Bischof Dr. Gebhard Fürst: Oberschwaben: Kultur-Region als Lebenswelt und Glaubenswelt 2011

Langenargen, Oberschwaben

Oberschwaben – eine Region besonderer Art

Oberschwaben ist wirklich ein besonderes Land. Es will entdeckt wer-den. Aber auch gewürdigt werden. Oberschwaben ist ein gleichermaßen liebenswürdiger und prosperierender Landstrich.
Sie wissen, dass ich aus dem sogenannten Unterland stamme. Bereits als Direktor der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart ist mir vor über fünfundzwanzig Jahren zum ersten Mal ein Spezifikum Oberschwabens begegnet: der Blutritt in Weingarten – für einen Bietigheimer aus der traditionsarmen Diaspora Stammenden und viele Jahre im protestantisch geprägten Stuttgart Lebenden zunächst etwas Fremdes. Ein Journalist fragte mich, wie ich den Blutritt, empfinden würde. „In Stuttgart könnte so was nicht stattfinden“, sagte ich etwas ratlos. Der Zeitungsmensch hat meinen skeptischen Satz aber positiv und mit offensichtlicher Freude aufgenommen. Aus dem skeptisch eingefärbten Satz aber wurde - zu meinem Glück! - eine stolze Schlagzeile: „In Stuttgart wäre so etwas nicht möglich, sagte der neue Akademiedirektor anerkennend!“
Als Unterländer habe ich Oberschwaben in den letzten fünfundzwanzig Jahren Schritt für Schritt entdecken gelernt. Als einer, der der Architektur der Romanik und der Gotik zugetan war und bis heute ist, hat sich mir der jubelnde, Lebensfreude ausstrahlende oberschwäbische Barock erschlossen, und ich habe dieses „hügelige Land vor dem großen See“ (Wehling) schätzen und lieben gelernt. Und so möchte ich Ihnen - in der Reihe der Oberschwaben-Reden - zuallererst eine persönliche Rede halten. „Oberschwaben: Kultur-Region als Lebenswelt und Glaubenswelt“, habe ich sie überschrieben.

Sie haben mich als Bischof der Diözese eingeladen. So will ich auch als Bischof eine Rede halten, der auf dieses Land schaut, das zu seiner Diö-zese gehört. Ich will also nicht über irgendetwas reden, sondern über Oberschwaben und den Bodenseeraum, insofern es mit der Person, dem Amt und dem besonderen Blick eines Bischofs auf dieses Land zu tun hat. Dabei kann ich nicht alles, was möglich wäre, in den Blick nehmen, sondern nur eine, mir allerdings sehr zentrale Facette Oberschwabens und dieser Region anschauen.

Oberschwaben und Religion konkret nehme ich in den Blick. Nicht über Pastoralkonzepte und die gegenwärtige Situation der Kirche werde ich reden, sondern in einer spezifischen Weise, die Sie vielleicht überraschen mag: Persönlich gefärbt, theologisch reflektiert und unserer Zeit - einer schwierigen Zeit der katholischen Kirche - durchaus zugewendet: Reden werde ich über Religiöses, - christkatholisch Religiöses - und das ganz konkret in einem säkularen Zeitalter, in dem natürlich auch die Lebens- und Glaubenswelt dieser Region liegt und lebt.

Aber ich werde dann auch zeigen, wie in diesem religiösen Leben und Er-Leben zutiefst menschliche, archetypische Dimensionen sichtbar und erlebbar werden. Wie hier Humanität im besten Sinne des Wortes verwurzelt, erfahren, vererbt und gelebt werden kann. Ich habe diese Perspektive gewählt, weil der Mensch ohne Religion, ohne Transzendenz, ohne das Heilige in seinem Leben degeneriert und unter sein Menschsein zurückfällt, und weil diese Wirklichkeiten heute besonders gefährdet sind.

Vielleicht sind die Menschen hier deshalb etwas glücklicher, weil sie in dieser vom Religiösen imprägnierten Kulturlandschaft aufgewachsen sind und leben? Weil ihre Heimat hier ist, hier ihre Wurzeln liegen? Weil hier das Heilige, wie wir das uns unbedingt Angehende, das ganz Andere nennen, in der Kulturlandschaft präsent ist – verborgen und doch wirkungsvoll und heilsam anwesend?

1. Die neue Entdeckung Oberschwabens
1.1 Kulturlandschaft

So wie es mir vor Jahren mit meiner eigenen Entdeckung Oberschwabens erging, so ergeht es heute Menschen einer besonderen Zunft, den Journalisten und den Statistikern. Sie entdecken das Besondere Oberschwabens. Sie spüren dem nach, was das Land ausmacht. Oberschwaben findet so deutschlandweit in den Medien eine positive Beachtung und Wertschätzung, wie bisher nie.

