Herr Hoos, wie kam es zur Partnerschaft und was gab den Anstoß dazu?
Die Partnerschaft zwischen der Diözese Same in Nordtansania und der Pfarrgemeinde St. Franziskus wurde 1982 geschlossen. Viele engagierte Gemeindemitglieder waren mit dem damaligen Pfarrer Schrenk auf der Suche nach einem direkten Kontakt zu einem Partner im Afrika südlich der Sahara. Getragen waren sie von der Sehnsucht, mehr Nähe und Einblick in die Kirche und das Leben der Menschen in einer Region zu suchen, die hauptsächlich durch Katastrophen, Hunger und postkoloniale Kriege bekannt war. Man wünschte sich, mehr als lediglich durch Spenden aktiv zu sein. Das Interesse des aufgeschlossenen Bischofs Lebulu der Diözese Same, rund 100 Kilometer vom Kilimanjaro-Massiv entfernt, an einer Partnerschaft wurde durch einen Spiritanermissionar aus der Nachbarschaft von Schwenningen, der in der Diözese Same wirkte, geweckt.
Wie entwickelte sich das Miteinander dann?
Es folgten gegenseitige Besuche im Laufe der Jahre. Tansania war durch einen Krieg mit dem Diktator Idi Amin verarmt. In den achtziger Jahren wurden Hilfscontainer geschickt, um Nothilfe zu leisten. Doch bereits damals wuchs die Stimmung und Erkenntnis, dass bei aller Armut eine Partnerschaft zwischen zwei so unterschiedlichen Ländern keine Einbahnstraße sein sollte. Bischof Lebulu prägte den Leitsatz „Teilen, was wir sind und haben.“
Was sind für Sie die wichtigsten Ziele bei Ihrer Arbeit in Tansania?
Die wichtigsten Ziele unserer Arbeit heute sind der Respekt vor der Kultur und den Werten des Partners, Einfühlungsvermögen in das Leben des anderen, die Suche des Dialogs in den Unterschieden und die Stärkung der Gemeinsamkeiten. Wir diskutieren mit Respekt, wenn gesellschaftliche und religiöse Meinungen sich unterscheiden. Themen wie gewaltfreie Pädagogik, Sexualität oder strukturelle Entwicklungen in den Kirchen der beiden Länder werden sensibel behandelt. Begegnung und Gebet sowie konkrete Projektunterstützung in sozialen, pastoral-seelsorglichen und ökologischen Bereichen, sowie der Grundversorgung in Bildung, Medizin und Ernährung nach dem Grundsatz „Hilfe zur Selbsthilfe“ sind Schwerpunkte. Immer wieder neu zu lernen, zu sehen und zu hören, ist ein wichtiges Ziel.
Kennen Sie die Zahl der Jugendlichen, die über die Jahre mit dem Austausch nach Tansania gingen?
Durch das Jugendprogramm der Servicestelle des Weltfriedensdienstes der Diözese Rottenburg sind seit 2005 – gefördert durch das Programm „weltwärts“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit – 16 junge Menschen in die Partnerdiözese Same für ein freiwilliges Jahr ausgesendet worden. Die Pfarrgemeinde ist Mitglied des Trägerkreises in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, der Ausreisewilligen das Mitleben und Mitarbeiten in einem Land Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas bietet. Die qualifizierte Vorbereitung und administrative Unterstützung wird durch das Team der Servicestelle der weltkirchlichen Friedensdienste geleistet.
Wer sind Ihre Partner vor Ort?
Die Partner vor Ort für das Weltfriedensdienst-Programm sind die beiden Ordensgemeinschaften Little Sisters of St. Francis und Brothers of Jesus the Good Shepherd. Jede Kongregation bietet eine Einsatzstelle, sodass wir in Schwenningen zwei Jugendliche pro Jahr aussenden könnten. Als direkte Ansprechpartner für die Jugendlichen agiert jeweils ein Mentor, der mit den Jugendlichen die Dinge des Alltags und den Einsatz konkret plant. Für andere Projekte kann das Bischofsbüro oder eine Frauengruppe Partner sein.
Worin sehen Sie die Vorteile Ihres Angebots für die Jugendlichen, die daran teilnehmen? Was ist das Besondere an Ihrem Angebot?
Wir betrachten unsere Stellen als vorteilhaft, da die Jugendlichen abhängig von ihren Talenten, Interessen und Wünschen ihre Aufgaben mit dem Mentor absprechen und auch abwechselnde Erfahrungen in unterschiedlichen Einrichtungen machen können. Das geht von Mithilfe bei Bauarbeiten bis zum Einsatz im Behindertenzentrum, in Kindergärten und in Schulen zur Unterstützung von Lehrern als „Sekretär“ oder beim Geben von Musik- und Sportstunden. Es gibt auch den Einsatz in Dörfern bei der einfachen Landwirtschaft – beim Kühe melken oder beim Betreuen von Tieren.
Was ist für Sie persönlich das Besondere an dieser weltumspannenden Zusammenarbeit?
Ich lebe in Deutschland, doch mein Blick darf in die Ferne gehen. Es ist so wichtig, über die Grenzen der westlichen oder reichen asiatischen Welt mit ihrem Wohlstand zu erkennen, dass es uns gut geht bei allen Defiziten und wir viel mehr investieren müssten, um kooperativ die großen Krisen zu bewältigen. Ja, ich fühle mich gut, dass diese Partnerschaft eine größere Chance und Nähe bietet als touristische Besuche allein.
Wie sehen Sie die Zukunft dieses Miteinanders: Gibt es Ideen für neue Projekte?
Ideen ja. Aber es muss etwas vom Partner kommen, was wir dann gemeinsam planen und vielschichtig abstimmen und prüfen. So gibt es Überlegungen, die Gartenbewässerung für das psychiatrische Rehazentrum der Brüder auf wassersparende Tröpfchenbewässerung umzustellen. Oder es gibt die Überlegung, die Förderung der Arbeit der Alleinerziehenden-Gruppe auszubauen, deren Mitglieder sich durch das Betreiben von Landwirtschaft selbst aus dem Gröbsten heraushelfen. Die Schwestern leisten bei Massai-Frauen Aufklärung zu Beschneidungsriten – auch hier könnte es zu einem Ausbau der Beratungsarbeit kommen.