Bischof Dr. Gebhard Fürst: Hirtenwort zur Amtseinführung von Past Benedikt XVI.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Mitchristen in der Kirche von Rottenburg-Stuttgart!

Nach einem kurzen Konklave und für die allermeisten überraschend haben die aus allen Teilen unserer weltweiten katholischen Kirche in Rom versammelten Kardinäle den deutschen Kardinal Joseph Ratzinger zum Papst gewählt.

Bischof und Gläubige der Diözese Rottenburg-Stuttgart begrüßen den neuen Papst Benedikt XVI. und freuen sich, dass nach fast 500 Jahren wieder ein Deutscher Papst der katholischen Kirche geworden ist. Wir danken Gott für seine Wahl und erbitten für ihn zugleich von ganzem Herzen Gottes Kraft und den Beistand des Heiligen Geistes für die Wahrnehmung des für die Einheit der Katholischen Kirche des ganzen Erdkreises so wichtigen Petrusdienstes. Der neue Pontifex möge sein Amt als wahrer Brückenbauer und glaubwürdiger Zeuge des Evangeliums Jesu Christ gestalten und erfüllen können.

Die erste Wahl eines Papstes im 3. Jahrtausend der Kirchengeschichte stellt das Pontifikat Benedikts XVI. zugleich ganz unter die Perspektive des angebrochenen 21. Jahrhunderts. Dass zum erstenmal nach vielen Jahrhunderten wieder ein Deutscher in die Nachfolge Petri gerufen wurde, ist für uns in Deutschland zudem ein besonders bewegendes Ereignis.
Joseph Ratzinger wurde am 16. April 1927 in Marktl am Inn geboren. Nach seiner Priesterweihe am 29. Juni 1951 in Freising war er erst als Kaplan, dann als Dozent und Professor der Theologie tätig und spielte bei der Erneuerung der Kirche auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil eine bedeutende Rolle.

1977 wurde er durch Papst Paul VI. zum Erzbischof von München und Freising ernannt und ins Kardinalskollegium berufen. 1981 ernannte Papst Johannes Paul II. ihn zum Präfekten der Glaubenskongregation der Kurie in Rom. 24 Jahre gehörte er zu den engsten Beratern des verstorbenen Papstes. Nun wird er selbst als 264. Nachfolger des Apostels Petrus unsere Kirche in die Zukunft führen.

Viele Erwartungen richten sich auf Benedikt XVI., Erwartungen, die aus unterschiedlichen Perspektiven und Kirchenerfahrungen unserer Weltkirche stammen und die oft nicht ohne weiteres in Übereinstimmung gebracht werden können. Das macht es nicht einfacher, das Schiff der Kirche gemäß dem Evangelium und nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil durch die Stürme des 21. Jahrhunderts zu lenken. In der Konstitution über die Kirche, ‚Lumen Gentium’ fasst das Konzil diesen Auftrag in die Worte, der Papst sei "das immerwährende und sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit sowohl von Bischöfen als auch von Gläubigen" (LG 23).

Ich bin froh und dankbar, dass Papst Benedikt XVI. gleich in seiner ersten Ansprache ankündigte, "alles in seiner Macht Stehende zu tun, um das Grundanliegen der Ökumene voranzubringen". Denn, so der neue Papst: "Der Nachfolger des Petrus übernimmt die vorrangige Verpflichtung, mit aller Kraft an der Wiederherstellung der vollen und sichtbaren Einheit aller zu arbeiten, die Christus folgen."

Neben den vielen Aufgaben, die den neuen Papst erwarten, bedarf es sicher seiner ganzen Kraft, die Einheit der Kirche in der Vielfalt ihrer Erscheinungsformen zu ermöglichen und zu stärken. Die auseinanderstrebenden Kräfte gilt es zur Mitte zu führen und die Mitte so zu gestalten, dass der Reichtum der katholischen Kirche in den Menschen aus allen Nationen, Kulturen, Rassen und Schichten lebendig wird und sich in Treue zum Evangelium Jesu Christi für das Ganze unserer Kirche entfalten kann.

Letztlich ist dieses Zeugnis der Einheit im Glauben in der Vielfalt der geistgewirkten Gaben der Ortskirchen ein Geschenk des pfingstlichen Gottesgeistes. Daher erbitte ich von ihnen, liebe Schwestern und Brüder, unser aller Gebet um diesen verbindenden, tiefe Einheit im Glauben stiftenden Heiligen Geist für unsere Kirche und für den Papst, der sie leiten und stärken wird auf ihrem Weg durch die Zeit.

In den vergangenen Wochen sind fast übermenschliche Erwartungen auf die Schultern des Nachfolgers von Johannes Paul II. geladen worden. Vergessen wir aber auch selbst nicht, unseren Anteil zum Wohl der Kirche einzubringen. Setzen auch wir uns noch mehr dafür ein, dass das Evangelium von der heilenden und befreienden Botschaft Jesu Christi wie ein Licht leuchtet in einer oft unübersichtlichen und sich verdunkelnden Welt.

In Zeiten der Globalisierung wächst der katholischen Kirche eine noch größere, globale Verantwortung zu, in der Verkündigung des Reiches Gottes ihren Beitrag für eine Menschheit in Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit zu leisten. Mit mutigen Schritten hat Johannes Paul II. die Kirche auf diesen Weg gebracht. Papst Benedikt XVI. will sie nun auf diesem Weg weiterführen.

Mit seiner Namenswahl hat er ein bewusstes Signal in diese Richtung gesetzt. Während des 1. Weltkrieges setzte sich Benedikt XV. unermüdlich für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt ein. Nun tritt Benedikt XVI. sein Amt in einer Zeit an, in der sich in der ganzen Menschheitsfamilie die großen Unterschiede zwischen Arm und Reich verschärfen und die Gewalt weltweit zunimmt. Deshalb erklärt der Papst in seiner ersten Ansprache "die Bereitschaft aller Katholiken, an einer echten sozialen Entwicklung mitzuarbeiten, die die Würde jedes einzelnen Menschen respektiert."

Liebe Schwestern und Brüder, in jeder Eucharistiefeier werden wir künftig für Papst Benedikt XVI. beten. Dabei wollen wir Gott bitten, dass er seinem Diener beistehen und ihm die Güte eines liebenden Herzens und die Weite des befreienden Geistes erhalten möge, um die Kirche zur Ehre Gottes und dem Heil der Menschen zu leiten. Ich bitte Sie alle herzlich um Ihr Gebet für unseren Heiligen Vater, dass Gott, der Vater Jesu Christi, ihm in der Kraft seines Geistes beistehe und ihm die schwere Last auf seinen Schultern tragen helfe.

Rottenburg am Neckar, am 21. April 2005,
Ihr Bischof

Dr. Gebhard Fürst

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