Stuttgart, Konkathedrale St. Eberhard
Schrifttexte: Offbg 1,5-8; Dan 7,2-14; Joh 18,33-37
Liebe Gemeinde hier in St. Eberhard, liebe Schülerinnen und Schüler,
liebe Schwestern und Brüder!
Entdeck den roten Faden in deinem Leben! - Gottes Ruf auf der Spur.
So steht es über dem Jahr der Berufung, das wir heute mit unserem Gottesdienst eröffnen! - Was will ich werden? Was soll aus mir werden? So fragen viele Menschen – besonders natürlich die jungen, die in ihr Leben hineinfinden wollen und sich wünschen, dass es gelingt...
Da liegt er, der rote Faden – ein Zeichen zunächst, das von sich aus zu uns spricht: Entlang am roten Faden finde ich den Weg zum Leben. Als Christen vertrauen wir, dass in jedes Leben eines Menschen ein roter Faden eingewoben ist, eingewoben von Gott, unserem Schöpfer.
Hier ist er deutlich zu sehen. Aber in meinem eigenen Leben ist er mir oft noch verborgen, muss ich ihn erst entdecken, ihn suchen und finden. Die Jugendlichen, die am Anfang des Gottesdienstes hier umhergegangen sind und nach dem roten Faden Ausschau hielten, haben uns das gezeigt: Der rote Faden ist da, aber du musst in suchen und finden, dann gelingt dein Leben.
Das Jahr der Berufung will Menschen auf die Entdeckungsreise locken, den roten Faden zu suchen und zu finden im eigenen Leben. Überall soll das geschehen, in den Kirchen-Gemeinden und Einrichtungen unserer Diözese, in den Schulen und im Religionsunterricht, in den Gottesdiensten und Veranstaltungen in den Begegnungen, die uns geschenkt sind. Dieses Jahr will Menschen animieren, sich zu fragen: was steckt in mir? Mit welcher Gabe bin ich begabt, die ich zur Entfaltung bringen kann, sodass mein Leben ein Ganzes wird.
Für diese Entdeckungsreise zu meinem roten Faden, zu meiner Berufung sind Grundhaltungen nötig: aufmerksam sein, herumschauen - wer finden will muss suchen, wer eine Antwort bekommen will, muss fragen, muss stille werden, um hören zu können ..... Besonders in der Stille hören wir, wozu wir berufen sind.
Hören: in mich hinein – „wo sind meine Stärken? Wäre das nicht ein Beruf für mich?“
Hören: auf Signale oder Stimmen, die mir sagen: „darin liegt deine Begabung, dazu bist du berufen. Das kannst Du! Tu es!“
In der Stille, in der Besinnung fragen viele Menschen ihren Schöpfer – „Gott zeige mir, wozu ich gerufen bin, wo du mich haben willst.“
Wenn die Entdeckungsreisen meines Lebens in die Stille führen – schließlich vor Gott, dann werden viele Suchbewegungen des Lebens zu Aufbrüchen zu ganz ungeahnten Zielen. Da wird manche und mancher seine Überraschung erleben.
Mit den Gaben, die nachher in der Gabenprozession nach Vorne gebracht werden, wird zuerst ein Ohr zum Altar getragen. Das Ohr, das Organ zum Hören, hier ein Sinnbild für das Hören wollen auf den Ruf, der mich auf meinen eigenen, ganz unverwechselbaren Lebensweg ruft. In all den Ahnungen, die wir in uns spüren, den Möglichkeiten, die sich uns bieten, den Signalen und Stimmen, die wir hören, sind wir letztlich Gottes Ruf an uns auf der Spur. Seinem Ruf zu folgen brauchen wir keine Angst zu haben. Denn der rufende Gott gibt auch die Kraft, den Weg zu gehen, auf den er ruft und führt.
Wir alle sind mit Begabungen ausgestattet, die wir zu erkennen, anzunehmen und auszubilden gerufen sind. Als Christen sind wir durch unsere Taufe und unsere Firmung in besonderer Weise gerufen, die Begabungen nicht nur für uns selbst zu entfalten und zum eigenen Nutzen zu gebrauchen. Als Christ bin ich gerufen, meine Kräfte und Gaben zu leben und einzusetzen für meine Mitmenschen. Was habe ich, das ich nicht empfangen hätte? So werden aus Begabungen Berufungen.
