Bischof Dr. Gebhard Fürst: Predigt beim Präsidium des Ökumenischen Kirchentags

Berlin

Schrifttext: Mt 5, 3-10

Liebe Schwestern und Brüder!

Auf dem Weg zum ÖKT gehen wir an diesen zwei Tagen wieder gemeinsam wichtige Schritte voran. Wir sind miteinander auf dem Weg, das ist gut.

Sehen wir auf Abraham: Da ist einer, der nicht wie gebannt nur auf die Gefahren der Zukunft blickt, sondern seinen mutigen Schritt in die Zukunft wagt.

"Brich auf! - geh in das Land, das ich dir zeigen werde!" (Gen 12,1).

Mit einer mutigen Antwort auf diese drängende Einladung Gottes fängt aller Glaube an. Auch wir sind eingeladen, nach vorne zu gehen, aufzubrechen, unserer Zukunft zu trauen, zu unserem Leben "Ja!" zu sagen. Gott geht uns ja voraus. Wir finden Gott, wenn wir vertrauensvoll nach vorne blicken und vorwärts gehen. Im Alten Testament heißt es vom Volk Gottes: "Gott zog vor ihnen her, bei Tag in einer Wolkensäule, um ihnen den Weg zu zeigen, bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten" (Ex 13,21). Kaum eine Wahrheit ist ermutigender als diese. Glaubende Menschen können dem vorausziehenden Gott vertrauensvoll folgen in das Land, das er ihnen zeigen wird.

Gott ruft uns heraus, Gott zeigt uns den Weg; Gott zieht mit uns. Darauf vertraute schon Abraham: Er bricht auf, zieht weg, wie Gott ihm sagte.

Liebe Schwestern und Brüder!

Vor allen Unterschieden liegt dieser gemeinsame, uns verbindende Glaube: Wir dürfen und können im Vertrauen auf Gott aufbrechen in das Land, das Er uns zeigen wird. Daraus entsteht die lebendige Solidarität, die Schwesterlichkeit und Brüderlichkeit aller, die glauben. Wir alle sind angewiesen darauf, füreinander solche Zeichen gelebter Hoffnung zu sein.

Zu Abraham, der wegzieht aus dem, was für die anderen so wichtig ist, sagt Gott: "Ein Segen sollst du sein!" Ein Mensch, in dem Glaube an Gott Gestalt gewinnt, ist ein Segen für uns alle. Ein Mensch, der aus Hoffnung lebt, verbreitet selbst Zuversicht und Freude. Wir sind dazu berufen.

‘Ein Segen sollst du sein’ – und Abraham bricht daraufhin auf.

Liebe Schwestern und Brüder: Der Ruf gilt uns, wobei es für uns etwas anders ist. Denn das Land, in das wir aufbrechen, ist nicht mehr pure Verheißung. Das von Gott verheißene ist zugleich das uns bereits von Jesus erschlossene Land.

Die Seligpreisungen der Bergpredigt, die wir als Schrifttext hörten, erschließen uns das Land, zu dem wir aufbrechen und unterwegs sind, zeigen uns das Land, in dem wir Heil erfahren.

Dieses von Jesus uns erschlossene Land ist der Ort, wo Menschen, die erfahren, dass sie Gott brauchen, miteinander unterwegs und füreinander da sind:

‘Wohl denen, die arm sind vor Gott und es wissen. Ihnen gehört das Reich Gottes!’

Dieses von Jesus uns erschlossene Land, in das wir einziehen sollen, ist der Ort, wo Menschen, die gewaltlos leben und freundlich sind, gemeinsam Zukunft gestalten: ‘Wohl denen, die gewaltlos sind und Freundlichkeit üben, erben werden sie das Land!’

Dieses von Jesus uns erschlossene Land entsteht dort, wo Menschen Gerechtigkeit widerfährt, Menschen, die sich danach sehnen, dass jemand ihrer vielleicht unheilen Lebensgeschichte mit Respekt und Verständnis begegnet, sie akzeptiert und liebend und heilend mit ihr umgeht: ‘Wohl denen, die hungrig und durstig nach Gerechtigkeit sind, ihr Hunger und Durst wird gestillt!’

Und dieses uns von Jesus eröffnete Land verwirklicht sich dort, wo Menschen, die selbst barmherzig sind, als Boten des barmherzigen Gottes verstanden und erfahren werden. Gottes Reich, das uns von Jesus erschlossene Leben, wird dort gegenwärtig, wo Menschen mit aufrechtem Gang und aufrichtigem Herzen willkommen sind: ‘Wohl denen, die aufrichtig sind in ihrem Herzen. Sie werden Gott sehen!’

Und dieses von Jesus uns aufgeschlüsselte Reich Gottes kommt zum Vorschein, wo Menschen, die den Frieden nicht nur absichern wollen, sondern ihn stiften können, als Kinder Gottes begrüßt werden: ‘Wohl denen, die Frieden bringen, Gottes Kinder werden sie heißen!’

Liebe Schwestern und Brüder! Wir ziehen in das Land, das Gott uns zeigen wird, das Land, das uns Jesus Christus erschlossen hat. Wo wir das uns erschlossene Leben inspirieren und kultivieren aus dem Geist Jesu Christi, da verwirklicht sich Reich Gottes mitten unter uns. Da entsteht die Versammlung derer, die sich zum Aufbruch in das neue Leben rufen lassen: Gemeinschaft aus dem Geist Jesu Christi.

Wo solches im Geist Jesu Christi geschieht, da wird Gottes heilende und verwandelnde Kraft für Menschen erfahrbar und wirklich.

‘Ihr sollt ein Segen sein’ – was für ein Aufruf!

Dabei müssen wir alle den Glauben und unser Handeln daran messen, was Gott selbst von seiner Lehre sagt: ‘Meine Lehre wird strömen wie Regen, meine Botschaft wird fallen wie Tau, wie Regentropfen auf das Gras und wie Tauperlen auf die Pflanzen.’ (Dtn 32,2) Wir sollen ein lebender Segen sein, Gott gibt uns eine lebendige Botschaft, die das Land befruchtet. Gottes Wahrheit erweist darin ihre Kraft, dass sie lebendig macht, so wie Regen dürres Gras erblühen läßt, dass sie aufrichtet, erfreut, erfrischt und nährt.


Amen.

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