Statistik

Jahresstatistik im Zeichen von Corona

Symbolbild Pixabay

Kennzahlen 2020: Die Diözese Rottenburg-Stuttgart verzeichnet bei den Kirchenaustritten einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr.

Die Jahresstatistik 2020 der Diözese Rottenburg-Stuttgart steht ganz im Zeichen der Coronapandemie. So verzeichnet die Ortskirche in Württemberg unter anderem auch einen Rückgang bei den Kirchenaustritten gegenüber dem Vorjahr: Wurden 2019 21.861 Katholikinnen und Katholiken gezählt, die aus der Katholischen Kirche austraten, waren es im vergangenen Jahr 18.645 Frauen und Männer. Das entspricht einem Rückgang von rund 15 Prozent. 

"Dürfen das nicht hinnehmen und müssen gegensteuern"

Trotzdem, betont Bischof Dr. Gebhard Fürst, blieben die Jahr für Jahr hohen Austrittszahlen für ihn „eine bittere Wahrheit“. Und er stellt weiter fest: „Wir dürfen das nicht einfach hinnehmen und müssen gegensteuern. Kirche muss ihre Quellen neu entdecken und all ihre Kräfte mobilisieren, um die frohe Botschaft, das Evangelium Jesu Christi so zu leben und zu verkünden, dass Menschen darin eine befreiende, heilende und stärkende Kraft erfahren können.“ Vieles, was in der Kirche geschieht, laufe diesen Bemühungen jedoch entgegen, fährt er fort.

Der Großwetterlage in der Kirche und in der Gesellschaft könne sich eine Ortskirche leider kaum entziehen. Eine einladende, nicht verurteilende, sondern ermutigende Kirche, könne hier eine Gegenbewegung sein. Umso wichtiger sei es daher, den Menschen kleine und große Leuchttürme gelungenen kirchlichen Lebens und Handelns als Orte anzubieten, die Hoffnung und Zuversicht ausstrahlen. 

2021 werden wieder höhere Austrittszahlen erwartet

Mit Blick auf die rückläufige Zahl der Kirchenaustritte im Corona-Jahr 2020 stellt Bischof Dr. Fürst klar, dass dies nicht über die mit dem Missbrauchsskandal anhaltenden Erschütterungen hinwegtäuschen dürfe, unter denen auch das Erscheinungsbild der Ortskirche stark leidet. Für das laufende Jahr 2021 müsse deshalb wieder mit einer Erhöhung der Austrittszahlen gerechnet werden. 

Gleichzeitig betont Bischof Dr. Fürst, dass sexueller Missbrauch in der Diözese Rottenburg-Stuttgart bekämpft und aufgearbeitet wird und bereits seit dem Jahr 2003 eine von ihm eingesetzte unabhängige Kommission sexueller Missbrauch (KsM) zur Aufarbeitung jedes einzelnen Falles eines gemeldeten Missbrauchs existiert, die aktuell von der ehemaligen Sozialministerin des Landes Baden-Württemberg und ehemaligen Kinderschutzbeauftragten Dr. Monika Stolz geleitet wird.

 

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart war bundesweit die erste,
die alle bekannten Fälle mit großer Sorgfalt und Sensibilität
und in unabhängiger Vorgehensweise aufgearbeitet hat.

Bischof Dr. Gebhard Fürst

 

„Die Diözese Rottenburg-Stuttgart war bundesweit die erste, die alle bekannten Fälle mit großer Sorgfalt und Sensibilität und in unabhängiger Vorgehensweise aufgearbeitet hat“, sagt der Bischof. Zudem werde sobald als möglich noch in diesem Jahr die von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) beschlossene Aufarbeitungskommission in der Diözese gebildet, die die systemischen Missbrauchsursachen untersuchen soll und die in ihrer Tätigkeit stark auf der seit 2003 arbeitenden KsM aufbauen könne. In ihr werden auch Betroffene vertreten sein.

Weiter verweist der Bischof darauf, dass bereits 2012 im Generalvikariat in Rottenburg die Stabsstelle Prävention, Kinder- und Jugendschutz eingerichtet wurde, die die Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt in den 1020 katholischen Kirchengemeinden der Diözese und allen in deren Trägerschaft befindlichen Einrichtungen derzeit mit einem neuen Muster-Schutzkonzept vereinheitlicht, konkretisiert und stärkt.  Präventionsarbeit werde flächendeckend, mit großem Einsatz, nachhaltig und kompetent geleistet, betont der Bischof. 

Vielfältige Bemühungen, den Austritten entgegenzuwirken

Auch in vielen anderen Bereichen der Ortskirche gebe es mannigfaltige Bemühungen, der hohen Zahl von Kirchenaustritten entgegenzuwirken. Dies geschehe, indem die Menschen in ihrer Sinnsuche unterstützt, in ihren religiösen Bedürfnissen ernstgenommen und sie somit gestärkt werden, sagt Dr. Fürst. Die Diözese und ihre Kirchengemeinden reagierten durch neue Angebote und mehr Flexibilität so auf die unterschiedlichen und oftmals den individuellen Lebenssituationen entsprechenden, spirituellen Bedürfnisse. Der Internetauftritt der Diözese unter drs.de sei ein Abbild dieses vielfältigen und lebendigen Angebots.

