Jubiläum

300 Jahre und kein bisschen alt

Mit einem festlichen Pontifikalamt von Weihbischof Matthäus Karrer feierte die Kirchengemeinde Heilig Kreuz in Deggingen das 300-jährige Bestehen ihrer Pfarrkirche. Foto: drs/Jerabek

Zum 300. Weihejubiläum der Pfarrkirche Heilig Kreuz hat Weihbischof Karrer dazu aufgerufen, die Kirche „gottvoll und erlebnisstark" zu gestalten.

„Runde Geburtstage sind ein guter Anlass, innezuhalten“; das Kirchenjubiläum sei eine Chance, „sich neu zu vergewissern, für was diese Kirche steht, für was aber auch unser ganz persönliches Christsein in dieser Zeit steht“, sagte Weihbischof Matthäus Karrer beim Festgottesdienst, der den Höhepunkt des Festjahres „300 Jahre Heilig Kreuz Deggingen“ bildet. „Eine Kirche ist dazu da, dass in ihr gefeiert und Gottesdienst gehalten wird, dass hier Begegnung stattfindet – Begegnung der Menschen untereinander und vor allem Begegnung mit Gott.“ Kirchen seien Orte der Stärkung und des Mutes: „Hier darf ich da sein, so wie ich bin, mit all dem, was mich prägt, was mich freut, aber auch dem, was mich belastet“, sagte Karrer. Dabei komme es nicht darauf an, „dass ich da viel mache, sondern dass ich den Raum auf mich wirken lasse und mich öffne für die Zusage Gottes, dass er jetzt bei mir ist“.

Sich im Kirchenraum wohlfühlen

Mit ihrer Architektur und den ausdrucksstarken Bildern hätten es die Baumeister, Künstler und Stuckateure der Barockzeit verstanden, Glaubensinhalte zu erschließen und einen stimmigen Gesamteindruck zu schaffen. Die Baumeister der Heilig-Kreuz-Kirche hätten mit ihrem Werk gleichsam geahnt und vorweggenommen, was auch heute wieder hochaktuell ist: beim Gottesdienst kommt es vielen Menschen darauf an, dass sie sich im Kirchenraum wohlfühlen und dass die Feier des Gottesdienstes auch mit dem Raum zusammenpasst. Neben der Musik sei es der Gesamteindruck des Raumes, dem Gottesdienstbesucher besondere Beachtung schenken, erklärte Karrer mit Bezug auf eine Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung.

„Gottvoll und erlebnisstark“

Diese Erkenntnisse klanglich mit Leben gefüllt hat im Jubiläumsgottesdienst der Kirchenchor Heilig Kreuz mit der fulminant aufgeführten „Krönungsmesse“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Eindrucksvoll erfüllten Chor, Solisten und Orchester unter Leitung von Simon Fröstl mit diesem musikalischen Meisterwerk den weiten Raum der 50 Meter langen und 16 Meter breiten Saalkirche und gaben Zeugnis davon, was es heißt, Gottesdienste „gottvoll und erlebnisstark“ zu gestalten.

Anhand dieses von dem Wiener Theologen und Religionssoziologen Paul Michael Zulehner geprägten Begriffspaars skizzierte Weihbischof Karrer in seiner Predigt, was eine Kirche sein soll und wie der Gottesdienst in einer Kirche gefeiert werden soll. „Gottvoll“ bedeute, Kirchen wirklich zu einem Ort der Gottesbegegnung zu machen, zu Orten, „die uns herausnehmen aus unserem Alltag und von der Geschäftigkeit dieser Welt; zu Orten der ruhigen Begegnung mit dem, was über unser Leben und unsere Zeit hinausweist“. „Erlebnisstark“ bedeute, dass Kirchen Orte sind, „die einladen, sich zu begegnen, und die gestaltet werden wollen von den Menschen, die sich darin versammeln; Orte, wo wir spüren: hier passiert etwas mit mir“, sagte Karrer.

Christliches Miteinander in den Alltag tragen

Mehr denn je gelte es heute, das Erlebnis des christlichen Miteinanders auch in den Alltag hinauszutragen, in die Städte, Einrichtungen, Schulen und Kindergärten, sagte der Weihbischof. Er lud dazu ein, die beiden Begriffe „mitschwingen zu lassen über diesen heutigen Festtag hinaus, wenn es darum geht zu fragen: wo geht der Weg hin“ als christliche Gemeinde in Deggingen. „Wo können wir dazu beitragen, dass das Gemeinwohl hier gestärkt wird und das Miteinander der Bürgerinnen und Bürger auch der kommunalen Gemeinde? Wo können wir dazu beitragen, dass viele sich willkommen fühlen und gemeinschaftsstiftende Elemente im Vordergrund stehen?“

Für alle Menschen offen

Dass die Kirchengemeinde diese Herausforderung annimmt und sich für die Zukunft rüstet, verdeutlichte die gewählte Vorsitzende des Kirchengemeinderats, Silke Wagner, am Ende des Gottesdienstes. Bei dem Jubiläum gehe der Blick nicht nur zurück, dankbar für die Opferbereitschaft und den Glauben der Menschen, die die Kirche erbaut und erhalten haben. „Genauso wichtig ist es, dass wir nach vorne schauen und darüber nachdenken, wie wir unsere Gemeinde und unsere Kirche für die Zukunft aufstellen können.“ Die Heilig-Kreuz-Kirche solle ein Ort sein, „der für alle Menschen offen ist, unabhängig von ihrem Hintergrund oder ihrer Lebenssituation. Wir müssen gerade heute sicherstellen, dass unsere Botschaft der Liebe und Hoffnung jeden erreicht, der sie braucht“, sagte Silke Wagner.

Kinder malen ihre Kirche

Um auch die jüngeren Generationen zu erreichen und sie in die Gemeinschaft einzubeziehen hat die Kirchengemeinde zum Beispiel einen Instagramkanal eingerichtet; eine Bücher- und Malkiste signalisiert den Familien, dass auch kleine Gottesdienstbesucher immer willkommen sind; „Insektenhotels“, die die Pfadfinder zum Jubiläum gebaut und auf dem Pfarrhof aufgestellt haben, zeigen, dass auch die Bewahrung der Schöpfung ein urchristlicher Auftrag ist. „Gemeinsam können wir unsere Kirche und Gemeinde so gestalten, dass sie auch für kommende Generationen ein Ort der Zuflucht und des Glaubens ist“, so die gewählte Kirchengemeinderatsvorsitzende. Nicht von ungefähr habe man sich für das Festjahr das Leitwort gegeben: 300 Jahre und kein bisschen alt.

Wie Kinder ihre Kirche sehen, zeigten sie bei einem Malwettbewerb, dessen Preisverleihung in ein buntes Jubiläumsfest rund um die Kirche eingebettet war. Nach einem gemeinsamen Mittagessen im Festzelt waren Kinder und Familien eingeladen, ihr Gotteshaus bei einer Kirchenrallye einmal anders zu erkunden. Ein stimmungsvolles Taizégebet rundete den Jubiläumstag ab.

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