Bischof Dr. Gebhard Fürst: Predigt beim Pontifikalamt zum 60. Todestag von Bischof Sproll

Rottenburg, Dom St. Martin

Schrifttexte: Röm 8, 31b-34; Mk 9,2-10

Liebe Brüder und Schwestern!

Der Zweite Fastensonntag und der Gedenktag von Joannes Baptista Sproll fallen heute zusammen. Zwei ganz unterschiedliche Tage und doch passen Lesung und Evangelium des heutigen Sonntages gut zum Gedenken des 60. Todestags des Bekennerbischofs.

Paulus fragt in seinem Brief an die Gemeinde in Rom: ‚Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?’ Und am Ende der Verklärungsgeschichte im Evangelium des Markus fragen die Jünger einander, ‚was das sei: von den Toten auferstehen?’ Dieser hier ausgedrückte Spannungsbogen der beiden Sätze bildet zugleich eine leuchtende Überschrift zu unserem Gottesdienst, in dem wir voll Dankbarkeit an den Bekennerbischof Joannes Baptista Sproll feiern. Bischof Sproll hat glaubwürdig und konsequent vorgelebt, dass dann, wenn Gott für uns ist, wir aufstehen können gegen die Mächte des Todes, die in seiner Zeit in Gestalt der Nazidiktatur nach den Menschen gegriffen haben.

Schauen wir also etwas genauer in das Evangelium von der Verklärung des Herrn hinein. Vor den Augen der drei Jünger wird Jesus Christus verwandelt. ‚Seine Kleider werden weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann.’ Jesus erscheint den Jüngern in einem neuen überwältigenden Licht. - Was hat das zu bedeuten? Erst aus dem Zusammenhang der Jesusgeschichten wird deutlich, was sich geschieht. In der Vorgeschichte dieser Verklärung erleben wir Jesus auf seinem Weg durch Galiläa. Markus erzählt dabei auffallend viele Heilungsgeschichten. Jesus heilt Besessene, er heilt Kranke, er heilt Aussätzige, er heilt Gelähmte, er heilt Stumme, er heilt Taube, er heilt Blinde.

Jesus wird uns als heilender und heil machender Mensch vor Augen gestellt. Er heilt Kranke, er wendet sich den Ausgegrenzten zu, er geht besonders auf die vielen Verlorenen zu und schenkt ihnen Gemeinschaft.

Die Jünger, die er mit auf den Berg nimmt, waren mit ihm unterwegs, als er heilte, Sünder zu sich rief, um des Menschen willen kein Gesetz kannte und den Hungernden Brot gab. Auf dem Berg wird ihnen plötzlich klar: In diesem Menschen, der so handelt, da geschieht etwas ganz Außerordentliches: Sie sehen plötzlich, dass sich in diesem irdischen Jesus der Himmel auf Erden ereignet. Mit diesem Jesus, der heilt, der den Menschen in die Mitte aller Bemühungen stellt, ist die himmlische Welt auf die Erde gekommen und entfaltet ihre heilende Kraft. Wo Menschen heil werden an Leib und Seele, da ist es ‚wie im Himmel’.

Die Jünger erfahren: in Jesus und seinem Tun ist das Reich Gottes nahe, ja in seinen heilenden Taten ist Gottes Reich gegenwärtig. Plötzlich geht den Jüngern auf, wer und wie Jesus ist. So verwandelt er sich vor ihren Augen in das Licht, das von Gott kommt, das Leben eines jeden Menschen erleuchtet und mitten im Leben den Himmel auf die Erde bringt und heil macht, was unheil ist. Markus hat diese Geschichte aufgeschrieben, um uns zu zeigen, worauf es ankommt für die, die Jesus nachfolgen: auf ihn sollen wir hören. Seine heilenden Taten tun. Wo wir so handeln wie Jesus, da kommt auch in unserem täglichen Tun himmlisches Leben zum Durchbruch: das Reich Gottes bricht an. Wo wir für Menschen, denen Unrecht geschieht, eintreten, da handeln wir in der Nachfolge Jesu Christi und tragen wirksam zur Wirklichkeit des Reiches Gottes bei. Wo wir couragiert gegen Verhalten aufstehen, das Menschen verletzt, behindert, bedroht oder gar vernichtet, da sind wir glaubwürdige Zeuginnen und Zeugen des neuen Leben in Jesus Christus.