Im Mai 2008 hat die Region Oberschwaben den Bundespreis „Landschaft 2008“ der deutschen Stiftung Kulturlandschaft gewonnen. Ein großer Artikel der Stuttgarter Zeitung mit dem Titel „Schöne Grüße an den Rest der Republik“ (R. Bäßler) würdigt dieses Ereignis und schreibt als Fazit: „Keine andere deutsche Region verbindet ... ihre bäuerlich geprägte Kulturlandschaft besser mit einer zukunftsträchtigen Wirtschaft und lebenswerten sozialen Strukturen.“

1.2 Landstrich prosperierender Industrie und Wirtschaft

Genauso wie Oberschwaben als Kulturlandschaft neu entdeckt wird, wird Oberschwaben entdeckt als Region prosperierender Wirtschaft und innovativer, leistungsstarker Industrie, beileibe nicht nur Tourismus, sondern führende Spitzentechnologien unterschiedlichster Branchen. Kein Wunder, dass die Arbeitslosigkeit hier mit zwischen 2,5 und 2,7 % so niedrig ist wie nirgendwo in der Republik. Hier herrscht Vollbeschäftigung dank einer diversifizierten industriell-wirtschaftlichen Landschaft. Dabei hat Baden-Württemberg zusammen mit Bayern - und natürlich Oberschwaben - die meisten Feiertage (12) in Deutschland. Hier wird zugleich mehr gefeiert und mehr geleistet. Ein interessanter und sprechender Zusammenhang! Es kommt also nicht auf die quantitative Arbeits-Zeit, sondern auf die Qualität der Menschen, die produzieren und innovatorisch tätig sind, an. Und - so scheint mir - die Qualität der Arbeit, die Leistungsfähigkeit der Menschen und der Wirtschaft steigt mit der Qualität der Kultur von Raum und Zeit in Oberschwaben, die Identität stiftet und so die Menschen stärker macht. Deshalb möchte ich der Qualität der Kultur dieses Landstriches in einigen Facetten nachspüren.

Auf der großen Reportagenseite der Stuttgarter Zeitung vom 24. September 2010 schreibt Jan Georg Plavec unter der Überschrift. „Das fremde Land im Süden“: „Oberschwaben gehört zu den gesündesten Gegenden der Republik. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig, die Geburtenrate liegt hingegen deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Nirgendwo sonst in Baden-Württemberg werden mehr Patente angemeldet, nirgendwo gibt es so viele Ökobauern. Diese Umstände führen unterm Strich dazu, dass in Oberschwaben laut der Perspektive Deutschland die glücklichsten Menschen der Republik leben.“ So die StZ 2010! Und die große Wochenzeitschrift DIE ZEIT, mit einer Auflage von 500.000, titelte in einem Essay über den Oberschwäbischen Pilgerweg am 21. September 2011: „Einzug ins gelobte Ländle.“

2. Oberschwaben als Sakrallandschaft
Im Landesdenkmalamt Stuttgart firmiert Oberschwaben als Sakrallandschaft. Oberschwaben als Sakrallandschaft taucht auch auf im Buch „Geschichte Baden-Württembergs“ von Hans-Georg Wehling, im Artikel des Tübinger Professors Sönke Lorenz: „Klöster und Stifte“. Sakral heißt heilig, heißt auf einen religiösen Kult bezüglich, zu ihm gehörig. Der Gegensatz ist profan. Sakrallandschaft bedeutet also: eine Landschaft, die eine Bezogenheit auf Religiöses, auf Transzendenz, auf christliche Religion ausstrahlt. Sakrallandschaft heißt eine Kultur-Landschaft, wo dem Menschen gewissermaßen „von Außen“ her religiöse Impulse für sein „Innenleben“, für den inneren geistigen Menschen gesetzt werden: Neue Impulse, Anregung, Inspiration, Erinnerung, Wachrufung von Schlummerndem, Entdeckung von Verschüttetem, Resonanz von längst Verdrängtem. In der ober-schwäbischen Sakrallandschaft sind all das Dimensionen des christlich Religiösen.
In einer Sakral-Kulturlandschaft kommt Heiliges, Vorgegebenes vor, das nicht ein eigenes, persönliches Produkt ist, sondern das der Mensch und Zeitgenosse sich schenken lassen darf. Ein Land, in dem das Heilige mitten in der profanen und säkularen Welt anschaulich und erlebbar ist.

Oberschwaben: kein Heiliges Land, wie die terra sancta palästina, aber eine vom Religiösen bzw. der christlichen Religion mitgeprägte Kulturlandschaft, in der Heiliges aufscheint, sich vergegenwärtigt, bezeichnet wird. Oberschwaben ist eine Land-Kultur-Region, die eine sichtbare Bezogenheit auf Heiliges auszeichnet.

