Bischof Dr. Gebhard Fürst: Neujahrsansprache 2014

Rottenburg

Neue Freude an der Kirche
Franziskus und die Ortskirche Rottenburg-Stuttgart

„Die Kirche hat keinen anderen Zweck,
als Zeugnis von Jesus Christus zu geben.
Vergessen wir das nicht!“
(Papst Franziskus am 24.9.2013 via Twitter)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte liebe Gäste!

1. Frischer Wind aus Rom

Was haben wir nicht alles erlebt im Jahr 2013. In unserem Land, in der katholischen Kirche in Deutschland, europa- und weltweit. Ich selbst habe das Jahr als ein aufreibendes Jahr, als ein schwieriges und doch zugleich auch als hoffnungsvolles Jahr erlebt. Als Mensch und als Bischof bin ich mitgefahren und bin auch mitgefahren worden auf dieser Achterbahnfahrt der Ereignisse und der Gefühle.

Aber mitten in all den Schwierigkeiten der katholischen Kirche in Deutschland habe ich im letzten Jahr eine der größten Überraschungen in meinem Leben erlebt. Sie hat mich mit großer Freude erfüllt. Es war die Freude über die völlig unerwartete Wahl des Erzbischofs von Buenos Aires zum Bischof von Rom und zum Oberhaupt der katholischen Weltkirche. Die katholische Kirche weltweit – auch in Deutschland – hat durch Papst Franziskus neuen Auftrieb bekommen. Verbunden mit einer andauernden medialen Aufmerksamkeit wie noch nie zuvor. So waren die Tage seit dem denkwürdigen Rosenmontag 2013 mit dem Rücktritt Benedikts XVI. und der Neuwahl seines Nachfolgers eine Zeit voller Zeichen, voller heilsamer, sprechender, ja evangelisierender Zeichen! Dieses außerordentliche Ereignis zeigt uns und aller Welt: Die katholische Kirche ist immer wieder für Überraschungen gut. Der Heilige Geist, der durch das Konklave stürmte, bewirkt nicht die Verlängerung des Gewohnten. Er setzt auch nicht unseren eigenen Spekulationen sein Krönchen auf. Nein, Gottes Geist wirkt unerwartet anders, überraschend neu!

Niemand hatte Jorge Mario Bergoglio als neuen Papst auf dem Schirm! Schon sein erstes Auftreten auf der Loggia beim „Habemus papam“ hat mich tief beeindruckt, ja elektrisiert. Ein bescheidener Mensch in einfacher, weißer Soutane. Mit jeder Bewegung bringt er das vorgesehene Zeremoniell durcheinander. Die Gesten, die Worte, der Ablauf, sind ganz er selbst. Das Rituelle verschluckt nicht den Menschen und verwischt nicht, wer er ist. Er tritt authentisch auf. Seine Person drückt sich aus in seinem den Menschen zugewandten, freundlichen und gewinnenden Verhalten. Wie er sich zum ersten Mal zeigte, war ein einziges eindrucksvolles, zu uns allen sprechendes Zeichen!

Und es geht weiter mit den Zeichen: Der Neue ist der erste Papst der katholischen Kirche, der nicht aus Europa kommt. Er kommt aus Lateinamerika, aus dem Kontinent, in dem 40 Prozent der Katholiken der Universalkirche leben, und wo sich derzeit Dramatisches abspielt. Auch das ist ein Zeichen für die Weltkirche. In Lateinamerika haben die historischen Bischofskonferenzen Medellin 1968 und Puebla 1979 die Millionen „Armen und Bedrückten aller Art“[1] dieses Kontinents in die Mitte der Verkündigung des Evangeliums gestellt. Von den Armen her wird dort die Pastoral gestaltet. – Die Synode der Diözese Rottenburg-Stuttgart 1985/86 hat sich davon inspirieren lassen. Das theologische Grundlagenpapier thematisiert die „Option für die Armen“ unter der Überschrift: „Anders leben, damit andere überleben.“[2]

Der neue Papst kommt aber nicht nur aus Lateinamerika. Er redet nicht nur von den Armen. Er ist ein „Anwalt der Armen“, so wurde er schon als Kardinal von Buenos Aires genannt. Dieser Papst steht ganz offensichtlich für eine diakonische katholische Weltkirche, die sich inspirieren lässt von der Botschaft Jesu Christi. Im Lukasevangelium sagt Jesus zu seiner Sendung: „Ich bin gekommen, zu suchen und zu retten, was verloren ist.“ (Lk 19,10)
Die Freude über Papst Franziskus hält an. Zeichenhafter Weise zum Auftakt des neuen Kirchenjahres zum 1. Advent, dem 24. November 2013, veröffentlicht Franziskus seine erste Enzyklika. Das Schreiben „Über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute“ beginnt mit den Worten: „Die Freude des Evangeliums erfüllt das Herz und das gesamte Leben derer, die Jesus begegnen.“[3] Und ich möchte freimütig bekennen, kein päpstliches Schreiben hat mich selbst je mit so viel Freude beim Lesen erfüllt wie dieses. Franziskus spricht aus dem Geist des Evangeliums mitten hinein in das Leben der Menschen und hat die Probleme, die sich uns stellen, fest im Blick.

2. Streit um das Geld der Kirche

So ist es ganz und gar nicht verwunderlich, dass Papst Franziskus in die wegen der Limburger Ereignisse ausgebrochene heftige Debatte hinein um die Kirchenfinanzen und ihre Verwendung das einfache Wort der Orientierung spricht: „Das Geld darf nicht regieren, das Geld muss dienen.“[4]

So möchte ich Ihnen nun vorstellen, wie wir in unserer Diözese mit dem Geld umgehen, damit es nicht herrschaftlich, sondern diakonisch, zum Dienst an den Menschen eingesetzt wird. – Dabei kann ich nur auf einige wichtige Facetten exemplarisch eingehen.

