Bischof Dr. Gebhard Fürst: Predigt im Festgottesdienst zur Einweihung des Hauses der Katholischen Kirche

Stuttgart, St. Eberhard

Schrifttexte: Eph 2,19-22; Mk 16,15-18

Liebe Schwestern und Brüder,

gleich zwei große Feste können wir heute feiern. Zwei Feste, die ganz unterschiedlich sind und doch innerlich zusammenhängen. Wir feiern am heutigen Sonntag das Fest der Bekehrung des Heiligen Paulus. Und wir eröffnen und segnen das Haus der katholischen Kirche hier unmittelbar neben St. Eberhard.

In der Mitte der Stadt, soll dieses Haus erfüllt von christlichem Geist ein Ort sein, an dem Menschen eine einladende, gastliche Atmosphäre spüren, heilsame Begegnungen erfahren und - wo sie dies brauchen – ganz konkrete Hilfe bekommen können. – Aus welchem Impuls heraus und zu welchem Sinn erbauen Christen ein solches Haus?

Da, liebe Brüder und Schwestern, hat uns Paulus viel zu sagen.
Paulus wird in einer umstürzenden Erfahrung vor den Mauern der Stadt Damaskus von der Macht des Christuslichtes ergriffen und auf eine neue Lebensspur gelenkt. Diese nun in ihm, dem auf Christus getauften wohnende Kraft Jesu Christi, bewegte ihn, motivierte ihn auf die Wege und Straßen und in die Dörfer und Städte zu den Menschen der damals bekannten Welt zu gehen. Die Kraft Jesu Christi treibt ihn an, das Evangelium zu verkünden, die heilende, erlösende und befreiende Botschaft zu Menschen zu bringen.

Es ist dieser selbst vom Geist Jesu Christi ergriffene und erfüllte Paulus, der den auf Christus Getauften in seinen Gemeinden predigt und aus der Ferne schreibt. Er predigt und schreibt Briefe, um auch sie zu begeistern von dem neuen Leben, das durch Jesus Christus in die Welt gekommen ist und immer aufs Neue in den Menschen wirken kann.

Der heutige Festtag lässt uns innehalten und zurückfragen, wer wir denn sind, die wir uns Christen nennen. Was ist die Würde des Christseins? Was macht eine christliche Gemeinde erkennbar?

Zunächst einmal, an dem was und wer sie sind. Ein christliche Gemeinde wird zunächst identifiziert nach ihrem Selbst-Bewusstsein: Den Christen in Korinth will er dieses Selbstbewusstsein einstiften. Deshalb schreibt Paulus ihnen: „Schwestern und Brüder, ihr seid Gottes Bau.“ Ihr habt euch nicht selbst zu dem gemacht, was ihr seid, sondern Gott hat euch aufgebaut. – „Wisst ihr denn nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ (1 Kor 3,9c.16)

Liebe Christen der Gemeinde von St. Eberhard, liebe Stuttgarter Katholiken in den verschiedenen Kirchen-Gemeinden dieser Stadt: In euch - den auf Christus Getauften - wohnt Gottes Geist – und kein anderer! - Das sind wahrhaft mutige Aussagen, wenn wir in die Gemeinden des damaligen Korinth schauen und in die katholischen Kirchengemeinden in Stuttgart heute. Trotzdem ruft Paulus auch uns heute zu: In euch, ihr Getauften, wohnt Gottes Geist! - Also: lasst euch über die toten Steine, mit denen wir unsere Häuser und Kirchen bauen hinaus - aufbauen „als lebendige Steine zu einem geistigen Haus.“ (1 Petr. 2, 5) Den Christen in Ephesus schreibt er - in der Lesung haben wir diese eindrucksvollen Worte gehört - „Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut. Der Schlussstein ist Christus Jesus selbst. Durch Christus wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn.“ (2,20f)

Und noch ein so tiefgründiger Satz: „Durch ihn, Jesus Christus, werdet auch ihr im Geist zu einer Wohnung Gottes erbaut.“ (Eph 2,22) Gemeinschaft der Christen: eine im Geist Christi erbaute Wohnung Gottes!