Meine Damen und Herren, in unseren Tagen entwickelt sich eine neue Sensibilität für das Heilige. Ein Künstlerwettbewerb der Erzdiözese Freiburg zum Thema „HEILIG“ hat mit zweihundert Einsendungen eine so große Beteiligung wie noch nie bei einem Wettbewerb erfahren. Es gibt offensichtlich eine Sehnsucht, eine Ansprechbarkeit für Heiliges, nicht Selbstgemachtes, nicht Produkthaftes bei den zeitgenössischen Menschen. Künstler haben dafür eine besondere Wachheit! Dem Heiligen begegnen in der säkularen Welt, sächlich - personal - inhaltlich: Das ermöglicht die Sakrallandschaft Oberschwaben und der Boden-seeraum.

Aber wo ereignet sich diese sichtbare Bezogenheit der Sakrallandschaft auf Heiliges? Es ereignet sich in Zeichen, in Sinn-Bildern, die es in Oberschwaben in großer Zahl und in großer Vielfalt gibt.


3. Oberschwaben als Land der Sinn-Bilder

Meine Damen und Herren, es geht mir nicht darum, Oberschwaben zu romantisieren oder unter nostalgischem Blickwinkel zu betrachten oder allein auf die Dimension „Sakrallandschaft“ festzulegen. Sondern darum, solche Sinn-Bilder des Heiligen zu entdecken und ihnen neu zu begegnen und sich von ihnen her inspirieren zu lassen; zur Stärkung der Identität und so auch zur Vermittlung von Kraft, um das Leben zu bestehen. Eine erste Facette dieser Sakrallandschaft ist daher:

3.1 Oberschwaben als Land der Feldkreuze, der Kapellen, der Bildstöcke, der Kreuzwege und Prozessionswege

Oberschwaben ist neben der High-Tech-Industrie auch das Land der Feldkreuze, der Kapellen, der Bildstöcke, der Kreuzwege und bezeichneten Prozessionswege. Oberschwaben ist damit ein Land der Sinn-Bilder. Meine vielen Autofahrten, aber auch Fußwanderungen als Bischof durch das Land hier haben mir einiges von diesen Zeichen und Sinn-Bildern vermittelt. Ihre Fülle, ihre Vielfalt, ihre Eindrücklichkeit sind bewundernswert. Sie fahren selbst auf den großen Straßen keine fünf Kilometer durch Oberschwaben, ohne dass Sie irgendwo einen Kirchturm, eine Kapelle, einen Bildstock oder ein Wegkreuz sehen. Wer durch Oberschwaben fährt oder wandert, der erfährt, erblickt, dass er oder sie hier durch eine von christlicher Kultur geprägte Landschaft fährt, wandert oder pilgert. Diese Landschaft ist das, was sie ist, auch wesentlich durch die Zeichen, die in ihr aufgerichtet sind. An den Wegen und Straßen, an der Kreuzungen und Häusern, in den Wäldern, auf den Feldern und Fluren, an den Wegen der Menschen – überall sind Zeichen am Weg, Zeichen des Lebens, Zeichen des Glaubens, religiöse Hinweise auf eine aus dem Alltäglichen herausragenden Wirklichkeit oder eine vom ganz Anderen zeugende Zeichenwelt. Sinn-Bilder, ohne die diese Region nicht so wäre und wirkte, wie sie ist, und was sie ausstrahlt.

Stiftung Wegzeichen - Lebenszeichen - Glaubenszeichen

Da und dort habe ich auf meinen Wegen in dieser Region immer mal wieder auch ein Feldkreuz oder ein anderes religiöses Weg-Zeichen gesehen, das verfallen war und zu verwittern drohte. Ich habe deshalb nach längeren Vorarbeiten am 1. Oktober 2006 eine Stiftung gegründet: Die Stiftung Wegzeichen - Lebenszeichen – Glaubenszeichen, um christliches Zeugnis in der Landschaft wertzuschätzen und bewahren zu helfen. Dazu habe ich geschrieben. „Zum Gesamtbild unserer vom Christentum und seiner Kultur geprägten Landschaft gehören nicht nur Kirchenbauten und Klöster, sondern auch ungezählte Kapellen, Wegkreuze und Bildstöcke. Gerade diese Wegzeichen zeugen von der Verwurzelung vieler Menschen in unserer Heimat in der christlichen Religion. – Sie erzählen Lebensgeschichten von Dankbarkeit, von Geburt und Taufe, über verschiedene Wege mit viel Arbeit, Mühe und Plage bis zum Lebensende, zu Sterben, Tod und ewigem Leben. Sie spiegeln die Suche nach Schutz und Segen Gottes in allen Lebenslagen. Andere Glaubenszeichen erflehen die Fürbitte des Gebetes für Verstorbene und sind so ein bewegender Hinweis auf Gedanken an die Ewigkeit Gottes, in die auch unser Leben mündet.“ Eine vom Christentum und seiner Kultur zeichenhaft in ihren Sinn-Bildern und durch sie geprägte Landschaft – das trifft besonders für Oberschwaben und diese Region zu.