2.1 Limburg als Katalysator

Im unmittelbaren Zusammenhang mit den Ereignissen um die Finanzierung der Baumaßnahme in Limburg ist es zu einem sehr kontrovers geführten Streit um den Reichtum der Kirche, um den Umgang mit dem kirchlichen Vermögen insgesamt – und überhaupt um den Umgang mit dem Geld gekommen. Die Ereignisse in Limburg und die klaren Aussagen des Papstes, er wünsche sich eine arme und transparente Kirche, haben diesem Streit eine brisante Dimension verliehen.

2.2 Das „Rottenburger Modell“

In diesem Kontext muss Kirche Rechenschaft darüber ablegen, wie sie mit Vermögen und Finanzen umgeht. Konkret: Wie also gehen wir in der Diözese Rottenburg-Stuttgart mit dem der Ortskirche zur Verfügung stehenden Geld um?

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart ist bekannt durch das seit 1968 bestehende „Rottenburger Modell“. Im „Rottenburger Modell“ verfügen die vom Kirchenvolk gewählten Räte über erhebliche Mitsprache- und Mitwirkungsrechte. Im Zusammenhang mit den Ereignissen in Limburg und dem daraus entstehenden „Streit ums Geld der Kirche“ hat sich erneut erwiesen, wie sinnvoll und hilfreich das „Rottenburger Modell“ ist.

Der Diözesanrat: Demokratische Legitimation und Transparenz im Dienst der Menschen

Das „Rottenburger Modell“ besagt, dass der demokratisch gewählte Diözesanrat in seinem Finanzausschuss den Diözesanhaushalt in partnerschaftlich kooperativer Weise mit dem Bischöflichen Ordinariat aufstellt. Der Diözesanhaushalt, der das Kirchensteueraufkommen und die Staatsleistungen umfasst und die davon finanzierten Ausgaben darstellt, wird in öffentlicher Sitzung beraten und verabschiedet. Er ist völlig transparent gestaltet und auf der Homepage unserer Diözese einsehbar.[5] Er liegt selbstverständlich auch in einer öffentlich einsehbaren Druckfassung vor und wird zusätzlich in der jährlichen Broschüre Finanzen und Statistik veröffentlicht.[6] Im Anschluss an die Haushaltsberatungen und entsprechenden Beschlüsse wird der Haushalt in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt und erläutert. So erhält der Diözesan-Haushalt in seinem Zustandekommen eine demokratische Legitimation und erfüllt die notwendige Transparenz im Umgang mit Geld.[7]

Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir bei den Haushaltsberatungen Ende 2013 im Diözesanrat einvernehmlich erhebliche zusätzliche Mittel für die weltkirchliche Arbeit und die Flüchtlingshilfe sowie für das Stiftungskapital der katholischen Schulen und den kirchengemeindlichen Entwicklungsprozess in Folge des diözesanen Dialogprozesses beschließen konnten.

Die gemeinsamen Beratungen, die transparente Darstellung und die Kommunikation der inhaltlichen und finanziellen Zielrichtungen, die durch das „Rottenburger Modell“ gegeben sind, ist in der gegenwärtigen Situation öffentlicher Auseinandersetzungen von umso größerer Bedeutung. Transparenz und Mitbestimmungsrechte haben heute zu Recht im Umgang mit den Finanzen einen hohen Stellenwert auch und gerade für die Glaubwürdigkeit kirchlichen Handelns.

Der Bistumsverwaltungsrat – Aufsicht über den Bistumshaushalt

Im Zusammenhang mit dem Bistumshaushalt, in dem das Vermögen und die Immobilien des Bistums – einer kirchlichen Anstalt des öffentlichen Rechts – aufgeführt und verwaltet werden, haben wir in aller Öffentlichkeit erläutert, dass in der Diözese Rottenburg-Stuttgart unter dem Dach des Bistums auch die Verwaltung des Vermögens kirchlicher Förderstiftungen zusammengefasst ist, ausgestattet mit jeweils eigenen Organen, für die jeweils ein eigener geprüfter Jahresabschluss erstellt wird. Die Aufsicht geschieht durch den Bistumsverwaltungsrat. Seine Aufgaben sind vor allem: die Beratung und der Beschluss des jährlichen Wirtschaftsplans, die Beratung und Feststellung des geprüften Jahresabschlusses und der Beschluss der Überschussverwendung. – Eine Veröffentlichung des Jahresabschlusses 2013 ist für den Frühsommer 2014 in Aussicht gestellt.[8]

Was mit den Mitteln des Bistums finanziert wird

Das Haushaltsvolumen des Bistums umfasste in den letzten Jahren im Vergleich zum Diözesanhaushalt allerdings nur zirka drei bis fünf Prozent. Projekte und Einrichtungen, die mit Mitteln des Bistums finanziert werden, sind kirchliche Zwecke – wie zum Beispiel Hilfe für Mütter in Not, Obdachlosenhilfe, Hilfe für sozial Bedürftige, Kirchliche Internate, Aufwendungen für die Liturgie im Dom in Rottenburg und in der Konkathedrale in Stuttgart. Und derzeit – beispielsweise – die Sanierung der Konviktskirche Ehingen.
Das Vermögen des Bistums setzt sich hauptsächlich zusammen aus Vermögen für kirchliche Zwecke, Stiftungen und Gebäude und umfasst zum Beispiel auch die 75 Prozent Beteiligung am Siedlungswerk. Auf das Siedlungswerk komme ich gleich noch zu sprechen.

