Weihnachten

Allgäuer Namen am Geburtsort Jesu

Der Jugendreferent trägt sich an dem mit rotem Tuch bedeckten Seitenaltar der Urlauer Kirche auf der Namensrolle ein.

Jugendreferent Dennis Hemer schreibt seinen Namen auf die Papierrolle in der Urlauer Kirche St. Martinus - Foto: Michael Maier

Pastoralreferent Michael Maier studierte in Jerusalem und war schon mit den Mönchen und der Namensrolle auf dem Weg nach Betlehem.

Mit Moos begrünte Berglandschaft, grasende Schafe, Hirten mit Lederhose und Schlapphut - und der Stall im alpenländischen Stil. So sieht die Weihnachtskrippe in vielen Allgäuer Wohnstuben aus. Wer dann Betlehem, den Geburtsort Jesu in der Nähe von Jerusalem, besucht, ist mit diesem Bild im Kopf vermutlich enttäuscht - oder zumindest irritiert. Auf den sandig-felsigen Hirtenfeldern wächst höchstens niedriges Gestrüpp und die gemauerte Geburtskirche mitten in der Stadt hat nichts mit einer Tierunterkunft zu tun. Der Leutkircher Pastoralreferent Michael Maier kennt den biblischen Ort und reiste öfter mit Allgäuer Pilgergruppen ins Heilige Land.

Von der deutschsprachigen Dormitio-Abtei in Jerusalem, wo er einen Teil seines Theologiestudiums absolvierte, brachte er eine Aktion an seine neue Wirkungsstätte, mit der er letzten Advent in Leutkirch startete. Dieses Jahr wanderte eine Papierrolle von Hinznang über Urlau nach Ottmannshofen. Dort liegt sie noch bis Freitag, 20. Dezember, in der Kirche aus. Auf die Rolle können Menschen ihre eigenen Namen oder die Namen derer schreiben, an die sie besonders denken. Am vierten Advent machen sich die Namen auf den Weg nach Betlehem. Die Aktion verbindet die unterschiedlichen Welten und macht Weihnachten zu einem persönlichen Erlebnis.

Bei der größten Strecke hilft moderne Technik

Damit die Namen rechtzeitig vor dem 24. Dezember in Jerusalem ankommen, hat die Leutkircher FSJlerin Marlene Weishaupt eine wichtige Aufgabe. "Sie tippt die Namen ab, die dann per Mail nach Jerusalem geschickt werden, wo sie auf die große Schriftrolle übertragen werden", verrät Michael Maier. In der Heiligen Nacht machen sich die Benediktinermönche nach der Mitternachtsmesse auf den Weg zur Geburtskirche in Betlehem. Wenn sie gegen 5 Uhr am Weihnachtsmorgen dort ankommen, legen sie die Rolle mit den Namen aus aller Welt unweit des Sterns ab, der den angeblichen Standort der Krippe Jesu markiert. Von den 123.333 Namen im vergangenen Jahr waren 850 aus Leutkirch.

Michael Maier ist diesen Weg 2013 und 2015 mitgegangen. Idyllisch sei die etwa neun Kilometer lange Fußstrecke von Jerusalem ins Westjordanland nicht. "Mitten in der Nacht bei kühlen Temperaturen an einer mehrspurigen Straße entlang und durch einen Checkpoint hindurch zu laufen machte mir deutlich, dass auch die Wanderung der Heiligen Familie damals kein entspannter Spaziergang war", bemerkt der Theologe. Aber der einmalige Moment der Morgenandacht an der Wiege des Weihnachtsfestes mache manche Anstrengung der nächtlichen Wanderung wieder wett. Auch wenn er jetzt im Allgäu feiert, sei es für ihn schön, wenigstens seinen Namen dort zu wissen.

Dass Frieden werde - auch in Nahost

Die Studienzeit war für Michael Maier prägend. "Noch heute profitiere ich beim Lesen eines Bibeltextes von meiner Zeit in Israel und Palästina, weil mir die Orte und Landschaften ein Stück weit vertraut wurden", betont er. Und der Pastoralreferent berichtet von multikultureller Gesellschaft und religiöser Vielfalt, die er erlebte. Neben Judentum, Christentum und Islam in allen Ausprägungen gebe es weitere Religionen wie die Bahai und die Drusen. Für ihn seien die biblischen Orte somit nicht nur wegen der beeindruckende Naturkulisse der mit Abstand faszinierendste Landstrich der Erde.

Die aktuellen Nachrichten aus dem Nahen Osten verfolgt Michael Maier daher mit großer Sorge. "Mit welcher Vehemenz und Entschiedenheit sich Menschen in Deutschland, die vom Nahostkonflikt nicht persönlich betroffen sind, auf eine Seite der Konfliktparteien stellen und die andere geradezu verteufeln", klagt der Theologe, "schockiert mich." Der Nahostkonflikt sei komplizierter und vielschichtiger, einfache Schuldzuweisungen für eine Seite seien immer falsch. Daher unterstützt er auch die Namens-Aktion der Dormitio-Abtei, die in diesem Zusammenhang Spenden für soziale Friedensprojekte in der Region. Auf dass es auch dort ein bisschen mehr Weihnachten werde.

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