Feldkreuze – Zeichen im Feld: Das Zeichen des Kreuzes

Hier in dieser Region finden Sie - um ein/das Beispiel für ein Sinn-Bild-Wegzeichen zu nennen - das Zeichen des Kreuzes in hundertfacher Ausführung in der offenen Landschaft wie in der städtischen Öffentlichkeit. Vielleicht ist es vielen Menschen hier so zur Gewohnheit geworden, dass es gar nicht mehr als Besonderheit auffällt und sie sich nichts Außergewöhnliches dabei denken.
Hier in Oberschwaben steht das Kreuz im öffentlichen Raum, in Vorgärten, an Weggabelungen, an Wald- und Wiesenwegen. Und das ist ja nicht irgendein Zeichen. Das Zeichen des Kreuzes ist das Zeichen des Christentums. Ein Zeichen, das hinweist auf den christlichen Glauben, hinweist auf das Leben und Sterben des Mannes aus Nazareth, der für die Gründerfigur der größten Weltreligion steht, das Christentum. Alle paar Kilometer des Weges erinnert das Kreuz am Wege daran. Manch einer oder eine hält innerlich inne, blickt auf das Kreuz, unterbricht (J. B. Metz: Religion als „Unterbrechung“) sein eigenes Sinnen und sieht auf dieses Sinn-Bild, das so anders ist als die Waren in den Supermärkten, die heute gekauft und morgen verbraucht sind und entsorgt werden. Das Sinn-Bild Kreuz vermittelt Sinn! Der Literatur- und Kulturwissenschaftler Eagleton sagt, dass der gekreuzigte Christus das stärkste und das wahrhaftigste Bild ist, das wir von der menschlichen Bedingung - von der conditio humana – haben: „Wer in diesem schreckenerregenden Bild eines gefolterten Unschuldigen nicht die historische Wahrheit erkennt, kann nur ein Anhänger jenes naiven Aberglaubens vom immerwährenden Fortschritt sein.“ An diese Conditio humana - an sich selbst und seine tiefste Existenzweise - wird der Mensch in dieser Landschaft auf Schritt und Tritt erinnert. Der Mensch ist wie Jesus am Kreuz, festgeheftet an vieles. Der Gekreuzigte: das ist seine conditio humana. Dass Gott in seinem Sohn - also er selbst im Menschen Jesus - diese unsere Conditio angenommen hat, einer vor uns geworden ist, das verwandelt uns, sagen und glauben die Christen. ER hat diese Conditio humana angenommen, er, der der Auferstandene ist. Der leidend Sterbende geht ein in ein neues Leben. Jeder, der sich selbst wie ans Kreuz genagelt vorkommt, weiß also, dass er zu neuem Leben erwachen wird. Das tröstet. Das gibt Sinn. Ein eigenes Erlebnis: Auf einem Feldkreuz habe ich einmal die Worte gelesen: „Schau her o Christ, wenn arg dir ist, wenn zagt dein Herz.“ Ich habe das vor vielen Jahren nicht nur gelesen, sondern in einer für mich nicht einfachen Situation als Trost empfunden. Oberschwaben das Land der Feldkreuze, eines der vielen Sinn-Bilder. Ein Landstrich, wo die Zeichen verkündigen. Ein Land der ewiges Leben verkündigenden Sinn-Bilder.

Sichtbare Zeichen für unsichtbare Wirklichkeit

Die Kultur-Region hier ist eine Lebenswelt für die Menschen - wo Zeichen verkünden, nicht bloß Worte. Dabei ist sie eine sehr moderne Kulturlandschaft, denn: „Es gehört zu den Zeichen der Zeit, dass wir in einer Zeit der Zeichen leben.“ Medienwissenschaftler sagen, wir seien auf dem Weg von einer Wort-Kultur zu einer Bild-Kultur. Sinn-Bilder sind die starken Zeichen einer Bild-Kultur! Es geht dabei um das Erkennen an und durch Zeichen, die direkt mit dem Glauben in Verbindung stehen. Zeichen weisen hin und vergegenwärtigen dadurch. Zeichen und Symbole vermitteln und enthalten Botschaften für den, der sie erblickt.

