Bischof Dr. Gebhard Fürst: Brief an den Vorsitzenden der DBK-Ökumenekommission 2013

Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Feige,
lieber Gerhard,

in vielen Veranstaltungen innerhalb des Dialog- und Erneuerungsprozesses in der Diözese Rottenburg-Stuttgart und in einigen schriftlichen Äußerungen an mich kamen die Erfahrungen und die Lebenswirklichkeiten von konfessionsverbindenden Ehen und Familien stark zum Tragen. Viele sehr persönliche Schilderungen des ehrlichen Ringens und Suchens haben mich beeindruckt. Die Frage der Teilnahme der evangelischen Ehepartner an der Eucharistie stand meistens im Mittelpunkt. Die Dimensionen des Problems sind nicht zu übersehen: In meiner Diözese ist inzwischen jede dritte – in manchen Regionen sogar jede zweite – sakramental geschlossene Ehe konfessionverbindend. Im Jahr 2011 machten diese in der Diözese Rottenburg-Stuttgart 42 Prozent der Eheschließungen aus, ebenso entstammen 41 Prozent aller katholisch getauften Kinder konfessionsverbindenden Ehen. Sicher ist dies in anderen Diözesen nicht weniger gravierend.

Deshalb habe ich im Rahmen des Dialog- und Erneuerungsprozesses in meiner Diözese im Herbst 2011 eine Arbeitsgruppe „Konfessionsverbindende Ehen und Familien“ mit Mitgliedern aus dem Diözesan- und Priesterrat, aus dem Netzwerk Ökumene (Konfessionsverbindende Ehen) und mit weiteren Experten vor allem zum Thema Kirchenrecht einberufen. Domkapitular Dr. Heinz Detlef Stäps, den Du ja kennst, hat die Arbeitsgruppe geleitet. Diese hat nun einen Entwurf für „Leitlinien zur Frage des Empfangs der Eucharistie im katholischen Gottesdienst durch evangelische Christinnen und Christen, die in konfessionsverbindender Ehe mit einem Katholiken/einer Katholikin leben“ erarbeitet, den ich im Grundduktus mittrage.

In der Deutschen Bischofskonferenz ist das Thema „Konfessionsverbindende Ehen“ schon mehrfach behandelt worden, aber leider ohne ein konkretes Ergebnis. Ich möchte Dich deshalb in deiner Eigenschaft als Vorsitzender der Ökumenekommission herzlich bitten, den beiliegenden ganz konkreten Entwurf der Arbeitsgruppe unserer Diözese in die Ökumenekommission einzubringen und zu beraten. Wie ich höre, steht das Thema demnächst schon auf der Tagesordnung der Ökumenekommission. Natürlich kann der Text weiterentwickelt und verändert werden. Es geht mir darum, das Thema zielführend in die Beratungen der Deutschen Bischofskonferenz einzubringen.

Ich weise darauf hin, dass es weltkirchlich bereits einige entsprechende Regelungen auf der Ebene von Ortskirchen gibt (die Dokumente sind im Papier genannt). Eine solche Regelung für den Bereich der Deutschen Bischofskonferenz sollten wir anstreben. Auch erinnere ich daran, dass in can. 844 § 4 CIC dem Diözesanbischof bzw. der Bischofskonferenz das Urteil überlassen wird, ob eine „gravis necessitas“ vorliegt, in der die Spendung der Sakramente an Christen aus Kirchen, die nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, erlaubt ist. Dieser Paragraph bezieht sich ja auf die reformatorischen Kirchen, von denen das Papier ausgeht.

So würde ich mir sehr wünschen, dass dieses Papier den Beratungen der Ökumenekommission dienen und danach in die Beratungen der Bischofskonferenz eingebracht werden kann. Sicher ist es uns allen ein Anliegen, diesen zentralen Druckpunkt für viele Menschen aus der Mitte unserer Gemeinden zu reduzieren und die selbstverantworteten Lösungen, die in manchen Gemeinden gefunden werden, in die Legalität zu überführen.

Für Rückfragen stehe ich Dir selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit herzlichem Dank und freundlichen Grüßen

Dr. Gebhard Fürst
Bischof

Rottenburg, den 16. Mai 2013

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