Bischof Dr. Gebhard Fürst: Predigt am Fest der Erscheinung des Herrn 2003 - Eröffnung des Diözesanjubiläums

Stuttgart, Konkathedrale St. Eberhard

Liebe Schwestern und Brüder!

Ein Stern am Himmel, der Neugier erregt, ein abenteuerlicher Lebensweg, eine wahre Entdeckungsreise, das Finden des Gesuchten, die Freude über das Gefundene. Dann: Liebevolle Verehrung: Das Sich-selbst-Verschenken am Ziel der Reise. Das sind Dimensionen dieser lebendigen, mitreißenden Geschichte, die uns eben verkündigt wurde.

Warum findet die Geschichte der drei Weisen soviel Resonanz bei uns? Weil es ein Gleichnis unserer eigenen Entdeckungsreise als Christen ist – auch ein Gleichnis, unser Leben verstehen zu lernen.

Wir moderne Menschen sind ja viel unterwegs. Immer auch auf der Suche nach dem, was Sinn macht. Und viele meinen, es gibt keinen Sinn außer dem, den ich mir selber mache.... Die drei Weisen – sie lassen sich von keinem selbstgemachten Licht, sondern von einem Stern locken und leiten: Von einem Licht, das von wo anders her in ihr Leben scheint. Dies bringt sie zum Aufbruch, führt sie auf einen neuen Weg, den sie ohne dieses Licht nicht gegangen wären. – Lassen wir uns führen von einem Licht, das von woanders her in unser Leben fällt? Womöglich auch auf andere Wege als die, die uns selber einfallen?

Der Stern, den die Weisen hatten aufgehen sehen, zieht vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort bleibt er stehen. Die Hinreise zu dem, was sie suchten, hat ein Ziel erreicht, das sie ohne das Licht nicht gefunden hätten. Die drei Weisen sind nicht nur unterwegs, sie kommen auch ans Ziel. Sie brechen nicht nur auf, sie kommen auch an: Sie finden.

Und sie freuen sich, weil sie den Ort gefunden haben. Und: „sie sahen das Kind – da fielen sie nieder und huldigten ihm“ (Mt, 2,11b) Die Spannung, das Abenteuerliche liegt im Suchen: die Freude liegt in Finden!

Kennen wir das nicht? Das Suchen nach einem Menschen, den wir lieben können und der uns liebt, ist gewiß abenteuerlich. Ihn zu finden aber erfüllt uns mit Freude und macht aus uns dankbare Menschen! Das wird dann zum Anfang, zum Start in ein neues Leben!

Die Weisen finden den Ort, weil das Licht ihnen diesen Ort zeigt. Sie finden „Das Heiligste und Mächtigste, das in der Welt ist.“ (Friedrich Nietzsche): Christus ist ihnen erschienen. Er ist ihnen gegenwärtig. Das ist das Geheimnis des Festes der Erscheinung des Herrn. „Da fallen die Weisen nieder und huldigen ihm!“ (Mt 2,11b) Sie sehen das Kind. Sie erkennen in ihm den Sinn ihres Lebens. Keinen anderen sonst mehr.

Diese Geste der Anbetung zeigt, dass sie sich an ihm ausrichten, in ihm Mitte und Zentrum gefunden haben. Ihn verehren sie deshalb. Ihm verdanken sie ihren Aufbruch und geben ihm alles. „Sie holen ihre Schätze hervor und bringen ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar.“ (Mt 2, 11c) Sie geben ihm alles! Ihre Reise hat sie zur Verehrung geführt. In den Geschenken und der Verehrung verschenken sie sich selbst. Die Waisen sind wahrhaft weise Menschen.

Uns kann es ebenso gehen – wenn wir aufbrechen, suchen und uns führen lassen von einem Licht, das von anderswoher in unser Leben leuchtet, und wenn wir bereit sind zu finden, zu verweilen, zu verehren.