„Kirche muss dort sein, wo Menschen zusammenkommen, sich mit dem beschäftigen, was für sie sinnstiftend ist und die Dimension des Glaubens benannt werden kann. Wir wollen Gott und den Menschen nahe sein“, fasst Dr. Fürst zusammen. Das werde in Württemberg an immer mehr Orten ermöglicht, die sich von den oft gängigen Vorstellungen darüber, wie Kirchen- und Gemeindeleben aussieht, stark unterscheiden. 

Stellvertretend für diese Bemühungen nennt er vier Maßnahmen: 

  1. Glaubenskommunikation Junger Erwachsener: Seit vergangenem Jahr gebe es in der Diözese das fünfjährige Projekt „Glaubenskommunikation Junger Erwachsener“, das in Kooperation mit außerkirchlichen Partnern beispielsweise über spirituell-musische, sportliche oder ökologische Aspekte an konkrete Lebensthemen junger Menschen anknüpft. Dadurch komme die Gruppe der 25- bis 35-Jährigen in den Blick, in der die Zahl der Kirchenaustritte erfahrungsgemäß besonders hoch ist. 
     
  2. Profilstellen: In einem weiteren Projekt werde durch die Besetzung von 40 Profilstellen diözesanweit darüber nachgedacht, an welchen Orten Kirche in Zukunft Präsenz zeigen muss, um die Menschen zu erreichen. Daraus resultierten die unterschiedlichsten Angebote: Eine Betriebsseelsorge mit dem Schwerpunkt „Burnout und Netzwerkarbeit“ im Dekanat Ostalb, spirituelle Angebote für Menschen, die am Bodensee ihre Ferien verbringen, oder eine Trauerberatungs- und Begleitungsstelle für Kinder und Jugendliche sowie deren Angehörige im Dekanat Rottweil seien nur einige Beispiele.
     
  3. Ehrenamtskoordinatoren/ Ehrenamtsentwicklung: In einem dritten Projekt fördere die Diözese kirchliches und gesellschaftliches Engagement in den Seelsorgeeinheiten durch die Arbeit spezieller Ehrenamtskoordinatorinnen und -koordinatoren. Deren Auftrag reiche von der Gewinnung Ehrenamtlicher bis hin zum Auf- und Ausbau lebendiger Netzwerke vor Ort. Mitbedacht werde dabei immer, dass ehrenamtliches Engagement häufig projekt-, themenbezogen und zumeist nicht über eine Organisation, sondern selbstorganisiert ist. Junge Männer engagierten sich etwa in einer Fahrradwerkstatt für Geflüchtete der Kolpinggruppe, ohne Mitglied im Kolpingverband werden zu wollen. Im Fokus stehe daher die Engagemententwicklung mit ihrem Fokus auf den Potentialen und Talenten einer Person. 
     
  4. Orte mit besonderen Profilen: Und viertens entstünden zwischen Bad Mergentheim und Friedrichshafen derzeit immer mehr Orte mit besonderen Profilen, die zusätzliche Akzente zum bestehenden Angebot der Kirchengemeinden setzten. Das „Spirituelle Zentrum S-Station“ inmitten der Großstadt Stuttgart etwa sei so ein Ort, der von Anfang an sehr gut angenommen wurde; eine Kraftquelle im Alltag, ein Platz der Stille und des Auftankens, für alle, die unverbindlich nach Geist, Spiritualität und Lebenssinn suchten und auch bei dem der Vernetzungsgedanke, die Zusammenarbeit mit Gemeinden, Einrichtungen und Kooperationspartnern stark im Vordergrund steht. 
     

Die Kennzahlen im Detail

Die Mitgliederzahl der Diözese Rottenburg-Stuttgart belief sich am Ende des vergangenen Jahres auf 1.756.713 Frauen und Männer. Damit ist die württembergische Diözese nach Köln, Münster und Freiburg bundesweit die viertgrößte. 

Die Zahl der Taufen, Trauungen sowie die der Kinder und Jugendlichen, die an Erstkommunion und Firmung teilnahmen, war 2020 infolge von Corona ebenfalls rückläufig. Im Einzelnen sind die Kennzahlen wie folgt:

  • Taufen: 2020: 8274 (2019:12.801, 2018: 13.398, 2017: 13.290)
  • Trauungen: 2020: 884 (2019: 3079, 2018: 3308, 2017: 3302)
  • Erstkommunionskinder: 2020: 10.912 (2019: 13.980, 2018: 14.355, 2017: 14.833)
  • Firmlinge: 2020: 4495 (2019:12.877, 2018: 10.724, 2017: 13.308)

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