2.3 Darum ist es gut, dass die Kirche über finanzielle Ressourcen verfügt

Dass Kirche Geld hat, ist an und für sich nichts Schlechtes. Durch nachhaltiges Haushalten und durch den verantwortungsvollen Umgang insbesondere mit dem uns anvertrauten Geld über die Jahre und Jahrzehnte hinweg, geht es der Diözese Rottenburg-Stuttgart finanziell gut. Ich bin dafür sehr dankbar! Denn dies eröffnet Spielräume insbesondere für die diakonischen Aufgaben der Kirche. Geld ist kein Selbstzweck, kein Status und für Christen auch kein Mittel zum Luxus. In der Tat: „Das Geld muss den Menschen dienen!“[9] Es kommt darauf an, was Kirche und ihre Verantwortungsträger damit machen. Deshalb werde ich an einigen Beispielen zeigen, wie wir mit unseren Ressourcen im Sinne des diakonischen Auftrags der Kirche umgehen. Ich möchte Ihnen ein Unternehmen und eine Unternehmung besonders vorstellen, die auf je eigene Weise im Dienst der Menschen stehen.

Das Siedlungswerk – Ein Unternehmen im Dienst der Menschen

Das Unternehmen ist das Siedlungswerk. Zu 75 Prozent gehört es dem Bistum Rottenburg-Stuttgart. In der gegenwärtigen Situation auf dem Wohnungsmarkt ist das Siedlungswerk ein wichtiger und heilsamer Akteur.

Bereits der Gründungsauftrag des Siedlungswerks beinhaltet die soziale Verantwortung, Menschen bedarfs- und kundenorientiert mit Wohnungen zu versorgen und dabei Wohn- und Lebensqualität zu schaffen. Als nach dem Zweiten Weltkrieg in Rottenburg ein neuer, repräsentativerer und größerer Dom gebaut werden sollte, hat Bischof Carl Josef Leiprecht, angesichts der vielen Heimatvertriebenen und Flüchtlingen, die nach Württemberg kamen, ausdrücklich auf den Neubau des Domes verzichtet und stattdessen 1948 das Siedlungswerk gegründet. Demonstrativ hat er diese Maßnahme unter das Leitwort gestellt: „Mein Dombau heißt Wohnbau“. Insbesondere vor dem Hintergrund des Auseinanderdriftens unserer Gesellschaft ist Wohnungsbau und Versorgung mit Wohnungsraum gegenwärtig wieder ein zentrales Thema geworden.

Das Siedlungswerk hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Wohn- und Lebensqualität für eine Vielzahl von Menschen zu verbessern, und durch ökologisches und nachhaltiges Bauen einen Beitrag für einen sorgfältigen Umgang mit knapper werdenden Ressourcen zu leisten.

Wohnen, Pflegen und generationsübergreifende Kommunikation sind bei den Projekten des Siedlungswerks unter dem Motto „Wohnen für Jung und Alt im Quartier" gebündelt. In solchen Quartieren plant das Siedlungswerk Wohnungen für Senioren, Pflegeeinrichtungen, Kindergärten und Wohnungen für junge Familien. Es arbeitet mit Kommunen zusammen und baut geförderte Miet- und Eigentumswohnungen, deren Bezug an bestimmte niedere Einkommensgrenzen gebunden ist. Im Zuge dessen vermietet es auch Wohnungen für Alleinerziehende, kinderreiche Familien und ausländische Mitbürger. Damit kommt das Siedlungswerk seiner sozialen Verpflichtung nach, Wohnraum für Wohnungssuchende mit einem geringeren Einkommen anbieten zu können.

Zwei aktuelle Projekte möchte ich Ihnen zur Veranschaulichung der gegenwärtigen Arbeit des dem Gemeinwohl verpflichteten Siedlungswerks vorstellen:

Stadtquartier Nordbahnhof – Integrierter sozialer Wohnungsbau

Zuerst möchte ich auf das Projekt „Stadtquartier Nordbahnhof in Stuttgart – Integrierender sozialer Wohnungsbau“ eingehen. Das katholische Siedlungswerk plant als erster Bauträger in Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Innenentwicklungsmodell. Das „SIM“ gibt einen bestimmten Prozentsatz der neugebauten Wohnungen als geförderten Wohnungsbau für Mieter mit geringerem Einkommen vor.[10] Trotz des festen Anteils subventionierter Wohnungen soll an der Adresse später niemand ablesen können, ob hinter der Tür ein Sozialmieter oder ein wohlhabender Eigentümer lebt. Am Pragfriedhof in Stuttgart entstehen so zirka 500 Wohneinheiten, wofür 150 Millionen Euro in die Hand genommen werden.

Seelberg Wohnen – Nachhaltig ökologische Stadtentwicklung in Bad Cannstatt

Das zweite Projekt ist bereits fertig gestellt. Auf einem ehemaligen Fabrikgelände mitten in Bad Cannstatt, ist ein Mehr-Generationen-Quartier mit 164 Wohneinheiten für unterschiedliche Nutzer entstanden. Das Quartier heißt: „Seelberg Wohnen – Nachhaltig ökologische Stadtentwicklung in Bad Cannstatt“. Neben familiengerechten Wohnungen und geförderten Wohnungen für Bezieher niedriger Einkommen wurden zudem barrierefreie Wohnungen erstellt. Die St. Anna-Stiftung Ellwangen betreibt einen Wohn- und Pflegeverbund, bestehend aus einem Pflegeheim mit 50 Plätzen, ergänzt durch 27 betreute Seniorenwohnungen des Siedlungswerks. Der Komplex beherbergt des Weiteren eine Kindertagesstätte, eine Wohngruppe für Senioren, eine Wohngruppe für Menschen mit Körperbehinderung und weitere Mietwohnungen. Für einen klimafreundlichen Standard sorgt ein innovatives und ökologisches Energiekonzept mit energieeffizienter Bauweise und Energierückgewinnung und moderner Heiztechnik.