Jesus Christus hält den ganzen Aufbau einer Gemeinde zusammen, in ihm ist alles grundgelegt. Nicht wir müssen den Grund legen oder den Boden allererst bereiten. Nein: Der Grund, die Grundmauern sind gelegt: Jesus Christus ist der Eckstein in ihm sind wir eine im Geist Christi erbaute Wohnung Gottes!
Die Kirche Jesu Christi, die Gemeinde derer, die Jesus Christus nachfolgen, das ist weit mehr als ein steinernes Haus, so schön es auch sein mag.

Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden ist der Raum Gottes unter den Menschen. Kirche Jesu Christi ist ein Bau aus lebendigen Steinen, und nur das zeichnet sie letztlich aus. Alle offiziellen Titel, protokollarischen Großereignisse und eine zurecht festlich ausgerichtete Großveranstaltung erinnern uns letztlich doch nur daran, dass wir erst dann eine wirklich ausgezeichnete Kirche sind, wenn wir Gemeinde lebendiger Steine, geisterfüllte Gemeinde sind. Da beginnt eine große Geschichte allererst: „Durch ihn, Jesus Christus, werdet auch ihr im Geist zu einer Wohnung Gottes erbaut.“ (Eph 2,22)

Als programmatische Überschrift heißt das für ein Haus der Katholischen Kirche und die Menschen in ihm: Wo Kirche den Geist ausdrückt, da sind wir wirksam als missio-narische Kirche in unserer Gesellschaft, als Haus Gottes mitten in der Stadt Stuttgart. Missionarische Kirche sind wir durch das glaubwürdige Zeugnis unseres Lebens und Handelns.

Was bedeutet das konkret für uns? Jesus ist für uns unendlich bedeutsam, er ist notwen-dig. Sein Leben und Sterben zeigen uns, wie kostbar dieser Mensch für uns Menschen ist. Er hat alle geliebt - ausnahmslos. Er hat aufgerichtet, die niedergeschlagen waren, er hat getröstet, die betrübt waren, er hat die gestärkt, die schwach waren. Er hat die, die im Schatten waren, aus den Ecken geholt und in die Aufmerksamkeit der anderen gestellt. Er hat geheilt, die heillos mit sich und anderen zerfallen waren.

Er hat die Menschen dabei auf ihre eigene Kraft verwiesen, er hat vergeben und verziehen, er ging immer wieder, 'um zu suchen und zu retten, was verloren ist' (Lk 19, 10). Und selbst, als mit dem Tod letzte Finsternis anzubrechen schien, konnte ihn das nicht abhalten, bis ins Letzte zu lieben. So liebend setzte er dem Tod eine letzte, gültige Antwort entgegen, letzte Finsternis zeigte sich da als Wende der Nacht und Beginn eines neuen Lichts.

Darin drückt sich der Geist Jesu Christi lebendig aus. In seiner Spur gehen wir, und in seiner Nachfolge machen wir uns auf, ein Haus der Katholischen Kirche mitten in Stuttgart mit Leben zu füllen, mit Leben, das die Signatur seines Geistes erkennbar an sich trägt.

Da werden wie es im Evangelium von heute heißt - ‚durch die, die zum Glauben gekommen sind, Zeichen geschehen: da werden sie Dämonen, fesselnde Geister, austreiben, da werden sie in neuen Sprachen reden, die Trost, Verständigung und Frieden ermöglichen, und da werden die Kranken, denen sie die Hände auflegen, gesund werden, Menschen, denen wir im Geist Jesu Christi begegnen, werden Heil erfahren. (vgl. Mk 16,17f)

Wo Gott durch Jesus Christus zu Gast ist, verwandelt sich die Welt, verwandeln sich die Menschen. Die Kirche führt zusammen, um diese Frohe Botschaft zu hören und durch ihre Worte und Taten weiterzugeben. Das Haus der Katholischen Kirche möge davon ein sprechendes, ein wirksames, ein anstiftendes Zeugnis geben.
Amen.

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