und trägt dazu bei, sie in ihrer Würde wertzuschätzen.

Zwei bis zweieinhalb Stunden dauert ein Einsatz. Wie viele Kunden sie in 17 Jahren ehrenamtlich bedient hat, weiß sie nicht. Um die 2000 dürften es – grob hochgerechnet – schon gewesen sein. Besonders freut sich Maria Hartmann, wenn sie erfährt, dass einer ihrer Kunden wieder Fuß gefasst hat in einem geregelten Leben.

Für die gebürtige Italienerin sind es nicht nur die Kleider, die Leute machen. „Was nützen die besten Kleider, wenn der Kopf nicht stimmt“, sagt sie entschieden. Und während sie ihrer Kundin mit ihrem weinroten Föhn verbliebene Haarschnipsel vom Kopf pustet, zaubert sie wieder einen zufriedenen, dankbaren Blick in ihr Gesicht.

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