Dies sind zwei durchaus diakonische Projekte eines katholischen Bauträgers, der mit kirchlichem Kapital im Sinne einer am Gemeinwohl ausgerichteten und schöpfungsfreundlichen Kirche im Dienst der Menschen und zu ihrem Wohl arbeitet.

Flüchtlinge auf dem Martinsberg – Der Klosterkomplex Weingarten

Ein eindrucksvolles Beispiel für eine Unternehmung im Dienst der Menschen ist auch die anstehende Unterbringung von Flüchtlingen im Klosterkomplex auf dem Martinsberg in Weingarten in Oberschwaben. Nach einem über die Presse verbreiteten Aufruf vom September 2013 an die Katholiken der Diözese, bereit zu sein, wo möglich, Flüchtlinge aufzunehmen, habe ich dann angesichts der sich zuspitzenden Lage von Flüchtlingen aus Syrien und aus Nordafrika, die auf die italienische Insel Lampedusa flüchten und angesichts der furchtbaren Tragödien, die sich dort abspielen, Anfang Oktober des letzten Jahres am Ende eines internationalen Kongresses über unseren Diözesanpatron den Heiligen Martin in Weingarten öffentlich angekündigt, dass die Diözese Rottenburg-Stuttgart in der Klosteranlage auf dem Weingartener Martinsberg Flüchtlinge aufnehmen wird.[12]

Die Vorbereitungen sind inzwischen weit fortgeschritten, finanzielle Mittel sind bereitgestellt und die baulichen Maßnahmen am Gästehaus der Akademie, das für die Unterbringung zur Verfügung steht, können unverzüglich beginnen. Im ersten Quartal 2014 besteht ein Aufnahmebedarf von 30 bis 40 Personen, für deren Unterbringung dann die zur Verfügung stehenden Wohnungen vom Landkreis angemietet werden. Eine gastfreundliche Unterbringung bedeutet auch, dass die Flüchtlinge in ihren vielfältigen Problemen, Sorgen und Anliegen unterstützt werden.

Diese Beherbergung von Flüchtlingen steht im Kontext einer Gesamtkonzeption für den Martinsberg, deren Verwirklichung selbstredend nicht ohne finanzielle Mittel möglich ist. Der Martinsberg mit der eindruckvollen Basilika und Klosteranlage ist ein herausragender geistlicher Ort für ganz Oberschwaben. Die neue Gesamtkonzeption des Klosterareals, die durch das Ende des Benediktinerkonvents notwendig geworden ist, lässt sich von dem Grundgedanken leiten, im Sinn des heiligen Martin von Tour das, was wir haben an Zeit, Brot, Leben, christlicher Kultur und Spiritualität zu teilen und so missionarische, d. h. einladende und dialogfähige Kirche zu sein.
Der Martinsberg, der durch die Flüchtlingsherberge Zeugnis gibt von einer diakonischen, d. h. den Menschen in Not dienenden Kirche, soll auch Zeichen und Zentrum einer pilgernden Kirche sein und wieder zu einem Ort spiritueller und karitativer Ausstrahlung werden.[13]

Flüchtlingshilfe der Caritas

Nun geschieht ja Flüchtlingshilfe nicht nur auf dem Martinsberg und auch nicht erst seit heute! Flüchtlingshilfe ist in der Diözese Rottenburg-Stuttgart so alt wie ihr Caritasverband, nämlich 95 Jahre. Die Leiterin der Hauptabteilung Caritas und die Direktoren des Caritasverbandes könnten hier von eindrucksvollen diakonischen Projekten und Leistungen berichten. Es würde zu weit führen, wenn ich alle nennen wollte. Die Zuständigen sind dabei, eine diözesane Übersicht zu erarbeiten, die dann in geeigneter Weise der Öffentlichkeit vorgestellt wird.[14]

Auf Flüchtlingshilfe als Dimension einer diakonisch-missionarischen Kirche hat Papst Franziskus in den vergangenen Monaten eindrucksvoll hingewiesen. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, der ihn vor einigen Wochen in Rom besuchte, schreibt dem persönlichen Zeugnis des Papstes eine große Bedeutung im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz zu. Nach dem Besuch sagte er: „Franziskus ist ein fantastisches Vorbild.“[15]

3. Erneuerung der Kirche aus der Kraft des Heiligen Geistes

Die vorgestellten Beispiele zeigen, wie die Ortskirche Rottenburg-Stuttgart versucht, dem Auftrag einer evangelisierenden, diakonisch handelnden und missionarisch wirkenden Kirche gerecht zu werden.[16] Die Erneuerung der konkreten Gestalt der Kirche unter der Perspektive der Evangelisierung bleibt aber eine permanente und ständige Aufgabe.

In diesem Sinn fordert Papst Franziskus die Ortskirchen zum Dialog und zur Erneuerung der Kirche auf. Diese Aufforderung habe „programmatische Bedeutung“ und beinhalte „wichtige Konsequenzen“, wie er sagt. „Ich hoffe, dass alle Gemeinschaften dafür sorgen, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um auf dem Weg einer pastoralen und missionarischen Neuausrichtung voranzuschreiten, der die Dinge nicht so belassen darf wie sie sind.“[17]

Er wünscht sich, dass die Seelsorge „mehr vom Feuer des Heiligen Geistes belebt werde, um die Herzen der Gläubigen zu entzünden.“[18] Und er schreibt weiter in seiner Enzyklika: „Ich träume von einer missionarischen Entscheidung, die fähig ist, alles zu verwandeln, damit die Gewohnheiten, die Stile, die Zeitpläne, der Sprachgebrauch und jede kirchliche Struktur ein Kanal werden, der mehr der Evangelisierung der heutigen Welt als der Selbstbewahrung dient“.[19]