Feldkreuze sind sichtbare Zeichen christlicher Frömmigkeit und Spiritualität; sie sind Denkmale des Glaubens an schönen Orten, die einladen zu verweilen, zu einem huschenden Gedanken an Gott oder für ein stürmisches Gebet aus der Not des Herzens. Ernst Moritz Arndt sagt dazu: „Der Katholik versteht es wohl, wo sich recht beten lasst.“ Solche Sinn-Bilder sind heilige Zeichen, sind Zeichen des Heiligen. Nicht selbst das Heilige, sondern verkündigende Zeichen für diese Dimension des Unverfügbaren, eines Lebens-Sinnes, ohne den kein Mensch Mensch bleiben kann.

Johannes Tauler, ein großer deutscher Mystiker (1300-1361) sagt, um Sinn zu finden und zur Wahrheit zu gelangen, dürfe man die Sinnzeichen nicht abtun, man dürfe „den Sinnenbildern nicht zu früh Urlaub geben“. Er schreibt: „Es gibt manche in dieser Zeit, die den Sinnenbildern zu früh Urlaub geben, ehe Wahrheit und Erkenntnis sie darüber hinausgeführt; darum können sie die rechte Wahrheit kaum oder vielleicht niemals mehr begreifen.“

Gespür und Sensus für das Heilige wird durch Sakrallandschaft mit ihrem in Bezug zum christlich Religiösen in Beziehung stehenden, durch Wallfahrt und religiöses Brauchtum wie auch durch Heiligenverehrung gefördert oder gar erst geweckt. Dieses Heilige gilt es zu fördern. Der Beachtung und Förderung gilt der Verheißung des Buches der Weisheit der hebräischen Bibel: „Wer das Heilige heilig hält, wird geheiligt, und wer sich darin unterweisen lässt, findet Schutz.“ (Weisheit 6,10) Kein Geringerer als Emil Graf Dürkheim macht die heutige Gesellschaft „entgegen säkularisierungs-theoretischen Annahmen auf die symbolisch-religiösen, sakralen, rituellen und vitalistischen Phänomene und Grundlagen gegenwärtiger Lebenswelten“ aufmerksam. Und die Süddeutsche Zeitung macht auf einen vom damaligen Kardinal Ratzinger geprägten Satz aufmerksam: „Wo die Ehrfurcht vor dem Heiligen zerbrochen wird, geht in einer Gesellschaft Wesentliches zugrunde.“

3.2 Land der Pilgerwege
Die Spurensuche des Heiligen in den Sinn-Bildern des christlich Religiö-sen wird dadurch erleichtert, dass Oberschwaben auch das Land der Pilgerwege und der Wallfahrten ist. Durch diese Region führen viele Pilgerwege!

3.2.1 Pilgerwege
Der Jakobusweg
Der Jakobusweg, der 1000 Jahre alte Pilgerweg nach Santiago de Compostela, führt durch Oberschwaben! Ich bin selbst durch ganz Oberschwaben bis zum Bodensee auf dem Jakobsweg gepilgert und in vielen inspirierenden Kirchen und gastlichen Herbergen eingekehrt. Zunächst von Ulm herkommend nach Bad Waldsee über Weingarten, Tettnang nach Kressbronn, wo ich meine Jakobuspilgerschaft auf den Pilgerweg nach Santiago de Compostella im Jahre 2010 durch die Diözese zunächst beendet habe.

Der Martinusweg
Seit Mai diesen Jahres 2011 verläuft der Martinusweg durch diese Kulturregion, den bei uns auszubauen ich angeregt und gefördert habe. Die Neueinrichtung des Martinusweges ist kein nostalgisches Gehabe, keine frömmlerische, folkloristische Spielerei. Sondern dieser Weg ist Ausdruck einer tiefen Dimension des eigenen Lebens, Pilger zu sein auf der Spur eines Anderen: des heiligen Martin.
Martinus ist der Patron der Diözese und Leitfigur der Pastoral im Zeichen der Mantelteilung. Der Geburtsort des heiligen Martin, Szombathely in Ungarn, und der Ort der Grablege in Tour in Frankreich, wurden bald nach seinem Tod zu Orten der besonderen Verehrung und zum Zielpunkt unzähliger Pilgerreisen. Im Jahr 2005 hat der Europarat den Martinusweg („Via Sancti Martini“) zwischen beiden Orten in die Liste der Kulturwege aufgenommen. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart hat diesen Kulturweg zu einem Pilgerweg ausgebaut. Insgesamt umfasst er ca. 1600 km Pilgerweg durch unsere Diözese. Er macht an den vielen Martinskirchen der Diözese Station, und verbindet sie – auch hier in dieser Region. Er führt auf unserem Diözesangebiet von Tannheim an der Iller über Ochsenhausen, durch ganz Oberschwaben zum Martinsberg und zur Martinskirche des Klosters Weingarten und durch den Bodenseeraum bis Friedrichshafen. Wer hier pilgert, der kann sich einüben in das Geistliche der Gestalt des heiligen Martin, eines Mitbegründers des christlichen Europas. Drei Dimensionen sind mir dabei wichtig:

– das Kreuz weist den Weg,
– Martin veranschaulicht den Weg der Nächstenliebe,
– der Weg, die Gestalt des heiligen Martin wird körperlich und geistlich erfahren.

