Kindertagesstätten

Begegnung macht das Fremde weniger bedrohlich

Bemaltes Tuch mit der Aufschift "Momos Stadtteilfest" vor den Gebäuden.

Beim Stadtteilfest öffnet MOMOs Welt mit Kita (u.r.) und Familientreff (l.) die Türen - im Hintergrund die Mehrfamilienhäuser der Domäne Hochberg - Foto: DRS/Waggershauser

Das Familienzentrum MOMOs Welt bringt Menschen in einem multikulturellen und multireligiösen Ravensburger Stadtteil zusammen.

Momo? War das nicht das kleine Mädchen mit den wuscheligen Haaren in der Geschichte von Michael Ende, das sich mit den grauen Herren anlegt? Diese stehlen den Menschen ihre Zeit. Im Familienzentrum MOMOs Welt in der Ravensburger Weststadt haben Menschen Zeit. "Die Eltern, die ihre Kinder von der Kita abholen, können im Familientreff ins Café sitzen und bekommen dort immer ein offenes Ohr und Unterstützung", weiß Koordinatorin Aylin Coskun-Hagedorn. Das Café ist außerhalb der Ferien an vier Tagen in der Woche nachmittags geöffnet. Mittwochs gibt es auch Frühstück und am Freitag Abendessen. Dieses Angebot gilt nicht nur den Kita-Familien.

Beim Stadtteilfest im Juli auf dem Gelände von MOMOs Welt zeigt sich, was im Haus täglich zu spüren ist. Die Domäne Hochberg ist bunt, multikulturell und multireligiös. In den 1990er Jahren entstanden auf der einen Seite viele Mehrfamilienhäuser, in denen mehrheitlich Menschen aus Russland und anderen osteuropäischen Staaten, aber auch türkische und kurdische Familien wohnen. Hier startete das heutige Familienzentrum im Jahr 2000 als Nachbarschaftstreff. "Dann wurden vor einigen Jahren eher hochpreisigere Einfamilien-Reihenhäusern gebaut", berichtet Aylin Coskun-Hagedorn. Das einstöckige terrassenartige Gebäude von Momos Welt liegt genau zwischen diesen Wohngebieten.

Feiern verbindet

Unter dem selben Zeltdach können die Festbesucher:innen einen türkischen Vorspeisenteller mit russischem Schaschlick und griechischem Salat mit Zaziki kombinieren. Am Kuchenbüffet finden sich auch Ergebnisse schwäbischer Familienrezepte. Und Sebiha Ildes, die auch bei Festen der Kirchengemeinde Zur Heiligsten Dreifaltigkeit meistens das Catering bestreitet, ist in der Küche in ihrem Element. Auf der improvisierten Bühne zeigen Kinder unterschiedlicher Hautfarbe, was sie im Theaterprojekt oder im Chor des Familienzentrums gelernt haben. Ergraute Herren stehlen hier keine Zeit, sondern spielen auf ihren Mundharmonikas. Sie üben ebenfalls in MOMOs Welt.

So harmonisch wie an diesem Nachmittag geht es nicht immer zu. Die Menschen bringen die Konflikte ihrer Herkunftsländer mit und sitzen im Café oft an unterschiedlichen Tischen. "Wir vollbringen keine Wunder", sagt Pastoralreferentin Angelika Böhm. "Aber alleine, dass sie sich hier begegnen, macht das Fremde weniger bedrohlich und bricht Pauschalurteile über die anderen auf", ergänzt die Geistliche Begleitung der Kirchengemeinde für MOMOs Welt. Obwohl sie von manchen zu hören bekomme, dass es dort doch kaum Katholiken gebe, engagierten sich viele ehrenamtlich im Stadtteiltreff und im Familienzentrum - auch welche, die Kirche sonst nicht erreichen würde.

Von vielen mitgetragen

Neben der Dreifaltigkeitsgemeinde, die einen großen Betrag ihrer Kirchensteuermittel in MOMOs Welt und deren geringfügig Beschäftigte investiert, unterstützen auch die katholische Gesamtkirchengemeinde, die Diözese Rottenburg-Stuttgart, die Bischof-Moser-Stiftung, Spender:innen sowie Stadt und Landkreis Ravensburg die Einrichtung finanziell. "Wenn man sich die Kinder anschaut, die hier Spaß haben, musizieren und Theater spielen, sind wir gemeinsam auf dem richtigen Weg", freut sich der städtische Integrationsbeauftragte Martin Dietz über die Zusammenarbeit mit der Kirche. "Nur so geht das Miteinander weiter auf die nächste Generation", fügt er hinzu.

Martin Dietz sieht MOMOs Welt als Erfolg. Durch viele engagierte Menschen sei nach und nach Großartiges gewachsen. "Wir leben das Interkulturelle von den Kindern über die Mitarbeitenden bis zu den Besucher:innen", freut sich Aylin Coskun-Hagedorn. Das gelte sowohl für die Kita, die Feste aller Länder und Religionen feiert, als auch für die mehrsprachige Bücherei, die Spiel- und die Lerngruppen des Familientreffs. Angelika Böhm ist oft selbst vor Ort. "Für mich ist das am meisten im Sinne Jesu, zu den Menschen zu gehen und die zu unterstützen, die eher am Rand sind - finanziell und mit ihrer Lebensgeschichte", betont die Theologin.

Kinder, Familien, Helfen - die Serie

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart hat 2024 den Vorsitz der „Konferenz der evangelischen und katholischen Kirchenleitungen Baden-Württemberg und ihrer Spitzen- und Trägerverbände über Kindergartenfragen“ (4 KK-KiTa) inne. Dies nehmen wir zum Anlass, um das diözesane Engagement im katholischen Württemberg bei der frühkindlichen Bildung aus unterschiedlichen Blickwinkeln heraus und über das Jahr verteilt vorzustellen.

Die Beiträge zur Serie finden Sie hier.

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