Bischof Dr. Gebhard Fürst: Predigt beim Diözesankirchenmusiktag 2007

Weingarten

Schrifttexte: 1 Sam 3,1-10; 1 Kor 1,3-9; Joh 1,35-51

Liebe Schwestern und Brüder!

Wie ein roter Faden hatte sich ein Wort durch den Verlauf dieses Tages gezogen: Hören! Auf das Hören kommt es an, damit wir daraus unsere Lebensmelodie singen können.

Wie sollte es auch bei einem diözesanen Kirchenmusiktag sein. Wo, wenn nicht hier, sollte die Dimension, die entscheidende Bedeutung des Hörens und Singens klar werden?!

Aber es geht natürlich um weit mehr als um das Wahrnehmen von Tönen und Klängen. Es geht alles darum, wirklich Hörende zu werden, Hörende für die alles entscheidende, die erlösende, frohmachende Botschaft, die uns geschenkt ist. Gottes Ruf, er öffnet uns das Ohr. Auch durch Musik und Gesang öffnet uns Gott das Ohr.

Auch in der eben gehörten Lesung geht es am entscheidenden Punkt um das richtige Hören und Wahrnehmen der Botschaft.
Und vielleicht sprach Gott deshalb in der Nacht mit Samuel. Die Arbeit des Tages war getan. Samuel war zur Ruhe gekommen und es war Stille geworden. Sein Ohr und auch sein Herz waren frei für Gottes Stimme. Samuel hörte zu. Doch leider kannte er die Stimme Gottes noch nicht. Er konnte sie noch nicht von den anderen Stimmen unter-scheiden. Darum dachte er, sein Lehrer Eli, habe ihn gerufen.

Vielen Menschen geht es auch heute so. Gott spricht zu den Menschen, auch heute ruft er uns an. Viele aber kennen und erkennen Gottes Stimme nicht. Sie vermuten, es sei ihr Gefühl, ihr Verstand oder ihr Wille, der da spricht. Und auch Jesus scheint diese Erfahrung gemacht zu haben, denn er sagt einmal zu seinen Jüngern: ‚Sie haben Ohren und hören nicht und Augen und sehen nicht.‘ (Mt 13, 13) Ihnen muss erst noch das Gehör und die Augen des Herzens geöffnet werden.

Das ist also eine erste Voraussetzung, dass wir offene, hör-bereite Ohren des Herzens haben. Der Philosoph Friedrich Nietzsche schreibt einmal: „Das Stille-Werden vor dem Schönen ist ein tiefes Er-Warten, ein Hören-Wollen auf die feinsten, fernsten Töne, - wir benehmen uns einem Menschen ähnlich, der ganz Ohr und Auge wird: die Schönheit hat uns etwas zu sagen, deshalb werden wir stille und denken an nichts, an was wir sonst denken.“

Und in solchen Augenblicken kann unser Herz wirklich hören, wir können Hörer des Wortes werden: Die Botschaft Gottes empfangen, seinen Ruf vernehmen. Solche Rufe Gottes können ganz schlicht, unauffällig und unspektakulär geschehen. Wir dürfen aber sicher sein: Gott spricht zum Geist. Durch Geistliche Musik spricht Gott zu uns, Musik öffnet unser Herz für Gott. Als Samuel betete: "Rede, denn dein Knecht hört.", da öffnete er sein Herz, um auf Gott zu hören.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

ob Gott leise mit uns spricht oder vielleicht auch in einer ganz besonderen Lebenssituation mit klarem Signalruf: Seien wir gewiss, es ist immer der liebevolle Gott, der zu uns und mit uns sprechen möchte. Gott sagt jedem und jeder von uns zu: Du bist einzigartig, ich rufe Dich und sage Dir zugleich zu: Es ist für dich gesorgt, du bist gehalten und geborgen – weil ich dich kenne.

Diese Zusage gilt unbedingt, wenn wir es auch zu mancher Zeit nicht oder zumindest nicht so deutlich spüren. Und gerade den Verlorenen geht Jesus nach. Er ruht nicht, bis er sie gefunden hat. Und wenn er sie gefunden hat, nimmt er sie voll Freude auf seine Schultern (Lk 15,4 f).

Diese Melodie singt er uns vor: Öffnen wir uns wirklich für den entscheidenden Ruf in unserem Leben. Folgen wir dabei dem Ruf, der uns vom Evangelium vorgegeben wird: ‚Kommt und seht!’ Seht, er ist immer schon da, er erwartet uns, er hält liebevoll und einladend die Arme offen. So hatte er einst im Gleichnis vom verlorenen Sohn erzählt, dem sein Vater bei der Rückkehr froh und erleichtert entgegengeht, dem er weit verzeihend die Arme öffnet und für den er sofort einen Platz bereitet. So erzählt Jesus von der großen Menschenliebe Gottes. Und so, kommt und seht!, lebt Jesus selbst es vor für die Menschen, denen er begegnet. Wie weit diese Einsatzbereitschaft Gottes für uns Menschen geht, hat uns Jesus durch seinen Tod gezeigt.

Er hat damit all das, was er in seinem Leben und Handeln, seinen Gleichnissen und seinen Heilungen verkündet hat, endgültig bestätigt. Durch seine Auferstehung ist die Gültigkeit seiner Zusage an uns Menschen über den Tod hinaus bekräftigt worden. In Jesus Christus wird Gott selbst für uns Menschen und zu unserem Heil sichtbar, spürbar, ja er wird erfahrbar und - hörbar. Gott stellt uns vor die Entscheidung, weil er uns leibhaft nahe kommt und einlädt zu sich: ‚Kommt und seht!’ Geben wir Gott die Gelegenheit so wie Samuel: Rede, denn dein Diener hört! Jesus Christus, das Wort Gottes – Wort des Lebens. Die Stimme Gottes, auf die wir eingestimmt sind.

Doch seien wir ehrlich, vieles ist heute mehr gefragt als diese alte Botschaft, dass in Jesus Christus, dem Menschen aus Nazareth, das Heil für die Welt gekommen ist. Und daher sind wir selbst gerufen und eingeladen, nicht nur zu hören. Sondern wir sind auf-gefordert, selbst die Botschaft neu in Worte und Töne, die Frohe Botschaft auch für un-sere Zeit zum Klingen zu bringen.

Diese Botschaft vom Heil Gottes für die Menschen gilt es auch heute glaubwürdig und mitreißend in die Welt weiterzugeben.
Sein Wort kann und will auch für uns heute Hilfe und Heil sein. Brechen wir in seiner Nachfolge zu den Menschen auf - immer wieder neu. Stiften wir selbst in Worten und Tönen auch andere Menschen an, zu kommen und zu sehen, wie gut unser Herr ist. Lieder und Chöre wollen einladen zum Einstimmen:

„Dass Du mich einstimmen lässt in Deinen Jubel oh Herr,
Deiner Engel und himmlischen Heere,
Das erhebt meine Seele zu Dir oh mein Gott,
großer König Lob sei Dir und Ehre.“

Wo sich das ereignet, ist Chormusik missionarisch! Da hören Menschen die Himmelstöne in den Erdenklängen!

Amen.

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