Bischof Dr. Gebhard Fürst: Hirtenwort zum Heimgang des Papstes Johannes-Paul II.

Liebe Schwestern und Brüder!

Schon seit einiger Zeit wussten wir um den sehr geschwächten Gesundheitszustand unseres Papstes, über den er bei verschiedenen Gelegenheiten selbst mit großer Offenheit gesprochen hat. An den diesjährigen Kar- und Ostertagen im Vatikan konnte Johannes Paul II. zwar noch von seinem Arbeitszimmer aus an den Feierlichkeiten teilnehmen, aber schon nicht mehr sprechen.

Gezeichnet von seiner schweren Krankheit erteilte er den Ostersegen wortlos im Zeichen des Kreuzes – für viele Menschen, nicht nur für Katholiken, bewegende Momente. Sein Leiden und Sterben hat der Papst nicht verborgen oder gar verdrängt. Vielmehr hat er es als Teil seines Lebens angenommen im Vertrauen auf den Schöpfer des Lebens, dem er diente und von dem er nun, wie er selbst es einmal sagte, ‚vom Leben ins Leben gerufen’ wurde.

Katholiken überall auf der Welt sowie viele Christen anderer Konfession und Menschen anderer Religion und Weltanschauung haben die Nachricht vom Tod des Heiligen Vaters mit großer Trauer und Betroffenheit aufgenommen. Zugleich blicken sie aber auch voller Dankbarkeit und Hochachtung auf das große Lebenswerk von Papst Johannes Paul II.

Seit 1978 stand er als Oberhaupt der katholischen Kirche vor und legte in der Öffentlichkeit für den Glauben an Jesus Christus Zeugnis ab. Sein weltweiter Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit, für Menschenwürde und Menschenrechte ist überall wahrgenommen und vielfach auch gewürdigt worden. Mit großem persönlichen Einsatz hat er sich für die Überwindung der politischen Spaltung der Welt in Ost und West, aber auch in Nord und Süd und für gegenseitiges Verständnis und Versöhnung unter den Völkern eingesetzt. Nicht zuletzt hat Johannes Paul II. wie kein Papst vor ihm den Dialog der christlichen Konfessionen und Weltreligionen gefördert und mitgeprägt.

Ihn zeichnete ein starkes Charisma, ein hohes Sendungsbewusstsein und eine Leidenschaft für das Evangelium wie für die Menschen aus, zu denen er sich gesandt wusste. Wie sein Vorgänger wählte auch Karol Wojtyla als Papstnamen Johannes Paul. Darin drückte sich zugleich die dem Johannesevangelium entspringende Vision der Einheit und eine dem Völkerapostel Paulus verpflichtete Mission in die Welt aus. Seine Vision lautete: Frieden in der einen Welt mit ihren unterschiedlichen Kulturen und Religionen ist möglich, wo Gott als Schöpfer und Vater aller Menschen und damit auch die unverlierbare Würde jedes Menschen erkannt und anerkannt wird. Zugleich wusste Johannes Paul II. sich stets wie Paulus zu allen Völkern gesandt, um ihnen die Friedensbotschaft des Evangeliums neu zu verkünden.

Neben der Heiligkeit und dem Geheimnis des Lebens unterstrich er dabei die Pflicht zur gerechten Verteilung der Güter in der Welt und das Recht auf Religionsfreiheit. Intensiv setzte er sich gegen jede Art der Benachteiligung und Diskriminierung auf Grund von Rasse, Religion oder Geschlecht ein.

Im Zentrum seines Glaubens und seiner Verkündigung stand Jesus Christus selbst. Von ihm wusste sich Johannes Paul II. zu seinem päpstlichen Dienst beauftragt und getragen. Nicht ein "neues Programm" wollte er mit der Neuevangelisierung verkünden, sondern das in den Evangelien und der lebendigen Tradition der Kirche schon vorliegende neu und offensiv in die Welt von heute bringen. So hat er die in Christus gestiftete Einheit von Welt und Menschheit in seinen Gesten und Zeichen gelebt und uns vor Augen geführt.

In der Erfüllung dieser Aufgabe hat sich Papst Johannes Paul II. bis zuletzt mutig und voller Hingabe verzehrt. Dafür sind wir ihm bei aller Trauer über seinen Tod zutiefst dankbar. Wir bleiben seinen Anliegen, die nun wie ein Vermächtnis auf uns überkommen, verbunden.

Wir bitten Gott, den Herrn des Lebens, dass er seinem treuen Diener die Gnade seiner Gegenwart schenken möge.

Rottenburg, den 2. April 2005

gez.
Bischof Dr. Gebhard Fürst

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