Ein heißer Sommertag kurz vor 13 Uhr. Die Sonne glüht über dem oberschwäbischen Kloster Reute. Fünf oder sechs Franziskanerinnen manövrieren ihren Rollator eine enge, kurvige Rampe hinab. Dann verschwinden sie im großräumigen hölzernen Gartenhaus. Andere stoßen kurze Zeit später zu ihnen. Wer dort einen Ort für den täglichen Mittagsschlaf vermutet, irrt. Eine Gartenmitarbeiterin hat an einer langen Tafel in der Mitte des Raums bereits jede Menge abgeschnittene Ysopzweige ausgebreitet. Die Ordensfrauen nehmen je eine weiße Plastikbox und setzen sich an den Tisch. Sie greifen nach den Zweigen und zupfen Blätter und Blüten von den Stängeln.
Der Ysop ist für den 7-Kräuter-Tee bestimmt. "Wir stellen unsere bio-zertifizierten Tees selber her", erklärt Schwester Birgit Bek. Sie trat 1966 bei den Franziskanerinnen ein und arbeitete lange Jahre als Erzieherin in verschiedenen Kindergärten. Die damals neue Generaloberin Paulin Link fragte sie 2003, ob sie das noch junge Projekt mit Schaugarten, Labyrinth und Kräutern in Reute übernehmen würde. Zunächst stutze die Ordensfrau, die aus einer Landwirtschaft stammt. Schließlich nahm sie die Herausforderung an und machte eine Ausbildung zur Phytopraktikerin. Auch mit der heiligen Hildegard und Pfarrer Sebastian Kneipp beschäftigte sie sich intensiv.