3.1 Dialogisch angelegte und verfasste Kirche

Um die Evangelisierung zu ermöglichen, fordert Franziskus die Bereitschaft zum Dialog mit allen. „Damit dieser missionarische Impuls immer stärker, großherziger und fruchtbarer sei, fordere ich auch jede Teilkirche auf, in einen entschiedenen Prozess der Unterscheidung, der Läuterung und der Reform einzutreten.“[20] Bezogen auf die Erneuerung schreibt er: „Die Bestimmung der Ziele ohne eine angemessene gemeinschaftliche Suche nach den Mitteln, um sie zu erreichen, ist dazu verurteilt, sich als bloße Fantasie zu erweisen.“ Deshalb sei zur Erneuerung der Kirche und für Reformen ein „loyaler und konstruktiver Dialog“[21] nötig.[23]

3.2 Der Dialog- und Erneuerungsprozess in der Kraft des Heiligen Geistes in de Diözese Rottenburg-Stuttgart

Den Dialog- und Erneuerungsprozess in der Diözese Rottenburg- Stuttgart haben wir ganz in diesem Sinne Mitte des Jahres 2011 begonnen. Im Juni 2013 haben wir in einer öffentlichen Veranstaltung des Diözesanrates die erste Phase, die „Zeit des Hörens“, abgeschlossen. Die im Zuhören gewonnenen Ergebnisse liegen in der umfassenden Dokumentation Perspektiven einer dialogischen Kirche[24] vor. Inzwischen ist sie an 2.000 Multiplikatoren und andere an den Gesprächsprozessen mitwirkenden Personen versendet.

Es gilt jetzt unsere Ortskirche aus dem Geist des Evangeliums zu erneuern. Damit diese Phase der Umsetzung der Erkenntnisse aus der Zeit des Hörens nicht versandet, habe ich im Einvernehmen mit dem Sprecher des Diözesanrates einen Ombudsmann für den Erneuerungsprozess eingesetzt. Er wird Anwalt dafür sein, dass der dialogisch geführte Erneuerungsprozess in der Kraft des Heiligen Geistes auch mutig vorangebracht wird.

Zu der manchen vielleicht merkwürdig erscheinenden Formulierung „in der Kraft des Heiligen Geistes“ möchte ich noch eine Anmerkung machen. Mit dieser Formulierung, die wir schon 2011 gewählt haben, ist nichts anderes gemeint, als dass all unsere Erneuerungsbemühungen von dem Gottes-Geist getragen und durchdrungen sein müssen, der auch in Jesus Christus und in seinem „Lebenswerk“ gewirkt hat. Mit dem Heiligen Augustinus können wir sagen: „Der Geist erinnert Christus“. Das heißt, der Heilige Geist macht in uns den Geist Jesu Christi lebendig und bewegt Christen und Kirche zu christusförmigem Leben und Handeln.[25] Dass Evangelisierung im Geiste Jesu Christi geschieht, ist das zentrale Anliegen von Papst Franziskus.

3.3 Das Projekt Gemeinde: Die Vision von einer beheimateten Kirche ermöglichen und verwirklichen

Im Projekt Gemeinde, dessen Konzeption 2014 in Kraft gesetzt wird, wollen wir bei der Verwirklichung versuchen der Vision von einer beheimatenden Kirche diesem Geist Jesu Christi Raum zu geben.

Viele Menschen suchen danach, wie ihr Leben und das Zusammenleben gelingen können. Sie sehnen sich nach Beziehungen und danach, in einer Gemeinschaft aufgehoben zu sein. In einer lebendigen christlichen Gemeinde, der ansprechenden Feier der Gottesdienste und im Empfang der Sakramente, können Menschen mit ihren Sorgen und Nöten eine bergende Gemeinschaft erleben, können zerrissene Seelen und gebrochene Herzen etwas erfahren vom Heil und von der Heilung durch die christliche Botschaft. Die Verwirklichung dieser Vision entspricht der aus der „Zeit des Hörens“ gewonnenen Erkenntnis, dass viele Menschen gerade darauf warten.[26] Dabei geht es strukturell, das habe ich immer wieder betont, nicht um Zentralismus, nicht einfach um Zusammenlegung oder gar Auflösung bestehender Kirchengemeinden. Es geht vor allem darum, die konkrete Pastoral vor Ort an die veränderten Bedingungen und Kontexte anzupassen – auch bei den Ressourcen Personal und Finanzen. So werden wir auf die stärkere Beteiligung von Laien an der Mitverantwortung in der Leitung der Gemeinden setzen. Kirchengemeinden, die ohne Pfarrerwohnsitz sind, werden vermehrt ein „Gesicht“ und einen Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin erhalten.[27] Eine solche Reform wirkt sich aus auf die Priester und alle Seelsorgerinnen und Seelsorger im Haupt- und Ehrenamt. Die Alleinzuständigkeit vor allem des Pfarrers wird übergehen in ein vom Pfarrer geleitetes und koordiniertes Wahrnehmen der verschiedenen Aufgaben durch haupt- und ehrenamtlich tätige getaufte und gefirmte Christinnen und Christen.

Zur Implementierung des Projekts Gemeinde werden am 18./19. Juli und am 3./4. Oktober 2014 unter dem Titel „Rückenwind“ zwei große Gemeindeforen stattfinden. Und zur Verstärkung des Dialogs mit den Engagierten in den Gemeinden wird am 8. November in Rottenburg ein großer Kongress zur Förderung des Ehrenamts unter dem Motto stattfinden: „Das macht Sinn – kirchliches Ehrenamt“.

Ziel all dieser Initiativen und Veränderungen ist es, Kirchengemeinden als geistlich lebendige Räume zu stärken, in denen und an denen das heilsame Evangelium Jesu Christi erlebbar wird. Denn wo Menschen in dieser oft heil- und gnadenlosen Welt Halt finden und die schützende und rettende Kraft des Glaubens erfahren können, da fühlen sie sich angenommen und zugehörig und spüren, dass „das Reich Gottes schon mitten unter uns“ (Lk 17,21) lebendig ist.