Die Glaubenden der Generationen vor uns und ganz besonders Heilige wie Martin von Tour leiten uns auf unserem Glaubensweg durch ihr Vor-Bild, durch das Sinn-Bild ihrer Lebens-Gestalt. Auf dem Martinsweg wird das erfahrbar. Der Weg wird zu einer verändernden Erfahrung und lässt die Pilger ihren ganz persönlichen Zugang zum heiligen Martin von Tours, den großen Gründungsheiligen eines christlichen Europa entdecken.

Der Kapellenweg Fronreute-Wolpertswende
Als weiteren Pilgerweg möchte ich noch den von mir vor einigen Jahren eingeweihten Kapellenweg Fronreute-Wolpertswende anführen. In der Hinführung heißt es: „Hunger, Pestilenz und Todtsnöten, aber auch ein tief verwurzelter Glaube an die göttliche Vorsehung oder der Dank für eine erhörte Bitte haben die Menschen seit Jahrhunderten veranlasst, dieses schöne Fleckchen Erde mit einer Vielzahl von Kapellen, Bildstöcken und Feldkreuzen zu überziehen. (…) In den Kapellen des Kapellenweges werden Sie auf bezaubernde Zeugnisse der Volksfrömmigkeit stoßen: ungelenke Figuren mit liebreizender Anmut oder heiliger Einfalt, die ausladende Pracht barocker Lebensfreude oder die süßlichen Darstellungen des 19. Jahrhunderts. Jede Kapelle erzählt ein Schicksal oder gibt Einblick in eine Zeit, die seit dem Dreißigjährigen Krieg geprägt war von Hunger, Pestilenz und Todts-Nöthen.“

Der Oberschwäbische Pilgerweg
Die ZEIT schrieb vor wenigen Wochen in ihrem Artikel über den oberschwäbischen Pilgerweg: „Das Ziel des jüngst gegründeten Oberschwäbischen Pilgerweges ist es, die üppigen Barockkirchen, Wallfahrtsorte und Klöster miteinander zu verknüpfen. Die Initiatoren sagen: ‚Das sind Gnadenstätten, an denen wir Gott in ganz besonderer Weise erfahren können.’“ Inzwischen ist dieser Pilgerweg - unter dem Motto: Gehen – Beten – zu sich und zu Gott finden - auf 1014 Kilometer angewachsen. Die Gründer des Oberschwäbischen Pilgerweges schreiben: „Viele Menschen sind unterwegs. Suchend nach dem Sinn des Lebens, suchend nach Gott. Das Wallfahren und Pilgern gewinnt - wer hätte das vor Jahren gedacht - wieder an Bedeutung. Es kommt den wachsenden Bedürfnissen der Menschen nach Sinn-Suche entgegen.“ Oberschwaben birgt dabei ganz besondere Schätze. Zahlreiche bekannte, aber auch vergessene Gnadenorte, Wallfahrtskirchen und Klöster sind Zeugnisse christlichen Lebens und Glaubens und laden geradezu zum Pilgern und Wallfahren ein. Über hundert Wallfahrtsorte, Klöster und geistliche Zentren wurden zum Oberschwäbischen Pilgerweg miteinander vernetzt und öffnen gerne ihre Türen für Pilger, um so religiöses Leben erfahrbar - „begehbar“ - zu machen.

3.2.2 Religiöses Erlebnis des Unterwegsseins
Das Erlebnis des Unterwegsseins auf Wallfahrts- und Pilgerwegen vermittelt noch eine ganz andere eigene Erfahrung: Dass nämlich Kirche selbst immer unterwegs und nie fertig ist.

Kirche ist immer auf dem Weg
Schon die ersten Christen sahen sich als Kirche unterwegs. Sie wurden „Anhänger des neuen Weges“ (Apg 9,2) genannt. Sie gingen dabei nicht irgendwie los, sondern sie wussten: „Wir haben eine Wegbeschreibung: Es ist der Weg Jesu selbst!“ Auf Seinen Weg haben sie sich begeben. Jesus Christus sagte von sich selbst: „Ich bin der Weg!“ (Joh 14,6) Der Weg Jesu Christi ist der „neue Weg“, den Christen gehen. Auch heute.

