Bischof Dr. Gebhard Fürst: Einführung in der Kreuzwegandacht anlässlich der Eröffnung der Ausstellung des "Asperger Kreuzweges" 2002

Stuttgart, St. Eberhard

Begrüßung und Verortung in der Fastenzeit: Ein Kreuzweg

Liebe Schwestern und Brüder,

ich begrüße Sie alle, die Sie sich heute Abend in St. Eberhard versammelt haben. Aber es wäre in der Fastenzeit zu wenig, einfach eine Ausstellung mit liturgischem Rahmen zu eröffnen. Wir sind zusammengekommen, um zu beten und zu schauen, zu betrachten und zu bedenken, wie Künstler das Unfaßbare in Bilder und Wort zu fassen versuchen: Leiden und Sterben unseres Freundes, Bruders und Herrn Jesus Christus. Ich sage Bild und Wort, denn heute Abend treffen wir auf die Aquarelle zu 14 Kreuzwegstationen und zugleich dem Versuch, ihnen meditierend zu begegnen. Ich begrüße deshalb besonders herzlich Andreas Felger mit seiner Frau und Pater Anselm Grün. Wir bekommen ein Zeichen dafür, dass die künstlerische Ausführung in ihrer Beschränkung auf Form und Farbe Klarheit in den Kernaussagen ermöglicht; gleichzeitig gewährt die Klarheit dem Betrachter die Freiheit, sich auf andere Art und Weise der Person Jesu, seinem Kreuzweg und seiner Botschaft zu nähern.

 

Andreas Felgers Kreuzweg wurde in den Jahren 1997 und 1998 geschaffen, er hängt normalerweise in der Kirche St. Bonifatius zu Asperg. Den Verantwortlichen in Asperg gilt mein herzlicher Dank, dass Sie den Kreuzweg für einige Wochen hier in der Konkathedrale zur Betrachtung freigegeben haben. Ihr Kreuzweg könnte in der kommenden vorösterlichen Bußzeit das religiöse Angebot hier in St. Eberhard auf besondere Art und Weise unterstreichen. Sie setzen damit auch ein Zeichen der Verbundenheit der Gemeinden miteinander.

 

Dem Verlag Katholisches Bibelwerk und dem Katholischen Stadtdekanat sage ich Dank für die gemeinsame Verwirklichung.

 

Den Titel der Ausstellung ‚Durch seine Wunden sind wir geheilt‘ sehe ich zusammen mit dem Wahlspruch, unter den ich mein Bischofsamt gestellt habe: ‚Um unseres Heiles willen‘. Beides gehört wie die zwei Seiten einer Medaille zusammen: Wunden und Heilung bedingen einander, Leiden, Sterben und Tod auf der einen Seite – Heil, Heilung und Segen auf der anderen Seite. Für uns und um unseres Heiles willen ist Jesus Christus den schweren, den bitteren Weg ans Kreuz gegangen. Die kargen und doch so ausdrucksstarken Bilder erinnern uns an diese Grundwahrheit unseres christlichen Glaubens. Und erinnern –im wörtlichen Sinn- soll uns auch die derzeitige Fastenzeit: Sie soll uns das Wort, auf das wir glaubend hoffen und unser Leben setzen, tief in unserem Innern wiederentdecken lassen. Bilder können uns auf diesem Weg begleiten, Worte können uns Wahrheit erschließen.

 

Tasten wir uns also heran, liebe Schwestern und Brüder: Der Kreuzweg ist grausam, brutal und erbarmungslos. Es verbietet sich jedes Bild, jedes Wort. Schweigen und Schock sind die zutiefst menschliche Reaktion darauf, zu was Menschen fähig sind: Menschen, geschaffen aus Liebe und gerufen zur Liebe, sind in der Lage ihre Bestimmung in Hass und Zerstörung zu wandeln. Immer wieder in der Geschichte und an vielen Orten in der Gegenwart. Der eine Kreuzweg wird zum Ausdruck all dessen, was Menschen unter das Kreuz gebracht hat, was sie kreuzigt bis heute. Wir hören die Schreie der Menschen durch alle Jahrhunderte, sehen das Blut der Geplagten, die Peitschenhiebe der Geschundenen. Ich sehe den Gekreuzigten stürzen – wieder und wieder.

 

Aber dann sehe ich noch mehr: Ich sehe wie der Gekreuzigte inmitten von Leid und Erniedrigung seine Botschaft der Liebe bewahrt, wie sich diese Botschaft so bewährt, weil Botschafter und Botschaft eins werden. Der Gekreuzigte bleibt den Menschen zugewandt – wie er sein ganzes Leben gelebt hat. Die Brutalität der Hinrichtung verhindert die Gesten der Liebe nicht. Er spricht mit Menschen am Wegrand. Er tröstet in seiner Trostlosigkeit. Er öffnet Horizonte, er reißt den Himmel auf als einer, um den es dunkel wird.

 

Ich sehe die Brutalität unserer Welt, alles Leid und alle Verzweiflung möchte ich hineinlegen in den Weg ans Kreuz. Dabei möchte ich nichts verschweigen: Der Kreuzweg tut es jedenfalls nicht: Es gibt das Bild und die traurige Erfahrung der Gebrochenheit des Lebens. Das Schwarz des Todes durchzieht den Kreuzweg. Da ist aber auch der Schimmer des Lichts.

 

Also sind wir eingeladen, das Leid des Kreuzes nicht allein in seiner Gebrochenheit zu schauen, sondern in der Leuchtkraft und der Hoffnung auf Auferstehung.

 

Gebet: Bischof Dr. Gebhard Fürst

 

 

Lasset uns beten:

 

Guter Gott und Vater,

 

wir betrachten das Leiden und Sterben deines Sohnes.

 

Wir bedenken das Leid und das Sterben der Menschen inmitten einer Welt, die Mord und Totschlag, Terror und Gewalt erleidet.

 

Schenke Erbarmen in unsere Herzen. Bereitschaft zur Versöhnung, ein Mitleiden mit den Geschundenen und lass uns Wege suchen, die aus der Spirale von Gewalt und Hass Versöhnung sucht.

 

Im Aufstehen gegen den Tod bekennen wir die Auferstehung im Namen deines Sohnes, der mit dir lebt und liebt, heute und in Ewigkeit.

 

Amen.

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