4. Franziskus als „Person des Jahres“

In einer Zeit der Zeichen ist Franziskus selbst zu einem Zeichen der Zeit geworden. Das Time Magazin hat ihn Mitte Dezember 2013[28] zur „Person des Jahres“ gewählt und die Wahl mit folgenden Worten begründet: „Papst Franziskus steht im Zentrum der wichtigsten Debatten unserer Zeit: Wohlstand und Armut. – Fairness und Gerechtigkeit – Transparenz – Modernität – Globalisierung – die Rolle von Frauen – die Natur der Ehe – die Versuchung der Macht.“ Damit wird Franziskus gewissermaßen von Außen die Zeitgenossenschaft bescheinigt, die dem Zweiten Vatikanischen Konzil so entscheidend ist für die Pastoral der Kirche in der Welt von heute.

5. Teilkirche als vollständige Gestalt von Kirche

Noch in einer anderen Weise erfüllt Papst Franziskus die Intentionen des Konzils. Er verhilft der Ortskirche, das heißt den einzelnen Diözesen der katholischen Kirche, die ihr zustehende Bedeutung. Sie ist, innerhalb der Weltkirche und in enger Kollegialität mit ihr verbunden, doch vollständige Gestalt von Kirche. „Es ist die Kirche“, schreibt Franziskus, „die in einem bestimmten Raum Gestalt annimmt, mit allen von Christus geschenkten Heilsmitteln versehen ist, und zugleich jedoch ein lokales Angesicht trägt.“[29]

Die Ortskirche von Rottenburg-Stuttgart ist also Kirche, mit allen von Christus geschenkten Heilsmitteln versehen, die in einem bestimmten Raum Gestalt annimmt und zugleich ein lokales Gesicht trägt.[30]

Das lokale Gesicht unserer Ortskirche Rottenburg-Stuttgart ist bestimmt von den in unserem Raum sich verwirklichenden Dimensionen einer diakonischen, den Menschen dienenden Kirche, in der Jesu Christi Geist wirksam sein soll als der, der für uns Menschen und zu unserem Heil in diese Welt gekommen ist. Wir wollen eine missionarische Kirche sein, eine zeitgenössische, pilgernde und gastfreundliche Kirche, die sich dialogisch verhält und schöpfungsfreundlich ausgerichtet ist. All das sind auch Dimensionen von Kirche-Sein, die ich in den Äußerungen und im Verhalten von Papst Franziskus wiederentdecke. So hat unsere Diözese Rottenburg-Stuttgart Rückenwind aus Rom und erhält in diesem Sinne auch neue starke Impulse von dort. An uns ist es selbst „zu suchen und zu retten was verloren ist“ (Lk 19,10). Ein Wort, mit dem Jesus seine Sendung im Lukasevangelium selbst bestimmt hat. Und wir stehen unter der Verheißung des erhöhten Herrn: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40)

6. Gestärkt in das Jahr 2014

Als Diözese, die mit dem Heiligen Martin als Diözesanpatron und als Leitfigur ihrer Pastoral, Martins Land sein möchte, gehen wir deshalb gestärkt in das Jahr 2014.

So wünsche ich Ihnen, liebe Schwestern und Brüder, und Ihnen liebe Damen und Herren, die sie gekommen sind, ein gesegnetes Neues Jahr 2014.

 

Anmerkungen

[1] Päpstliche Konstitution Gaudium et spes – Über die Kirche in der Welt von heute, Art. 1; abrufbar im Internet unter: http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19651207_gaudium-et-spes_ge.html.

[2] Weitergabe des Glaubens an die kommende Generation – Beschlüsse der Diözesansynode Rottenburg-Stuttgart, Bischöfliches Ordinariat Rottenburg (Hrsg.), Ostfildern 1986, Nr. I, Art. 28, S. 38; abrufbar im Internet unter: http://pastorale-konzeption.drs.de/fileadmin/HAIV/Aktuelles/Dioezesansynode.pdf.

[3] Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium des Heiligen Vaters Papst Franziskus an die Bischöfe, an die Priester und Diakone, an die Personen des geweihten Lebens und an die christgläubigen Laien über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute, Art. 1.

[4] Ders. Art. 47.

[5] Abrufbar im Internet unter: http://www.drs.de/dioezese/dioezese-in-zahlen.html

[6] Ebd.

[7] In einer Vielzahl von Vollversammlungen und Ausschuss-Sitzungen, aber auch als Bindeglied hin zu den Kirchengemeinden und Dekanaten wirkt der Diözesanrat in wichtiger Weise. So möchte ich auch heute dem Diözesanrat, in dem auch der Priesterrat integriert ist, für sein Wirken als Pastoralrat, Katholikenrat und Kirchensteuervertretung danken. Gemeinsam konnten in den letzten Jahren viele Herausforderungen angegangen und in einem hohen Maße bewältigt werden. – So galt es unter anderem mit den Auswirkungen aus der Finanz- und Wirtschaftskrise und dem daraus resultierenden Kirchensteuerrückgang von zusammen zehn Prozent in 2009 und 2010 aktiv umzugehen. Das trotz dieses Rückgangs die Zuweisungen an die Kirchengemeinden und die Budgets des Diözesanhaushalts ganz im Sinne der Arbeitsplatzsicherung gehalten und insbesondere zur Abdeckung der Tarifentwicklungen gesteigert werden konnten, war Teil einer langfristig orientierten Ausrichtung. Dabei ging es nicht primär um Finanzzahlen als solches, sondern um die Ermöglichung von pastoraler, karitativer und weiterer kirchlichen Aufgabenerfüllung. Die Ermöglichung einer möglichst guten Seelsorge an den Menschen war und ist das Ziel. Deshalb sind auch der Dialogprozess und die Gemeindeentwicklung so wichtig; damit ebenso die Frage, wie es auch in heutiger Zeit gelingt, eine Pastoral der Nähe sicherzustellen. Wo beispielsweise katholische Schulen, Kindergärten und Seniorenzentren in unserer Gesellschaft Akzeptanz finden, da leistet dies einen wichtigen Beitrag für die Akzeptanz der Kirche insgesamt.