Pilgernde Kirche
Zum Wegprofil gehört weiter, dass Christen auf dem Weg realistisch genug sind, um zu wissen, dass sie das Ziel, den Weg Jesu selbst, in der eigenen Existenz, zu gehen, nie ganz erreichen können, sondern stets Pilger bleiben werden. Das macht Christen und Kirche demütig. Die Gemeinschaft der Glaubenden hat sich von Anfang an als pilgernde Kirche erfahren. So versteht auch das Zweite Vatikanische Konzil die Spiritualität der Kirche: Kirche ist das auf dem Weg Jesu Christi pilgernde Gottesvolk.

Meine Damen und Herren, wenn ich als Bischof selbst großen Wert auf das Pilgern lege und immer wieder selbst mit verschiedensten Gruppen zu Wallfahrten und Pilgerwegen aufbreche, hat das hier seinen Grund: Das Bild vom pilgernden Gottesvolk ist nicht nur graue Theorie, es soll im gestalteten Zusammensein von Christen lebendig erfahrbar werden. So wird es seine Wirkung auf das Leben und Glauben der Christen entfalten. Verlebendigen wir diese Erfahrungen, Kirche auf dem Weg zu sein, damit wir erleben, was wir glauben!

Ich komme zu einem letzten Abschnitt:

4. Das Erlebnis der Kirchen und der Kirchenräume
Jedes Jahr strömen zahlreiche Touristen, Gottesdienstbesucher und Pilger in die Kirchen und Klosteranlagen Oberschwabens und lassen sich begeistern von der Schönheit und dem Glanz der Architektur der Kirchen und ihrer künstlerischen Ausgestaltung durch Maler und Bild-Hauer. Viele Menschen versammeln sich im Gotteshaus zum Gebet, finden mit ihren Nöten und Sorgen, aber auch ihrem Dank und ihrer Freude einen Ort.

Kirchen waren und sind seit jeher mehr als nur Versammlungs-Räume. In ihnen verdichten sich die unterschiedlichen Dimensionen der Suche von Menschen nach einer Begegnung mit Gott. Zweifelsohne sind es Räume der Stille, der Sammlung und zugleich des Rückzugs in einer oft so schnelllebigen und lauten Welt. So wird die Kirche zu einem Ort der Orientierung und der Begegnung mit sich selbst inmitten der Hektik des Alltags. Der Kirchenraum öffnet dabei die Welt auf die Transzendenz Gottes hin. Menschen brauchen solche Orte. Gerade in diesen Tagen sind wir mit einem tiefen kulturellen und gesellschaftlichen Umbruch konfrontiert. Überall zerbrechen Selbstverständlichkeiten und die Menschen machen sich neu auf die Suche nach Werten und Zielen in ihrem Leben. Es ist Aufgabe der Kirche, aller Christen, suchende Menschen mit dem Gottesgeheimnis in Berührung zu bringen. Kirchengebäude können dabei wertvolle Hilfe leisten. Ja, sie sind Helfer in einer missionarischen Pastoral: „Denn eine Kirche ist im gewissen Sinne auch ein Ort, an dem ‚Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute’ ihren Platz haben (GS 1). Ein geöffnetes und einladendes Kirchengebäude beglaubigt den Willen, missionarisch Kirche zu sein.“
Unsere Kirchenräume sind zugleich auch öffentliche Orte. Mit ihnen wurden Zeichen der Hoffnung und der Erwartungen für die Lebensgeschichte gesetzt. Sie sind Ausdruck des religiösen Selbstbewusstseins der Bauherren, der (Kirchen-)Gemeinden und Klöster. So galten Kirchen beispielsweise stets als Asylorte und damit als Schutzräume für die Freiheit, damals und auch heute. Nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 suchten Menschen nachts spontan Kirchenräume auf. Besonders Jugendliche fanden in den Gotteshäusern einen Ort, wo sie ihre Sorgen und Angst vor Krieg und Terror ausdrücken konnten . Stätte von öffentlicher Trauer, Klage und Sehnsucht nach Frieden können die in Stein gemauerten Kirchen sein.

