Mit Blick auf die Weltklimakonferenz (COP 26) in Glasgow fordern die katholischen und evangelischen Bischöfe in Baden-Württemberg eine völkerrechtlich bindende finanzielle Unterstützung bei klimabedingten Schäden und Verlusten gemäß dem Verursacherprinzip.
Sie stellen sich damit hinter die Forderungen von Partnerkirchen im Globalen Süden, deren Länder sehr oft in nicht selbst verschuldete Notlagen geraten. Erzbischof Stephan Burger (Freiburg): „Es besteht ein Gerechtigkeitsproblem, denn die Länder, die von klimabedingten Schäden und Verlusten überproportional betroffenen sind, haben am wenigsten zum menschengemachten Klimawandel beigetragen. Die Industrieländer sind besonders gefragt, ihre historische Verantwortung zu übernehmen.“
Gefährliche Extremwetterereignisse wie die Flutkatastrophe jüngst in West- und Süddeutschland sind in anderen Regionen der Welt schon seit Jahren zu verzeichnen. Rev. James Bhagwan, Generalsekretär der Konferenz der Kirchen im Pazifik, betont: „Die Finanzierung von Anpassungs- und Abschwächungsmaßnahmen ist sehr wichtig, aber die Finanzierung von Verlusten und Schäden ist im Moment das zentrale Thema. Wir sind mit der Realität konfrontiert, dass die Auswirkungen des Klimawandels – einschließlich klimabedingter Umsiedlungen – nicht erst in 30 Jahren zu erwarten sind, sondern dass sich die Landschaft innerhalb von 10 Jahren dramatisch verändern wird.“
Weltweit leiden zahlreiche Länder unter klimabedingten Schäden und Verlusten, wie zerstörten Infrastrukturen, dem Schwund von fruchtbaren Böden oder ganzen Lebensräumen. Armut und unfreiwillige Migration sind durch den Klimawandel mitverursacht. Dabei hat die Häufigkeit von Extremwetterereignissen wie Wirbelstürmen, Hitzewellen, Dürren oder Überschwemmungen in den letzten 30 Jahren signifikant zugenommen und wird – laut Weltklimarat – weiter zunehmen. Zugleich setzen sich schleichende Veränderungen fort, wie der Meeresspiegelanstieg, die Wüstenbildung oder das Auftauen von Permafrostböden.
Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July (Stuttgart): „Wir begrüßen es, dass die Bundesregierung noch im Juni dieses Jahres ihren Beitrag für die Klimafinanzierung ärmerer Länder deutlich erhöht hat. Damit können wichtige Projekte zur Emissionsvermeidung und zur Anpassung an den Klimawandel in den Ländern des Südens ermöglicht werden.“
Die Bischöfe fordern die Bundesregierung auf, sich für Finanzzusagen über Vermeidungs- und Anpassungshilfen hinaus einzusetzen. Bei früheren Weltklimakonferenzen wurden klimabedingte Schäden und Verluste anerkannt. „Jetzt, bei der Weltklimakonferenz in Glasgow, ist es an der Zeit, verbindlich finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um die gravierendsten Schäden und Verluste in denjenigen Ländern, die historisch kaum zum Klimawandel beigetragen haben, auszugleichen,“ so Bischof Dr. Gebhard Fürst (Rottenburg).
„Im Kontakt mit unseren Partnerkirchen erfahren wir viel über die Auswirkungen des Klimawandels aus erster Hand und überlegen, was wir gemeinsam tun können. Das Land Baden-Württemberg pflegt ebenfalls viele internationale Kontakte. In dieser bedrohlichen Weltlage fordern wir die Landesregierung auf, ihre Beziehungen zu nutzen, um in Glasgow für eine konsequente Umsetzung des 1,5-Grad Ziels und für den Aufbau von Strukturen zu werben, die gefährdete Länder widerstandsfähiger gegen den Klimawandel machen,“ so Landesbischof Prof. Dr. Jochen Cornelius-Bundschuh (Karlsruhe). Vom 31. Oktober bis 12. November findet die Weltklimakonferenz (COP 26) in Glasgow statt.
In Artikel 8 des Pariser Klimaabkommens von 2015 wird der Umgang mit klimabedingten Schäden und Verlusten neben den Maßnahmen zur Anpassung und Reduzierung als ein eigenständiger Bereich aufgeführt, um die globale Klimakrise bewältigen zu können. Während für die Bereiche Anpassung und Reduzierung internationale Finanzierungsmodelle verhandelt wurden, liegt für den Bereich klimabedingte Schäden und Verluste bislang keine völkerrechtlich bindende Lösung vor.
Die vier Kirchen in Baden-Württemberg leisten im Rahmen ihrer Partnerschafts- und Entwicklungsarbeit immer wieder humanitäre Hilfe bei Extremwetterereignissen, über direkte Kontakte zu Partnerkirchen oder über kirchliche internationale Hilfswerke. So haben beispielsweise die (Erz-)Diözesen Freiburg und Rottenburg-Stuttgart gemeinsam mit Caritas international ein Wiederaufbauprogramm für die Opfer des Zyklons Idai in Mosambik gestartet.