Das Kind, das die Weisen finden, und mit ihm alles, was von ihm Wunderbares noch an Menschen getan wird, trägt den Namen ‚Jesus‘ - in unsere Sprache übersetzt: „Gott ist Heil“. Das Kind, das sie finden, wird auch Immanuel genannt: „Gott ist mit uns“!

Liebe Schwestern und Brüder, am Fest der Heiligen Drei Könige feiern wir die Offenbarung des „Gott mit uns“, der sich uns zeigt. - Menschen finden auf ihrer Lebensreise den nahen Gott, den „Gott mit uns“ in Jesus Christus.

Unser Diözesanjubiläum steht unter dem Leitwort: Gott und den Menschen nahe. Das Fest der Erscheinung des Herrn, der uns nahe gekommen ist, deutet uns den Grund dieses Wortes: Bevor wir ihm, unserem Gott nahe sind und den Menschen nahe sein können, schenkt Gott uns zuallererst seine heilsame Nähe. Gott und den Menschen nahe, weil Gott uns von sich aus in Jesus Christus schon nahegekommen ist.

Mich erinnert die Geschichte der Erscheinung des Herrn noch an eine andere große Begegnung mit dem Höchsten und Heiligsten, die uns die Bibel überliefert und unserem Leitwort die gleiche Begründung in einer Begegnung liefert: Ich meine die Begegnung mit Gott im brennenden Dornbusch, die dem Mose in der Wüste zuteil wird. Als Mose verängstigt durch die Feuererscheinung nach einem Namen fragt, da antwortet ihm die Stimme aus dem brennenden Feuer: “Ich bin der ‚Ich bin da‘“ (Ex 3, 14). Sag zu den Menschen, „Ich bin da“ ist mein Name. - Der Name Gottes: „Ich bin da.“

Der Name, liebe Schwestern und Brüder, bedeutet in der Bibel viel mehr als ein Zuruf. Der Name spricht das ganze Wesen dessen aus, der ihn trägt. Gottes Wesen und Sein für uns ist seine uns Menschen stärkende Nähe. Der brennende Dornbusch und die Stimme als Zeichen der stärkenden Nähe Gottes zum Menschen: auch eine Erscheinung des Herrn.

Die Stimme, die ruft: „Ich bin da!“ - Sie überwältigt Moses und bewegt ihn dazu, die ihm anvertrauten Menschen in die Freiheit zu führen.

Wie dem Mose, so antwortet Gott auch uns: „Ich bin mit euch, ich bin mit dir!“ (Ex 3,12) So ist der Gott, an den wir glauben, dem wir vertrauen: Der Gott mit uns. Wir haben einen Gott, der mit uns geht und da ist, wo Menschen heraus geführt werden aus dem, was beengt und beängstigt. Wo wir schließlich selbst als Befreite andere Menschen durch unsere Nähe heraus führen aus dem, was sie bedrückt. Gott ist nahe, wo Menschen zu einem neuen befreiten, erlösten Leben finden.

Im Feuer des brennenden Dornbuschs offenbart sich die immer gegenwärtige Energie der Liebe Gottes zu uns Menschen. Dieses Feuer der Gottesliebe im Dornbusch, will uns entzünden im Jahr, das wir begehen.

Ein Theologe und Dichter unserer Diözese, Fridolin Stier, sinnt in seinem Tagebuch nach über die Wirklichkeit des Jesus, den am Fest der Erscheinung des Herrn die Weisen von heute entdecken. Er notiert: „In Jesus ist wahr geworden und wirkend in Wort und Werken das ‚Ich bin da’, das ‚Ich-bin-dein-Gott’ in voller Tiefe und Fülle. In ihm – in Jesus - brennt der Dornbusch, aus dem die Stimme kam.“ - Und dann denkt er an die, die diesem Jesus nachfolgen, und notiert weiter: „Durch Jesus verwirklicht und erfüllt sich am Menschen, der sich in die Nachfolge auf ihn einläßt, dieser Zuspruch Gottes an uns. Christen – die brennenden Dornbüsche in der Welt, aus denen die Stimme kommt? Brennen sie?“

Amen.

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