„Wie lange noch", fragt die Vorbeterin, „wie lange noch, Gott, wird über die Friedfertigen gelächelt, werden Friedensverhandlungen abgebrochen und gilt das Recht des Stärkeren?" - „Hoffentlich nicht mehr lange", antworten zwei Dutzend weiterer Beterinnen und Beter an einem Bildstock an der Straße „Bei den Weihern". Windlichter vor dem Terracotta-Relief der Muttergottes, Königin des Friedens, und ihrem Sohn zeugen von dem Licht der Hoffnung und des Vertrauens in die Kraft des Gebetes, das die Welt so dringend braucht. „Dass wir nicht müde werden in unserem Gebet um Frieden" und dass „wir uns an deine Zusagen erinnern und an die großen Friedensverhandlungen der Bibel", bitten die Teilnehmenden der abendlichen Gebetsversammlung. Seit zehn Jahren trifft sich an jedem 13. des Monats eine wechselnd große Gruppe an einem der Bildstöcke oder Wegkreuze in und um Einsingen zu einem etwa zwanzigminütigen Gebet um Frieden in der Welt.
Die Eskalation im Bürgerkrieg in Syrien 2015, der weit mehr war als ein Bürgerkrieg, sei „Auslöser" des Friedensgebets gewesen, erinnert sich Beate Sedlak vom Ausschuss „Mission - Entwicklung - Frieden“ der Seelsorgeeinheit Hochsträß. Gemeinsam und unter Leitung der im Februar dieses Jahres verstorbenen Rita Helbig-Dahmen hat sie die Initiative durch diese zehn Jahre getragen. „Leider hat sich die Weltlage in diesen zehn Jahren eher verdunkelt", sagt Beate Sedlak nachdenklich. Der Ukraine-Krieg und der Nahostkonflikt nach dem Überfall der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel sind dabei nur die bekanntesten der 61 Kriege und Konflikte, die Statistiker im vergangenen Jahr gezählt haben. „Trotzdem, oder gerade deshalb, findet das Friedensgebet weiterhin statt."
„Gott aller Menschen - zeige uns den Weg zum Frieden", beten die Gläubigen in den Fürbitten: um Frieden in den Kriegsgebieten, um Frieden in Beziehungen und Familien, Frieden in der Gesellschaft und zwischen den Religionen - und nicht zuletzt „um Frieden in unseren Herzen, damit wir fähig werden, selbst Boten des Friedens zu sein". Gebetet wurde und wird bei jedem Wetter, auch bei Regen und Kälte. Einzig während Corona, als man sich nicht treffen durfte, erging der Aufruf, eine Kerze ans offene Fenster zu stellen und zuhause mitzubeten. „Wir sind Utopisten", sagt einer der Teilnehmer, „aber es ist uns wirklich ein Anliegen und wir glauben daran: Es hat einen Wert."
„Als wir dieses Gebet vorbereitet haben, habe ich nicht geahnt, dass sich doch etwas bewegt", sagt Rachel Rau, die den ersten Text dieses Abends - 'Wie lange noch' - verfasst hat. „Wir wissen natürlich nicht, wie lange die Waffenruhe im Gaza-Streifen hält, aber ich habe gedacht: Das ist ein Zeichen Gottes, der sagt: 'Recht so, und macht nur weiter'. Darum ist es gut, dass wir heute hier sind und uns auch weiterhin treffen." Das nächste Mal am 13. November.




