Stuttgart, Konkathedrale St. Eberhard
Schrifttexte: Jes 9, 1-6, Hebr 1,1-6, Joh 1,1-18
Liebe in weihnachtlicher Freude versammelte Schwestern und Brüder!
Am Weihnachtsfest feiern Christen die Geburt Jesu, begehen das Fest der Menschwerdung Gottes, danken und jubeln über das Kommen Gottes im Menschen Jesus herein in diese unsere Weltzeit. Zum freudigen Ereignis im Stall verkünden die Engel: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden.“ (Lk 2,14) Wir haben in der Heiligen Nacht diese Worte aus der Weihnachtsgeschichte des Lukas gehört. Mit der Geburt des Jesuskindes in der Krippe beginnt die Friedensbotschaft des Weihnachtsfestes, sich in die Welt hinein auszubreiten. Seither entfaltet die Botschaft vom Frieden für die Menschen auf Erden ihre Menschen und Kulturen verwandelnde Kraft.
Aber - wenn wir von Weihnachten reden und die Botschaft des Festes auslegen, dann kann ich Ihnen nicht ersparen, auch davon zu reden, was sich in diesem vergehenden Jahr an furchtbaren Ereignissen zugetragen hat: böse Taten, die der von Jesus Christus ausgehenden Friedensbewegung ins Gesicht schlagen.
Blicken wir zunächst auf den Schrecken, der uns allen in die Glieder gefahren ist über die Taten des sogenannten „Islamischen Staates“ im Vorderen Orient und bei den Terroranschlägen in Paris. Denn dieser Schrecken ist der Zusammenhang, in den hinein diese Weihnachts-Botschaft „Friede auf Erden“ heute hineingesprochen wird. Mitten auf dem Schau-Platz der Welt ist die Krippe aufgestellt. Mitten in der Geschichte der Menschheit ereignet sich die Geburt des Friedensstifters Jesus.
Das Gottes-Kind ruht nicht auf Samt und Seide, es liegt auf hartem Stroh gebettet in einer Schrecken einflößenden Umgebung. Gott kommt in die Welt und liegt auf dem harten Boden der Realitäten … Und er lebt und handelt später innerhalb dieser harten, oft grausamen Welt. Und zu diesen Angst und Schrecken einjagenden harten Realitäten gehören Terror und Gewalt und Tod in Paris. Terror und Gewalt und Tod in Syrien und Irak durch den sich selbst so nennenden Islamischen Staat und seine Krieger. Gewaltausbrüche haben das Jahr geprägt. Terror, Gewalt und Tod sind die Haupt-Fluchtursachen, die Menschen zu uns treiben. Wäre dort Frieden auf Erden, würden die Menschen nicht vertrieben und fliehen müssen.
Gewalt bringt Tod und Verderben in die Länder Syrien und Irak: Sie sind, um in der bildhaften Sprache der Bibel zu reden, zu Ländern der Finsternis geworden. Die Stiefel der Terrormilizen stampfen todbringend durch die Dörfer. Ihr Kriegsgerät dröhnt durch die Landschaften. Das Blut, das dort vergossen wird, erreicht uns über schreckliche Bilder im Fernsehen, im Netz. Die Schreckenskrieger, lassen vom Blut getränkte Kleider zurück. Und es stört sie nicht, dass ihre Kriegsmäntel mit Blut verschmiert sind. Im Gegenteil, mit solchen Bildern des Grauens werben sie gar für ihr schreckliches Handwerk . Angesichts dieser Schreckensbilder beten, bitten und wünschen wir: Möge dort doch Frieden einkehren! Unser sehnlicher Wunsch nach Friede und Heil angesichts solcher Abgründe teilen Menschen seit Menschengedenken.
Der Prophet Jesaja schreibt offensichtlich aus ganz ähnlichen Erfahrungen monströser Gewalt seine Friedenssehnsucht in grandiosen Bildern nieder. In der Lesung eben haben wir sie gehört. Im Blick auf die gegenwärtigen Ereignisse in Ländern des Orients sprechen sie ganz neu zu uns: „Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf. ... Jeder Stiefel, der dröhnend daher stampft, jeder Mantel, der mit Blut befleckt ist, wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers. Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; man nennt ihn: … Fürst des Friedens. Seine Herrschaft ist groß und der Friede hat kein Ende.“ (Jes 9,1.4.5)
Das Kind, das in der Vision des Jesaja geboren wird, ist das Kind in der Krippe im Stall von Betlehem. In diesem Kind ist der Friedensbringer aus Gott geboren unter uns angekommen: Jesus von Nazaret.
Später als 30-Jähriger wird Jesus von Nazaret auf dem Berg den um ihn versammelten Menschen zurufen: „Selig, die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land erben.“ (Mt 5, 5) - „Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Söhne Gottes und Töchter Gottes genannt werden.“ (Mt 5,9) Das Land erben – wahre Söhne und Töchter Gottes sein … Menschen ohne Gewalt – für den Frieden.
Und das verkündet Jesus nicht nur seinen Zuhörern, sondern er selbst verhält sich entsprechend: Jesus setzt nicht auf Gewalt. Als Jesus gefangengesetzt werden soll und einer seiner Begleiter, ein beherzter Jünger aus dem Zwölferkreis, sein Schwert ergreift, auf den Diener des Hohenpriesters einschlägt und so Jesus heraushauen will, sagt er zu ihm: „Steck dein Schwert weg, alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen.“ (Mt 26, 52)
Der, dessen Geburtsfest wir an Weihnachten festlich feiern, setzt nicht auf Gewalt, von ihm geht der Geist des Friedens und des Friedensstiftens aus. Jesus, der Stifter der christlichen Religion, ist der Friedensstifter. Der gewaltlose Botschafter Gottes.
Der kalendarische Termin des diesjährigen Weihnachtsfestes ist vielerorts bestimmt von Gewalt und Hass – die Sache Weihnachten, das Fest, das wir feiern, ist erfüllt von Friede und Liebe. Vom ihm geht die Initialzündung aus für den „Frieden auf Erden!“
Der „IS“ und all die anderen Terrormilizen weltweit, die mit ihm sympathisieren, haben Hass, Gewalt und Unheil im Sinn. Jesus und alle, die mit ihm sympathisieren, die ihm wirklich nachfolgen, müssen Frieden und Heil in ihrem Sinn haben, sonst sind sie nicht seine Jünger und Jüngerinnen: Uns ist aufgetragen, Frieden und Heil zu schaffen. Die christliche Religion ist die Religion des Friedens und der Versöhnung oder sie ist nicht bei ihrem Stifter, nicht bei Jesus Christus. Die christliche Religion ist dort bei ihrer Sache, bei ihrem Religionsstifter Jesus von Nazaret, wo durch sie und die Menschen, die ihr anhangen, Frieden, Versöhnung und Heil in die Welt kommen.
Wir wollen all unsere Friedenskräfte in die Hände nehmen und Frieden und Versöhnung schaffen, wo immer wir können. „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden den Menschen auf Erden.“ (Lk 2,14)
Amen.