[8] Ein wesentlicher Grund, dass dies bisher nicht geschehen ist, ist die in den in öffentlichen Verwaltungen bislang übliche kameralistische Buchführung, in der bisher keine Bewertung von Immobilien des Bistums, vorgenommen wurde. Diese Immobilien – zum Beispiel die dem Bistum gehörende Konviktskirche Ehingen – sind meist nicht veräußerbar, d.h. deren Werte sind nicht realisierbar. Ebenso verhält es sich mit der Bewertung der Kunstwerke und des Diözesanmuseums.

[9] Evangelii gaudium Art. 58.

[10] Vgl. „Sozialwohnung neben Luxus-Loft“, Stuttgarter Zeitung vom 14.12.2013; abrufbar im Internet unter: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.staedtebau-in-stuttgart-sozialwohnung-neben-luxus-loft.61864b01-b434-4674-a370-1fe6150a2ca8.html.

[11] Die durchmischten Quartiere haben aus Sicht des Siedlungswerks zwei grundlegende Vorteile: Erstens entsteht geförderter Wohnraum, ohne soziale Brennpunkte zu produzieren. Zweitens sind gemischte Viertel eine der wenigen Möglichkeiten, wirtschaftlich günstige Wohnungen zu bauen. Sozialer Wohnungsbau wäre aus finanzieller Sicht nicht machbar.

[12] vgl. Mitteilung der Bischöflichen Pressestelle vom 13. Oktober 2013; abrufbar unter: http://www.drs.de/service/presse/a-martinskloster-als-herberge-fuer-syrische-00005142.html

[13] Neben den vielen Gläubigen, die jedes Jahr zum Blutfreitag hierher kommen, zählt dieser Ort jährlich ja weit über 100.000 Pilger. Zudem liegen Basilika und Kloster an dem 1.600 Kilometer langen Pilgerweg durch die Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die „via sancti martini“ verbindet den Geburtsort des Heiligen in Szombathely in Ungarn mit seiner Grablege in Tour in Frankreich. Auf ihm kann eine pilgernde Kirche erfahrbar werden, die aus dem Geist des Heiligen Martin sich in Taten verwirklicht, für die er selbst steht. Er hat ja selbst erlebt und vorgelebt, was Christus uns sagt: „Was ihr dem Geringsten meiner Schwestern und Brüder getan habt, das habt ihr mir getan!“ Hierfür ist er uns Zeuge und Vorbild und Fürsprecher. So soll das Kloster ein Ort der Seelsorge und der Gastfreundschaft für Pilger werden.
Weitere Elemente dieser Gesamtkonzeption sind ein Café der St. Elisabeth-Stiftung im Torbau, wo auch für leibliche Gastfreundschaft gesorgt sein wird. Die Akademie wird mit einer „Kulturstation Martinsberg“ mit Ausstellungen, Konzerten, Bildungsveranstaltungen und anderen kulturellen Angeboten präsent sein. Bestehende Gruppen und Kreise, die auf dem Martinsberg leben und arbeiten sollen vernetzt werden: z. B. in Zusammenarbeit mit der Katholisch-Evangelischen Hochschulgemeinschaft, mit den Ämtern der Schuldekanate und mit der Kirchengemeinde St. Martin. Auch wird die Geschäftsstelle des Dekanats im Kloster angesiedelt. So soll der Martinsberg als „Herzkammer“ Oberschwabens für die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfahrbar gemacht werden.

[14] Die Migrationsberatung der Caritas in verschiedenen Regionen steht für eine breite Facette von fachlichen und finanziellen Hilfen. Der Caritasverband betreut viele hundert Flüchtlinge in städtischen Immobilien und leitet teilweise auch solche Einrichtungen. Für die Begleitung und vielgestaltige Unterstützung der Flüchtlinge stehen den hauptamtlichen Kräften eine große Zahl von Ehrenamtlichen zur Seite. Hierzu sind unter dem Titel „Flüchtlingshilfe“ vom Diözesanrat Mittel in erheblichem Ausmaß bewilligt. Flüchtlingshilfe ist ohne Geld unmöglich. Auch hier muss das Geld, das der Kirche zur Verfügung steht, dienen – im Dienst an den Menschen und zu ihrem Heil. Ich möchte ausdrücklich noch eine weitere Beratungsstelle in Stuttgart nennen die unter dem Namen REFUGIO bekannt ist.
Weitere Projekte, die noch in der Planung sind, sowie Hilfen von Kirchengemeinden, von Pfarrern und Freundeskreisen dürfen nicht vergessen werden. Ebenso wenig die zahlreichen Spender und Spenderinnen, die über Caritas International allein im Libanon für syrische Flüchtlinge sechs Millionen Euro zur Verfügung gestellt haben. Es würde zu weit führen, wenn ich alle nennen wollte. Wir sind dabei eine diözesane Übersicht zu erarbeiten, die dann in geeigneter Weise der Öffentlichkeit vorgestellt wird.

[15] Tagesmeldung von Radio Vatikan vom 8. Dezember 2013; abrufbar im Internet unter: http://www.radiovaticana.va/tedesco/tedarchi/2013/Dezember13/ted08.12.13.htm. – Die theologische und biblische Begründung stellte ich in meiner Predigt in Weingarten beim Martins-Kongress; bei meiner Predigt zum Eröffnungsgottesdienst des Monats der Weltmission in Heilbronn und in der Weihnachtspredigt St. Eberhard dar; abrufbar im Internet unter: http://www.drs.de/bischof/predigten.html.

