Bischof Dr. Gebhard Fürst: Predigt am Ostersonntag 2014

Stuttgart, Konkathedrale St. Eberhard

Schrifttexte: Apg 10,34a.37-43, Kol 3,1-4 oder 1 Kor 5,6b-8, Joh 20, 1-18

Liebe Brüder und Schwestern!

Heute am Osterfest feiern wir den Sieg des Lebens über den Tod. Jesus Christus ist auferstanden. Gott selbst hat Jesus, den Heiland der Menschen, aus dem Tod errettet. So hat ER den Tod und seine zerstörerischen Kräfte in Jesus Christus überwunden. Gott schenkt neues, ewiges Leben: das erfahren wir am Fest der Auferstehung Jesu Christi! Hören wir diese Botschaft nicht nur, sondern vollziehen wir sie in unserem Glaubensleben.

Die Osterbotschaft von der Auferstehung zum neuen Leben, steht immer in höchster Spannung zu unseren menschlichen Erfahrungen. Ja, sie steht im Kontrast zur Zeit, wie wir sie erleben. Besonders, dann, wenn wir beides ernst nehmen und miteinander in Beziehung setzen: Einerseits die erschreckende Weltzeit, in der wir leben und andererseits die österliche Botschaft, dass Schmerz und Leid, ja selbst der Tod, überwunden werden durch die Wirkmacht des Auferstehungsglaubens.

Wir alle blicken derzeit mit Sorge auf die aktuellen Krisenherde der Welt: nach Syrien, nach Ägypten und Zentralafrika, in den Vorderen Orient und die Ukraine. Überall dort leben Menschen ohne Zahl im Unglück, erleiden Krieg und Verfolgung. Ihre Würde wird verletzt. Die Menschenrechte werden mit Füßen getreten. Das können wir nicht wegwischen mit einem Glaubenssatz. Die erschreckende Situation der Menschen in diesen Ländern wie auch derer auf der Flucht bedeutet für Europa so etwas wie Karfreitag: hoffnungsloses Zerstören von hoffnungsvollem Leben.

Vom Auferstehungsglauben her überwinden wir aber diesen Karfreitag, dort wo wir das Leid dieser Menschen mildern. Wo wir uns stark machen für sie, wo wir sie aufnehmen und beherbergen. Solches Handeln ist für mich Teil und Auswirkung der Auferstehungshoffnung, die vom Osterfest ausgeht. Die Verstoßenen finden neues Leben und wir handeln aus dem Glauben, dass nicht die Vernichtung siegt, sondern das neue Leben.

Heute Nacht wurde in der Auferstehungsfeier die brennende Osterkerze in die Dunkelheit hereingetragen. Die brennende Osterkerze stellt uns den auferstandenen Christus in seiner wunderbaren Kraft vor Augen: Er ist der Helfer und Freund der Menschen: besonders derer, die am Ende sind und nicht mehr aus und ein wissen. Das Osterlicht, das hier in der Eberhardskirche aufgerichtet ist, weist darauf hin. Ja, die brennende Osterkerze steht für Jesus Christus, der für uns gelebt hat und der den Menschen heilsam nahe war. Das Osterlicht sendet die Botschaft aus: in der Auferweckung des Gekreuzigten Jesus von Nazareth zu neuem, ewigem Leben setzt Gott das Siegeszeichen der Liebe über Hass und Tod! Ostern verheißt „Leben mit Ewigkeitswert“ statt Auslieferung an Untergang, an Tod und Zerstörung. Wo wir selbst dieses Licht in uns aufnehmen, da beginnen wir neu zu leben und zu wirken für die Menschen in Not. Da geben wir den Verlorenen Zuflucht.

Das gilt aber nicht nur den Verlorenen und den Opfern schlimmer Taten in anderen Ländern, genauso gilt das für Menschen unter uns. Besonders nahekommen will die Osterbotschaft vom neuen und ewigen Leben auch den Verlorenen hierzulande mit ihren zerrissenen Seelen und zerstörten Hoffnungen. Und schließlich und nicht zuletzt gilt diese rettende Botschaft auch uns selbst. Wo unsere Seelen zerrissen sind und unsere Hoffnungen zerstört wurden: da heilt das Osterlicht!

Mit der Auferstehung des Jesus von Nazareth als Christus der Menschen ist eine neue Werteordnung für menschliches Miteinander aufgestellt: die leidenden Menschen sind an die Spitze der Werteskala gesetzt. Die Ausgegrenzten, Unterprivilegierten und Übervorteilten, die Bedrohten und die Opfer in dieser gnadenlosen Welt stehen jetzt in der Mitte. Wer sich ihnen zuwendet, steht auf zum neuen Leben! Wer sich ihnen zuwendet, lebt aus der Auferstehungshoffnung.

Wer sein Christenleben zugunsten verlorener und zerschlagener Menschen lebt, wer sein eigenes Leben deshalb durch Widrigkeiten hindurch und gegen gesellschaftliche Widerstände geht, der geht mit Jesus seinen Weg. „Wer gegen scheinbar alternativlose Konventionen die Menschen bedingungslos liebt, der ist mit Christus bereits auferstanden zu neuem Leben.“ Er lebt jetzt und endgültig bei Gott.

Amen.

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