Seit Generationen kommen die Menschen in Gemeinschaft zusammen und versammeln sich an dem Ort, an dem sie miteinander leben. Daher zählen die Kirchen vielerorts zu den ältesten Gebäuden. Mit ihnen verbindet sich die Geschichte der Stadt oder des Dorfes und sie sind so zu lesbaren Zeugnissen und Quellen der Vergangenheit geworden. An ihnen können wir verstehen, wie Menschen gelebt und geglaubt haben. „Zeige mir, wie du baust, und ich sage dir, wer du bist!“, so fasst es der Dichter Christian Morgenstern zusammen. Unsere Kirchenorte sind lebendige Erinnerungsorte, ja Gedächtnisorte für erfahrenes Heil und geschenkten Segen, aber auch für Schicksalsschläge. Auch sie sind Sinn-Bilder. Ihre Türme weisen zum Himmel, sind Zeichen der Transzendenz: „Damit die Erde hafte am Himmel, schlugen die Menschen Kirchtürme in ihn“ , schreibt der Dichter Reiner Kunze.
Die Anliegen und Gebete, die Menschen vor Gott hintragen, und der Segen, den sie erbitten, werden zu einem lebendigen Ort der Begegnung mit dem Heiligen selbst, mit Gott. Damals und auch für uns heute. Auch wir verbinden die kirchlichen Stätten mit unseren persönlichen Lebens- und Glaubensgeschichte. Der Ort der Taufe, der Erstkommunion, der Firmung (oder Konfirmation) wie der Trauung bleibt im Gedächtnis tief verankert. Immer wieder an diese Orte zurückkehren, heißt an den Wurzeln und somit an der eigenen Identität festhalten und wieder anknüpfen. Mit unseren Kirchen pflegen wir eine lebendige Erinnerung an unsere eigene Heilsgeschichte, die Gott mit uns Menschen immer wieder erneuert und erfahren lässt.
Die Frohe und befreiende Botschaft unseres Gottes gilt allen Menschen. Als Kirche wollen wir Gottesberührung mitten im Alltag des heutigen Lebens ermöglichen: „Wer mit der Kirche in Berührung kommt, soll damit rechnen dürfen, willkommen zu sein. Das sollte mit dem geöffneten Kirchengebäude anfangen. (...) Offene Kirchen sind Räume, in denen Menschen Kontakt zueinander finden können. Das wird nur möglich sein in einer Haltung der Offenheit für die Menschen.“

Unsere Kirchen wollen diese heilsame Begegnung ermöglichen:

• Die Begegnung hin zu Gott, der sich uns schon längst zugewandt hat und auf unsere Antwort wartet.
• Die Begegnung hin zum Nächsten, der mit seinen Sorgen und Anliegen, mit seiner Freude und Glück auf die Gemeinschaft mit dem anderen hofft.
• Die Begegnung mit sich selbst. Mit den eigenen Wünschen und Sehnsüchten, der Angst und den Zweifeln konfrontiert zu sein und einen Trost und vielmehr einen Sinn in der Sprachlosigkeit zu erkennen.
• Und schließlich in der Begegnung mit der Welt, die mit ihren Herausforderungen und Ansprüchen an den Einzelnen und die Gemeinschaft herantritt und einem jeden Auskunft abverlangt.

Ein Kirchenraum ist kein „totes“ Gemäuer, kein musealer Raum der Begehung oder hübsch gemalte Kulisse, sondern wahrhaft ein Ort gelebter Begegnung untereinander und der Begegnung mit dem Heiligen. Der Kirchenraum wird in einem der Gottesloblieder besungen mit den Worten: „Seht Gottes Zelt auf Erden, verborgen ist er da!“

5. Erlebnis des Heiligen in säkularer Zeit
Die Sinn-Bilder, Pilger-Wege, Kirchenräume dieser Sakrallandschaft, dieser Kultur-Region Oberschwaben und des Bodenseeraums - als Lebenswelt und Glaubenswelt - veranschaulichen das Heilige und machen es erlebbar mitten in der profanen, säkularen Welt von Heute. Sie sind Sinn-Stifter, Kraft-Orte, geistliche Wege und Räume der verborgenen aber doch anwesenden Gegenwart des Heiligen, ohne das unser Menschsein degeneriert oder Schaden nimmt.

Vielleicht sind die Menschen hier deshalb etwas glücklicher, weil sie in dieser vom Religiösen imprägnierten Kulturlandschaft aufgewachsen sind und leben! Vielleicht sind sie lebensfreudiger, sind sie auch deshalb so leistungsstark, innovativ und unternehmerisch erfolgreich, weil sie in einer die eigene Identität formenden und so Souveränität verleihenden Kulturlandschaft leben! Weil ihre Heimat hier ist, hier ihre Wurzeln liegen! Weil hier das Heilige - wie wir das uns unbedingt Angehende, ganz Andere nennen - in der Kulturlandschaft präsent ist – und Sinn gibt! Diese Kraftquellen gilt es immer wieder zu entdecken, zu pflegen, ins Licht und Leben der Gegenwart zu bringen und ihnen Aufmerksamkeit zu verschaffen! Erleben wir in diesem Sinne als pilgernde Kirche das heilige in säkularer Zeit!

Allen, die hieran mitwirken, unterstützen, helfen, möchte ich meinen herzlichen Dank aussprechen – in Kirchengemeinden und Kommunen, den Privatpersonen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

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