Interview

"Es fordert uns täglich heraus"

Im Interview erzählen Sr. Veronika, Sr. Sophia und Sr. Franziska, wie sich das Leben im Kloster Untermarchtal durch Corona verändert hat.

Welche Auswirkungen hat Corona auf Ihr Klosterleben?

Sr. Veronika: Es betrifft uns genauso, wie die ganze Gesellschaft. Wir schauen, dass wir untereinander Abstand halten. Die Bedingungen für Gottesdienste gelten für uns natürlich auch.

Wie muss ich mir das vorstellen?

Sr. Veronika: Die Außenkontakte sind weniger geworden. Unser Bildungsforum ist wegen des Lockdowns geschlossen.

Sr. Sophia: Bei uns ist aber noch so, dass weiterhin Menschen von außen zum Gottesdienst kommen können. In vielen Klöstern können seit März keine Besucher mehr mit den Schwestern beten.

Wieso kann man noch zu Ihnen kommen?

Sr. Veronika: Uns ist es ein Anliegen, dass wir für die Menschen da sein können. Besonders auf diese Art und Weise. Deshalb gibt es auch sonntags zwei Gottesdienste. Ein nichtöffentlicher für die Schwestern und ein öffentlicher für alle. Wir schauen einfach, was möglich ist. Unser Vorteil ist, dass wir eine große Kirche haben. Es passen viele Leute rein und man kann sich anmelden.

Wie wird das Angebot angenommen?

Sr. Franziska: Sehr positiv. Viele kommen immer wieder zu uns und sagen: Schön, dass man zu euch noch kommen kann. Viele Gemeinschaften haben sich eben dazu entschlossen, ihre Klosterkirche für die Öffentlichkeit zu schließen. Dadurch gab es anfangs auch einen großen Ansturm, da hatten wir auch tatsächlich das Problem, dass wir nicht genügend Platz hatten.

Sr. Veronika: Ein Vorteil bei uns ist auch, dass die Kirche extra steht und die Besucher nicht durch private Räume gehen müssen. In einigen Klöstern ist das anders.

Sie sind ja eigentlich eine große Familie – wie versuchen Sie jetzt untereinander die Nähe zu behalten?

Sr. Franziska: Wir beschränken uns auf die einzelnen Konvente und Wohngemeinschaften. Viele Aktionen, die vor Corona mit der ganzen Gemeinschaft möglich waren, haben wir auf die Konvente reduziert und überlegt, was wie möglich ist. Es fordert uns tagtäglich heraus.

Sr. Sophia: Unsere Schriftgespräche mit den Schwestern und anderer Konvente waren eine Zeit lang wieder möglich, aber jetzt leider auch nicht mehr. Das gemeinschaftliche Gebet während des ersten Lockdowns, das uns besonders wichtig ist, haben wir versucht, wieder lebbar zu machen. Wir haben im Innenhof über Lautsprecher mit den Schwestern gemeinsam gebetet. Es ist ein ständiges Ausprobieren.

Sie arbeiten normalerweise viel mit Menschen – haben Sie Ideen oder Konzepte entwickelt, wie Sie in Kontakt bleiben können?

Sr. Veronika: Die Schwestern, die außerhalb des Klosters in ihrem Beruf mit Menschen arbeiten, sind nach wie vor involviert - natürlich unter Einhaltung der Hygienebestimmungen. Sr. Sophia und Sr. Franziska sind gerade noch bei der Caritas in Ehingen engagiert. So konnten wir uns an einer Kooperation beteiligen, Weihnachtspäckchen für Einsame zu gestalten.

Sr. Sophia: Unsere Online-Präsenz hat auch zugenommen, gerade auch auf Instagram. Da ist auch immer die Möglichkeit gegeben, dass die Menschen ihre Anliegen mitteilen und wir diese mit ins Gebet nehmen.

Sr. Sophia und Sr. Franziska, Sie sind beide noch relativ neu im Konvent und haben es sich sicherlich anders vorgestellt. Kein Einstieg, den man sich wünscht, oder?

Sr. Franziska: Dadurch, dass wir schon ein Jahr in der Gemeinschaft sind, ist es jetzt nicht ganz so fremd für uns. Im ersten Noviziats-Jahr ist man sowieso vorwiegend im Mutterhaus, daher ist es kein großer Unterschied für uns. Aber ich habe tatsächlich gemerkt, dass es anstrengend ist, den Kontakt zu den Schwestern zu halten, die sonst regelmäßig zu den Veranstaltungen ins Mutterhaus gekommen sind. Meistens sind es jüngere Schwestern, mit denen wir Kontakt haben, und da ist es schon anders, ob man sich Face to Face trifft oder nur online.

Sr. Veronika: Unabhängig von der Noviziats-Situation ist eine von den „Einschränkungen“, dass wir unsere Mitschwestern nicht mehr persönlich treffen können. Es ist schon eine Anstrengung, zu schauen, wie man in Kontakt bleibt.

Sr. Franziska: Auch die Angebote – Familienexerzitien oder Jugendtag – in denen man im Noviziat eingebunden ist und zu denen sonst viele Menschen zu uns kommen, fehlen. Auch die Begegnung mit Menschen, die mit ihren Sorgen und Nöten kommen. Untermarchtal liegt nun mal nicht in der Stadt und lebt davon, dass Menschen zu uns kommen.

Haben Sie die Entscheidung – gerade in dieser Situation – , ins Kloster zu gehen, denn schon bereut? noch nicht bereut?

Sr. Sophia: Glaube lebt immer auch von Zweifel. Das ist unabhängig davon, ob ich in einer Ordensgemeinschaft bin, eine Familie habe oder alleine lebe. Aber für mich hat die Situation gerade keine negativen Auswirkungen auf meine Entscheidung.

Sr. Franziska: Dem kann ich mich nur anschließen. Ich finde, man merkt jetzt noch mehr, wie wichtig es ist bei den Menschen zu sein. Ich fühle mich auch noch bestärkt in meiner Entscheidung.

Sr. Veronika: Es passt auch gut zu unserer Spiritualität, jetzt zu schauen, wie wir für die Menschen da sein können. So schlimm die Situation gerade ist, es ist liegt auch eine Chance darin.

Zu den Personen

Sr. Sophia, 25 Jahre alt, aus Überbach im Allgäu. Sie ist Novizin bei den Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul in Untermarchtal und ist gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin. Die Gemeinschaft hat Sie durch den Friewilligendienst in Tansania kennengelernt.

Sr. Franziska, 28 Jahre alt, Novizin bei den Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul in Untermarchtal. Nach dem Abitur hat Sie am Ambrosianum das Sprachenjahr belegt. Im Anschluss studierte Sie 2 Jahre in Tübingen, bevor Sie nach Freiburg zum Studium der Religionspädagogik wechselte. Mit dem Berufspraktisches Jahr in der Seelsorgeeinheit Unterm Bernhardus hat Sie die 1. Dienstprüfung auf dem Weg zur Gemeindereferntin absolviert.

Sr. Veronika, 38 Jahre alt, Noviziatsleiterin, ursprünglich aus Erolzheim. Seit 2006 ist Sie bei den Barmherzigen Schwestern. Neben der Aufgabe in der Ordensausbildung bin ich an der Schule St. Franziskus in Ingerkingen als Sonderschullehrerin tätig.

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