Die eigenen Gaben einzusetzen für Andere, das ist das besondere an den Christen. Daran erweist sich auch, ob wir nicht nur dem Namen nach, sondern mit Leib und Seele Christen sind. Gottes Ruf auf der Spur heißt auch entdecken wie ich meine Begabung in den Dienst meiner Mitmenschen stellen kann, in den Dienst der Gemeinschaft der Glaubenden, ja zum Wohl des Ganzen in den Dienst der Gemeinschaft der Menschen.
Gottes Ruf auf der Spur sein, heißt auch weitergeben, was mir gegeben ist. Berufung ist Gabe und Weitergabe. Deshalb wird bei der Gabenprozession nachher auch eine Hand zum Altar gebracht. Hand bedeutet Geben, Weitergeben, Handeln mit der eigenen Begabung an anderen Menschen und für sie – so wie Jesus selbst, den wir heute am Christenkönigssonntag besonders feiern.
Wohl kaum ein Tag ist besser geeignet, das Jahr der Berufung zu eröffnen als das Christkönigsfest. Denn heute hören wir, welche Berufung zu leben Christus in die Welt gekommen ist. Beim Verhör vor Gericht sagt er: ‚dazu bin ich geboren und dazu in die Welt gekommen ist, um für die Wahrheit Zeugnis abzulegen’. Die größtmögliche Berufung die ein Mensch je erhalten hat, Menschensohn und Gottessohn zu sein, ist um unseres Heiles willen geschehen. Christkönig ist er für uns. Die Zeichen der Königswürde Jesu sind, Hingabe seines Lebens an uns Menschen. Mit-Leiden und kraftvolle Liebe. Er schenkte Menschen seine heilsame, befreiende, ja erlösende Nähe. Wie ein roter Faden zieht sich dieses Grundmuster der Nähe zu den Menschen durch das Leben Jesu - besonders zu den bedrohten, verletzten, leidenden und abgeschobenen Menschen. Das ist sein starker roter Faden. Er ist gefärbt mit dem Rotton Jesu.
Den roten Faden in meinem Leben entdecken, heißt Christus selbst zu entdecken, der mich ruft und schon immer in mir als Getauftem und Gefirmten wirksam ist. Der rote Faden hier um den Altar ist nicht zuletzt das Symbol für IHN – Jesus Christus.
Er liebt uns, nicht nur mit Worten, sondern in Taten. In seiner Liebe würdigt er uns und hat uns selbst "zu Königen gemacht und zu Priestern vor Gott, seinem Vater" (Offb 1,6) wie es in der Lesung aus der Offenbarung des Johannes zu hören war.
Wir, die wir ihm nachfolgen, werden so mitten in der Welt zu selbst ‚Christkönigen’. Seiner Berufung zu folgen, das heißt, sich an ihm das Beispiel zu nehmen, sich durch Jesus Christus das Maß setzen zu lassen, seinen roten Faden aufzugreifen. Gottes Ruf auf die Spur zu kommen, das heißt: leben, handeln und glauben wie der Christkönig, damit die heilsame Nähe Gottes unter den Menschen spürbar wird.
Liebe junge Menschen, dies zu verwirklichen gibt es verschiedene Möglichkeiten: seid aufmerksam, schaut, sucht, hört, entscheidet, wie ihr eure Begabung zur Berufung in der Nachfolge des Christuskönigs verwirklichen könnt. Gott braucht Menschen. Unsere Kirche braucht eure Begabungen. Ich kann euch versichern, das werden keine langweiligen, sondern höchst spannende Lebenswege – als Berufene in den Spuren Jesu Gottes Ruf zu folgen, für Menschen da zu sein und ihnen von Gottes Liebe zu künden. Das wird erfüllender als alles andere, was ihr euch ausdenken könntet: im alltäglichen Leben, in ehrenamtlich übernommenen Aufgaben oder in den Diensten und Ämtern der Kirche - mit Gottes begleitender Kraft zum Heil der Menschen. Habt Mut dazu! Die Menschen werden es euch danken und Gottes Liebe ist euch von A bis Z gewiss!
Amen.