Einer, der in ganz besonderer Weise ein solcher Zeuge des Evangeliums gewesen ist und darum bis heute in leuchtender Weise vor den Augen unserer Erinnerung steht, war der große Bekennerbischof Joannes Baptista Sproll. Er hat sich die Frage des Paulus: ‚Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?’ zu Herzen genommen und darum couragiert gehandelt. Sein Wahlspruch ‚Fortiter in fidei’ findet in jenem Satz aus dem Römerbrief seine eigentliche Grundlegung. Nichts ist dem unmöglich, der glaubt.

Mit der ruhigen Gewissheit, Gott an seiner Seite zu wissen, konnte Bischof Sproll gegen die brutalen Maßnahmen des Nazi-Regimes und gegen viele Stimmen und Stimmungen des damaligen Zeitgeistes aufstehen, hinstehen, widerstehen und einstehen für seine Überzeugung. Bischof Joannes Baptista Sproll hat in seiner Zeit eindrucksvoll vorgelebt, was Zeugenschaft Jesu heißt. Er hat eindruckvoll gezeigt, was es bedeuten kann, ohne Rücksicht auf Ruhm und Anerkennung, ohne Schonung der eigenen Gesundheit und mit der Gefahr des eigenen Lebens einzustehen für die Wahrheit des Evangeliums.

Die Erinnerung an den großen Bekennerbischof ist ein auch in unserer Zeit notwendiger Aufruf, Zeugen unseres Glaubens und so missionarische Kirche in unserer Zeit zu sein. Sein bischöflicher Wahlspruch „Fortiter in fide – Tapfer im Glauben“ mag dabei Impuls und Programm für uns heute sein.

Die Erinnerung an Bischof Sproll macht uns heute Mut, angesichts der Herausforderungen, die in unserer Zeit auf uns warten, couragiert aufzustehen, hinzustehen, ja dort zu widerstehen, wo das Leben des Menschen bedroht ist.

Die Bedrohungen sind dabei –Gott sei Dank!- nicht so existentiell wie in der Unzeit, in der Sproll bekennen und handeln musste. Aber auch wir sind aufgefordert und eingeladen, Zeugen unseres Glaubens zu sein. Wir sind eingeladen zu einer Lebensweise, die das Evangelium beim Wort nimmt und ernst macht mit unserem Glauben. Die Jesus in unserer jeweiligen Situation nachzufolgen versucht. So wächst neues Leben, das auf Ruhm, Ehre und Titel nichts gibt und auf Menschsein alles. Ein erneuertes Leben, das auch Krankheit oder Behinderung, Leiden, Sterben und Tod nicht ausblenden will, sondern es annimmt, weil es zum Leben dazugehört. Ein Leben aus christlichem Geist, das den Verlockungen des Zeitgeistes ebenso widersteht wie den Zumutungen und Verwerfungen der Geistlosigkeiten und Ungeister unserer Zeit.

Wie überzeugend und mitreißend ein solches Leben aus christlichem Geist bis heute und vielleicht gerade heute ist, das spüren wir alle. Lassen wir es auch die vielen anderen spüren. Am Ende des Evangeliums stand die Frage, „was das sei: von den Toten auferstehen.“ Das Evangelium erzählt die Antwort darauf, indem es vom Leben und Handeln Jesu Christi berichtet. Von seinem Dienst und seiner stellvertretenden Liebe bis in den Tod am Kreuz und seine Auferstehung von den Toten. Auch wir sind eingeladen und aufgefordert, durch unser Leben im Aufstehen für das Leben die Antwort auf die Frage der Jünger selbst zu geben. Und was sollte uns daran hemmen und hindern? Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?

Amen.

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