Weltkirche

Bei Maher gibt es immer einen Platz

Maher-Gründerin Sister Lucy Kurien wurde vom Call-Magazine auf Platz 30 der inspirierendsten Menschen der Welt 2024 gewählt. Foto: Diakon Klaus-Jürgen Kauss

Zwischen Papst Franziskus und Taylor Swift hat es auch Sister Lucy Kurien auf die Liste der inspirierendsten Menschen der Welt geschafft.

Als „eine Heldin“ beschreibt sie das Call Magazine. Sister Lucy Kurien, die Gründerin des Frauenhilfswerk Maher wurde auf Platz 30 der inspirierendsten Menschen der Welt 2024 gewählt. Sie ist ebenso Projektpartnerin der Hauptabteilung „Weltkirche“ der Diözese Rottenburg-Stuttgart sowie des theologischen Mentorats.

Die private indische Hilfsorganisation Maher („Haus der Mutter“) kümmert sich - ähnlich wie in Deutschland die Frauenhäuser – um missbrauchte und vernachlässigte Frauen. Erstmals soll es 20 km von Pune entfernt, in Manhri Khurd, ein Haus für ältere Frauen geben. Das Besondere daran ist, dass es ausschließlich für mittellose Frauen ist und die Unterbringung kostenlos ist.

Im Interview erzählt Sr. Lucy Kurien wie ihr Projekt zustande kam und wie es ist, zu den 100 inspirierendsten Menschen der Welt zu gehören.

Wie fühlt es sich an, auf der Liste der 100 inspirierendsten Menschen der Welt im Jahr 2024 zu stehen?

Ich fühle mich zutiefst geehrt und bescheiden, in der Gesellschaft so vieler inspirierender Führungskräfte zu sein. Ich bin zwar dankbar für diese Anerkennung, aber sie gebührt auch allen, die unsere Arbeit möglich machen - den Mitarbeitern, unseren Bewohnern, den Dorfbewohnern, die an unseren Programmen teilnehmen, und nicht zu vergessen unseren Freunden, Spendern und Unterstützern.

Würden Sie sich selbst als inspirierend bezeichnen? 

Die Menschen sagen mir oft, dass sie von meiner Geschichte und der Arbeit von Maher inspiriert sind, und dafür bin ich dankbar. Ich bin am glücklichsten, wenn eine Frau mit ihren Kindern sicher in die Gemeinschaft zurückkehrt und die von uns betreuten Kinder eine Ausbildung erhalten, eine Arbeit finden und eine eigene Familie gründen. Die von uns betreuten alten Menschen sollen sich respektiert und geliebt fühlen. Es erfüllt mich auch mit Freude, wenn Maher als Vorbild für ähnliche Organisationen dient.

Was genau machen Sie vor Ort?

Unsere Frauenheime bieten misshandelten und armen Frauen und ihren Kindern, Waisen, Kindern, deren Familien nicht für sie sorgen können, Vergewaltigungsopfern und unverheirateten Müttern sowie obdachlosen Männern Liebe, Fürsorge, Unterkunft, Nahrung und Kleidung – unabhängig von Kaste oder Religion. Bei Maher gibt es immer Platz für einen mehr. 

Wie sieht die Unterstützung genau aus?

Wir unterstützen 25 Projekte in mehr als 90 Dörfern, die sich auf Gesundheitserziehung, Gewaltprävention, Kompetenzentwicklung, Jugendausbildung und Mikrokredite konzentrieren. Wir sind für die Menschen da, wenn Unglücksfälle wie COVID oder Naturkatastrophen auftreten. Wir bieten den Menschen in Slums, Migranten- und Bettlerkolonien und Stammesdörfern Unterstützung und Möglichkeiten.

Wie viele Frauenheime gibt es momentan?

Wir sind 1997 mit einem Heim gestartet und sind inzwischen auf 68 Heime in sieben indischen Bundesstaaten angewachsen.

Weshalb wurde das Frauenhilfswerk Maher geründet?

Maher wurde nach einem schrecklichen Vorfall gegründet, bei dem eine Frau von ihrem Mann angezündet wurde. Ich konnte zwar weder sie noch das Baby, das sie in sich trug, retten, aber mit der Hilfe meines geistlichen Leiters Pater Francis D'Sa war ich in der Lage, eine sichere Unterkunft für andere Frauen zu schaffen. Da ich eine katholische Nonne bin, habe ich nicht daran gedacht, dass die Frauen mit ihren Kindern kommen würden. In der ersten Nacht beherbergten wir zwei Frauen und drei Kinder.

Und was ist danach passiert?

Seitdem haben mehr als 5250 Frauen und 5900 Kinder bei Maher ein Zuhause gefunden, und zwar so lange wie sie es brauchen. Um einen dauerhaften Wandel herbeizuführen, haben wir Programme zur Gesundheitserziehung und zur Vergabe von Kleinkrediten ins Leben gerufen. Als unsere Sozialarbeiter 2011 feststellten, dass immer mehr bedürftige Männer auf der Straße lebten, eröffneten wir auch für sie ein Heim. Wir bei Maher träumen davon, dass es eines Tages keine Organisationen wie uns mehr braucht.

Wer inspiriert Sie?

Oh, da gibt es vieles. Ich werde jeden Tag von den Frauen, Kindern und Männern inspiriert, die zu Maher kommen, um ein neues Leben zu beginnen. Ihr Mut, ihre Stärke und ihre Entschlossenheit, Armut, Hunger, Gewalt, Verlust und Verlassenheit zu überwinden, geben mir große Hoffnung für Indien und die Welt.

Auch ihre Kolleg:innen von Maher?

Auf jeden Fall! Viele von ihnen sind schon seit mehr als 20 Jahren bei uns. Sie inspirieren mich mit ihrem Mitgefühl, ihren Fähigkeiten und ihrem Engagement.  Nichts von dem, was wir erreicht haben, wäre ohne sie möglich. Obwohl wir mit vielen vorbildlichen Sozialarbeitern gesegnet sind, bewegt es mich, dass jeder bei Maher - die Fahrer, Köche, Hauseltern, Verwaltungsangestellten - die Sozialarbeit, die wir leisten, zu schätzen weiß.

Inspiriert Sie auch die Kirche?

Auf globaler Ebene inspirieren mich Papst Franziskus und alle führenden Persönlichkeiten, die sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen und Schmerz und Leid in der Welt beenden wollen. Aber auch all die Freunde, Freiwilligen und Spender von Maher in Indien und auf der ganzen Welt inspirieren mich. Sie machen es möglich, dass wir immer mehr bewirken können.

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