Rottenburg, Dom St. Martin
Schrifttexte: Lesung: Jes 61, 1-3a.6a.8b-9; Evangelium: Lk 4, 16-21
Liebe Mitbrüder im priesterlichen und diakonalen Dienst, liebe Schwestern und Brüder!
In der Chrisammesse weihen wir heute wieder die Heiligen Öle zur Spendung der Sakramente in unserer ganzen Diözese. So wird in diesem Gottesdienst in besonderer Weise der sakramentale Charakter der Kirche sichtbar und erfahrbar. Kirche als Volk Gottes ist und soll sein das wirksame Zeichen des Heiles für die Menschen. Nicht eines weltlosen Heiles, sonst hätten wir eine heillose Welt. Sondern das wirksame Zeichen des Heiles für die Menschen, das im Alltag schon da ist und heilsam wirkt im Gelingen des Lebens und des Zusammenlebens. Zeichen eines solchen Heiles allerdings, das bei aller gegenwärtigen Wirkung dann erst in Gott wirklich seine Vollendung findet. Das gegenwärtige, das heilsame Tun in unserer Kirche weist hinaus auf die Vollendung in Gott und das Heil Gottes reicht herein in unsere alltäglichen Situationen des eigenen Lebens. Des Lebens der Menschen, dort wo meist junge Menschen volle Mitglieder des Gottesvolkes unserer Kirche werden, da erfahren sie Stärkung durch die Salbung im Sakrament der Firmung.
Das gegenwärtige, das heilsame Tun unserer Kirche reicht herein in unsere alltägliche Situationen des eigenen Lebens, dort, wo Menschen sich in die Christusnachfolge begeben wollen in der Gemeinschaft mit der ganzen Kirche, da werden sie getauft auf den dreifaltigen Gott und gesalbt mit dem Chrisam, um Jesus Christus ähnlich zu werden, der selbst der Gesalbte Gottes ist, der ‚Xristos theou’!
Das gegenwärtige und heilsame Tun in unserer Kirche reicht herein in unsere alltägliche Situationen des eigenen Lebens, dort, wo Menschen an Leib oder Seele krank sind, da spenden wir die Krankensalbung.
Unser Handeln als Christen, als Getaufte und als Gefirmte, als Priester und Diakone, als Hauptamtliche und Ehrenamtliche soll ein helfendes, ein stärkendes, ein heilsames, ein heilendes Tun an den Menschen sein. Deshalb, liebe Schwestern und Brüder, verfehlen Christen ihr Christsein und ihren Auftrag in der Kirche, wo Unheiles durch sie in die Welt getragen wird und Menschen Böses getan wird. Menschen zu missbrauchen, insbesondere Schutzbefohlenen, Wehrlosen und Schwachen ist eine verabscheuungswürdige Sünde, ein schweres Verbrechen gegen das Heilsein des Menschen und gegen Wesen und Auftrag der Kirche. Solch böses Tun verstößt gegen das Heilshandeln Gottes, verstößt gegen die Sendung Jesu, den Menschen Heil und Heilung zu bringen. So ist Missbrauch eine Sünde wider den Heiligen Geist Gottes.
Nach seiner Taufe im Jordan wurde Jesus gesalbt mit diesem Heiligen Geist Gottes. Das berichtet uns die Bibel und daran erinnert uns das heutige Weihegebet über den Chrisam. Salben kommt vom griechischen krinein; Christus bedeutet also der Gesalbte. Jesus aus Nazareth ist der von Gottes Geist ganz Erfüllte. Das ist gemeint, wenn die Heilige Schrift ihn den Gesalbten nennt. Er, der Gesalbte, der Christus, stammt ganz aus Gott. Von dem auf ihn herabkommenden Gottesgeist erfüllt, von diesem Heiligen Geist durchglüht, zog Jesus der Gesalbte durch das Land, verkündete die frohe Botschaft, dass Gott mit uns ist.
In diesem Geist heilte er die Heillosen, die Verletzten und Verlorenen. In diesem Geist befreite er die in sich Gefangenen und erlöste die Besessenen von ihren bösen Geistern. So setzte er zum Heil der Menschen wirksame Zeichen der wandelnden, der verwandelnden Gottesnähe. „Wenn ich mit dem Finger Gottes - dem heiligen Geist - die Dämonen austreibe, dann ist das Reich Gottes unter euch nahe“ (Lk 11, 20), erklärt Jesus sein heilendes Handeln erstaunten Jünger.
Wir liebe Schwestern und Brüder sind seit unserer Taufe Christen, Gesalbte, mit dem Gottesgeist ausgestattet mit dem Heiligen Geist, wie er in der Liebe Christi die Menschen verwandelt hat. Dazu sind wir mit dem Christusöl Gesalbte gerufen. Berufen dazu in der Liebe Christi nun selbst die befreiende Botschaft zu verkünden, dass Gott mit uns ist; als Christen selbst die Heillosen zu heilen, die Verletzten und die Verlorenen, die in sich Gefangenen zu befreien und Besessenen von ihren bösen Geistern zu erlösen. So setzen wir vom Christusgeist Ergriffene wirksame Zeichen der Gottesnähe. „Wenn ihr mit dem Finger Gottes - dem heiligen Geist – das Böse vertreibt, liebe Schwestern und Brüder, dann ist das Reich Gottes unter euch nahe.“
Die Weihe der heiligen Öle ist eingebettet in die Feier der Eucharistie. Denn die Eucharistie erinnert und vergegenwärtigt im Hören der Heiligen Schrift, im Beten und in heiligen Zeichen den von Gottes heiligem Geist durchglühten Jesus Christus. In der Feier der Eucharistie ereignet sich Gottes Liebe zu uns bis zur völligen Hingabe seiner selbst, bis zur Entäußerung seiner selbst in Jesus Christus.
Die heilige Eucharistie feiert diesen Jesus Christus, vergegenwärtigt seine Taten der Heilung und des Heiles. In der Eucharistie wird gegenwärtig die Liebe Gottes, die in ihm zu uns gekommen ist. Die Liebe Gottes, die in Jesu heilendem und heiligendem Handeln sich selbst ganz und gar hingegeben hat. Aus der in der feiernden Vergegenwärtigung Jesu Christi lebendig werdenden Liebe Gottes zu uns Menschen werden wir selbst zu liebenden Menschen, zu Christen, zu mit Gottes hingebendem, liebendem Geist erfüllten Menschen. Im Weihegebet über den Chrisam heißt es: „Vor allem aber gib, dass deine Kirche im Zeichen des Chrisams wachse bis zur Vollgestalt Christi.“.
Sie, liebe Schwestern, liebe Brüder, als mit dem Chrisam Gesalbte, wir alle in unserem eigenen Leben in unseren verschiedenen Aufgaben sind berufen, Christus in der Gemeinschaft der Glaubenden in unserem Leben, in unserem Handeln, Hoffen und Lieben, darzustellen, als den liebenden, als den heilenden und heiligenden Gottessohn. So sind wir [....] gemeinsam auf dem Weg der Liebe, auf dem Weg der liebenden Hingabe für die Verlorenen, für die in der Anonymität Vergessenen und Verschollenen. Wir, mit dem Heiligen Gottesgeist Gesalbte, sind immer und in diesen Tagen in besonderer Weise auf dem Weg zu den Opfern böser Taten, auf dem Weg zu heilen und Menschen Gottes Liebe erfahren zu lassen, weil wir selbst von ihm geliebte sind. Hier schlägt das Herz einer diakonischen Kirche, die wir mit Gottes Hilfe sein wollen.
Amen.