Bischof Dr. Gebhard Fürst: Predigt am Ostersonntag 2013

Rottenburg, Dom St. Martin

Schrifttext: Apg 10, 34a.37-43; Joh 20, 1-9

Liebe Schwestern, liebe Brüder!

Vor einigen Tagen ist mir zufällig wieder ein kleines Büchlein in die Hände gekommen, das unsere Diözese damals zum Katholikentag in Ulm herausgegeben hat. Es trägt den Titel: Buch des Lebens. Geschichten vom Leben aus Gottes Kraft. Und als Untertitel steht da: Verfasst von den Gläubigen aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Menschen erzählen darin von Schwäche und Niedergeschlagenheit. Aber auch von Wendepunkten in ihrem Leben, in denen Gott Schwäche in Stärke und Hoffnungslosigkeit in Zuversicht verwandelt. Den Beitrag von Cornelia – damals 41 Jahre, eine Frau aus unserer Diözese – möchte ich Ihnen zum Beginn meiner Predigt zum Osterfest vorlesen. Sie schreibt:

„Wenn mir vor ein paar Jahren jemand gesagt hätte, dass sich mein Leben so auf den Kopf stellen würde, ich hätte es nicht geglaubt. Meine „Schlüsselszene“ war an einem ziemlich tiefen Punkt in meinem Leben – beim Tod meines Vaters. Mitten in der Trauer hat Gott mich „erwischt“. Mitten in der Trauer gab es auf einmal etwas, was größer und viel wichtiger war als Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit und Ende. – Es war das feste Wissen, dass mein Vater lebt, dass er bei Gott ist und dass es ihn gibt, diesen lebendigen Gott. Es war einfach eine tiefe innere Freude, die mich erfüllt hat. – Ich denke, dass Gott an diesem Tag den Schlüssel zur Tür meines Herzens umgedreht hat – und seither steht diese Türe offen. Seither weiß ich, dass es Wesentlicheres gibt als mitzuschwimmen in den Oberflächlichkeiten des Alltags. Seither habe ich diese Sehnsucht in mir, mit Jesus Christus zu leben, überall, wo sich mein Leben abspielt. Seither bin ich mir sicher, dass er überall mit dabei ist und mich begleitet, durch alle Höhen und Tiefen, die das Leben so mit sich bringt. – Und die wichtigste, befreiendste, allerschönste Erkenntnis, die mich trägt: Ich darf so sein, wie ich bin, mit den Ecken und Kanten und den Schwachstellen, die zu mir gehören, denn er liebt mich ohne Wenn und Aber, weil er alle Menschen liebt.“

Cornelia erzählt in ihrer Geschichte von dem Wendepunkt in ihrem Leben, in dem Gott ihre Schwäche in Stärke – ihre Hoffnungslosigkeit in Zuversicht verwandelt hat.

Liebe Schwestern, liebe Brüder, für mich ist dieses Lebens-Zeugnis eine Geschichte, die mit dem Ostergeheimnis zu tun hat. Eine Geschichte von Auferstehung in der Begegnung mit dem lebendigen Gott, dem lebendigen Jesus Christus. Eine Geschichte, in der ein Mensch in seiner ganzen Existenz erfährt: Gott liebt mich ohne Grenze, ohne Ende. Eine Geschichte, die erzählt von einem Geschenk, durch das im Menschen, der so von Gott erwischt wird, „Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit“ in „tiefe innere Freude“ verwandelt wird. Eine Geschichte, die in der Erzählerin die Gewissheit erzeugt hat: Christus ist „überall mit dabei“, in allen „Höhen und Tiefen, die das Leben halt so mit sich bringt.“ Deshalb möchte die Verfasserin „mit Jesus Christus leben, überall, wo sich mein Leben abspielt“, wie sie schreibt.

Liebe Schwestern, liebe Brüder, von Wendepunkten im Leben, in denen Schwäche in Stärke – Hoffnungslosigkeit in Zuversicht verwandelt werden, erzählen viele Geschichten der Begegnung von Menschen mit Jesus von Nazareth zu seinen Lebzeiten. In entscheidenden Augenblicken erfahren sie, erfahren viele von ihnen an Tiefpunkten ihres Lebens, in hoffnungslosen und verzweifelten Situationen, Wandlung und Kraft zu neuem Leben, eben durch die Begegnung mit dem lebendigen Jesus. Aber ausgerechnet er, der so viel Gutes tat und heilte, wie Petrus in der Apostel-Geschichte in der Lesung des heutigen Tages bezeugt, ausgerechnet er musste für diese guten Taten wegen seines heilenden Handelns an den niedergeschlagenen und bedürftigen Menschen so Schlimmes erleiden. Er wurde gar am Kreuz aufgehängt und getötet.

Die Zeugnisse der Auferstehung, die die Frauen von Begegnungen mit Jesus nach seinem Tod erzählen, die Zeugnisse der Apostel wie z.B. Petrus heute in der Lesung, sie alle bezeugen, bezeugen uns, dieser Jesus von Nazareth lebt. Er, der selbst gekränkte, geschwächte Menschen aller Art aufrichtet, der den Verlierern und den Verlorenen neues Leben schenkte, gerade ihm gab Gott selbst neues ewiges Leben. Gott selbst erweckte ihn. Christus ist auferstanden. Nichts und niemand konnte diese göttliche Kraft der Liebe, Jesu zu den Schwachen, zu den Armen und Bedrängten aller Art auslöschen, auch nicht der schreckliche Tod. Das ist die frohe Osterbotschaft. Sie hat die Kraft, in unserem verdüsterten Leben Wendepunkte zu stiften und uns zu verwandeln zum neuen Leben mit Ewigkeitswert. Viele haben diese verwandelnde Kraft der Liebe Gottes wirklich vernommen, und sie leben daraus. Sie können wohl wie der Glaubenszeuge Cornelia aus unserer Diözese sagen, ich möchte mit Jesus Christus leben. Überall, wo sich mein Leben abspielt.

Und jeder Christuszeuge, jede Christuszeugin soll sagen: Was ich erfahren durfte, möchte ich auch andere erfahren lassen. Aus Christi Geist will ich selbst leben und handeln und so möchte ich Hoffnungslose und Verzweifelte mit Hoffnung und Zuversicht erfüllen. Dass sie aufstehen können, ja, dass sie auferstehen zum wahren Leben.

Amen

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