[16] Evangelii Gaudium zum Auftrag missionarisch Kirche-Sein zu leben: Der Bischof muss immer das missionarische Miteinander in einer Diözese fördern, indem er das Ideal der ersten christlichen Gemeinden verfolgt, in denen die Gläubigen ein Herz und eine Seele waren (vgl. Apg 4,32). Darum wird er sich bisweilen an die Spitze stellen, um den Weg anzuzeigen und die Hoffnung des Volkes aufrecht zu erhalten, andere Male wird er einfach inmitten aller sein mit seiner schlichten und barmherzigen Nähe, und bei einigen Gelegenheiten wird er hinter dem Volk hergehen, um denen zu helfen, die zurückgeblieben sind, und – vor allem – weil die Herde selbst ihren Spürsinn besitzt, um neue Wege zu finden. (vgl. Evangelii Gaudium Art. 31)

[17] Ders. Art. 25.

[18] Ders. Art. 14.

[19] Ders. Art. 27; vgl. auch ders. Art. 25: „Es gibt kirchliche Strukturen, die eine Dynamik der Evangelisierung beeinträchtigen können; gleicher Weise können die guten Strukturen nützlich sein, wenn ein Leben da ist, das sie beseelt, sie unterstützt und sie beurteilt. Ohne neues Leben und echten, vom Evangelium inspirierten Geist, ohne „Treue der Kirche gegenüber ihrer eigenen Berufung“ wird jegliche neue Struktur in kurzer Zeit verderben.“

[20] Ders. Art. 30.

[21] Ders. Art. 31.

[22] Ebd.

[23] Ebenso müsse der Bischof offene Ohren haben, um zu hören, „was der Geist den Gemeinden sagt“ (Offb 2,7), er müsse die Stimme der Schafe hören, auch durch jene diözesanen Einrichtungen, die die Aufgabe haben, den Bischof zu beraten, indem er einen loyalen und konstruktiven Dialog fördert“, Papst Franziskus: Ansprache an die neuernannten Bischöfe. 19.09.2013; abrufbar im Internet unter: http://www.vatican.va/holy_father/francesco/speeches/2013/september/documents/papa-francesco_20130919_convegno-nuovi-vescovi_ge.html.

[24] Perspektiven einer Dialogischen Kirche – Abschlussdokumentation des Dialog- und Erneuerungsprozesses, Geschäftsstelle Dialogprozess (Hrsg.), Rottenburg 2013; abrufbar im Internet unter: http://www.drs.de/fileadmin/drs/documents/profil/schwerpunkte/20131031_dialogprozess_perspektiven.pdf.

[25] Vgl. meine Heilig-Geist-Predigten, insbesondere die Heilig-Geist-Predigt in den Arbeitshilfen zum Dialogprozess: „Erneuert euren Geist und Sinn“ (und zieht den neuen Menschen an)

[26] Die Rückmeldungen im Dialogprozess und die Ergebnisse der PRAGMA-Studie haben gezeigt, wie sehr sich die Katholikinnen und Katholiken unserer Diözese um die Zukunft der Gemeindeseelsorge sorgen. Doch die Ergebnisse beider Erhebungen lassen eine hohe Identifikation der Gläubigen mit der Kirchengemeinde vor Ort erkennen. Die Katholiken in unserer Diözese möchten eine Kirche im pastoralen Nahraum und sehnen sich nach einem direkten pastoralen Angebot vor Ort. Die Bildung von größeren Einheitsgemeinden und die Einrichtung zentraler Gottesdienstorte, wie sie in anderen Diözesen vollzogen wurde, erfüllt sie mit Sorge. Dennoch ist die Weiterentwicklung der bestehenden pastoralen Konzepte vor Ort nötig und wird von den Katholikinnen und Katholiken auch durchaus erwünscht. Das Projekt Gemeinde, das ich 2011 zusammen mit dem Diözesanrat eingesetzt habe und das weiterhin „Höchstpriorität“ besitzt, hat hierzu bereits vieles auf den Weg gebracht.

[27] Das bedeutet, dass die bereits vorhandene Zahl der Ansprechpartner/-innen – zurzeit zirka 25 – sukzessive erhöht wird. So wird die Diözese Rottenburg-Stuttgart 30 neue geeignete Personen anstellen, die die Erziehungszeit der derzeit 30 Gemeindereferenten/-innen, die derzeit nicht zur Verfügung stehen ausgleichen können. Die sukzessiven Anstellungen führen in 30 Seelsorgeeinheiten zur Besetzung unbesetzter, aber im Stellenplan vorhandener Stellen. Dies führt zu einer erheblichen Verbesserung der Personalsituation.

[28] Abrufbar im Internet unter: http://poy.time.com/2013/12/11/person-of-the-year-pope-francis-the-peoples-pope/, 11. Dezember 2013.

[29] Evangelii gaudium Art. 30.

[30] Und Papst Franziskus fährt fort: „Ihre Freude, Jesus Christus bekannt zu machen, findet ihren Ausdruck sowohl in ihrer Sorge, ihn an anderen, noch bedürftigeren Orten zu verkünden, als auch in einem beständigen Aufbruch zu den Peripherien des eigenen Territoriums oder zu den neuen soziokulturellen Umfeldern. Sie setzt sich dafür ein, immer dort gegenwärtig zu sein, wo das Licht und das Leben des Auferstandenen am meisten fehlen. Damit dieser missionarische Impuls immer stärker, großherziger und fruchtbarer sei, fordere ich auch jede Teilkirche auf, in einen entschiedenen Prozess der Unterscheidung, der Läuterung und der Reform einzutreten.“ Evangelii Gaudium Art. 32.

 

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