Bischof Dr. Gebhard Fürst: Predigt zur Weihe der Diakone

Stuttgart, Konkathedrale St. Eberhard

Schrifttext: Dtn 26,16-19 – Apg 6,1-7 - Mt 5,43-48

Liebe Schwestern und Brüder!

An entscheidender Stelle des Evangeliums sagt Jesus Christus von sich selbst: „Ich bin nicht gekommen, mich bedienen zu lassen, sondern zu dienen und mein Leben hinzugeben... “ (Mt 20, 28). Der Evangelist Lukas bezeugt von Jesus: er lebte „wie einer der bedient“ (Lk 22, 27). Und der Verfasser des Markusevangeliums schreibt: Jesus aus Nazareth war der „Diener aller“ (Mk 9, 35). – Diese Worte sind wie Überschriften über die Diakonenweihe. In der griechischen Sprache des Neuen Testaments heißt ja dienen diakonein und Diener „Diakonos“. Jesus Christus also, den wir als Sohn des lebendigen Gottes bekennen, er lebte unter den Menschen als Dienender, als Diakon. – Die Wucht dieser Botschaft kann nur erfassen, wer wirklich hören kann, was hier verkündet wird. –

Die zehn Männer, die der Bischof nachher zu Diakonen weihen wird, treten ein in dieses Lebensmodell Jesu, das er uns vorgelebt hat, nämlich ‚Diener der Menschen, ihr Diakon’ zu sein. Jeder unserer Weihekandidaten hat in seiner jeweils ganz originellen Lebens- und Glaubensgeschichte den Ruf Gottes vernommen, in die Nachfolge dieses, den Menschen dienenden Jesus von Nazareth einzutreten.

Liebe künftige Diakone, mit Eurer Antwort auf diesen Ruf Gottes, mit Eurem JA zum Diakoneamt, mit dem „Hier bin ich!“, das jeder zu Beginn der Eucharistiefeier und Diakonenweihe gesprochen hat, seid Ihr ein starkes, ein unübersehbares Zeichen der Hoffnung für die Kirche. Ihr seid ein starkes, unübersehbares Zeichen für die lebensprägende Kraft des Evangeliums Jesu Christi.

Dafür danken wir Euch! Nicht zuletzt danken wir Gott, dass er Euch berufen hat und solches möglich macht in unseren aufgeregten Tagen. Uns alle, mich als Euer Bischof, erfüllt dies mit tiefer Freude. – Freude empfinden aber auch Sie, liebe künftige Diakone! Sie erreichen ja heute das Ziel, auf das Sie seit vielen Jahren zugehen: im Hören und Fragen, im Gebet, mit Treue zur Berufung. Ihr JA zum Dienst in der Kirche als Diakon und dann bald als Priester wirkt wie ein Signal der Hoffnung in unseren stürmischen Zeiten. Ihr JA bestärkt uns alle im Glauben an den lebendigen Gott, der uns auch heute seine machtvollen Taten erleben lässt. Ihr JA bestärkt uns im Vertrauen darauf, dass sich immer wieder Menschen von Gott mit Leib und Seele, mit Herz und Verstand in seinen Dienst nehmen lassen. Ja in SEINEN, in Gottes-Dienst!

Liebe Schwestern und Brüder! Da ist das sperrige Wort noch einmal, das mit dem Amt des Diakons unlösbar eins ist: Dienst! Dienen! Sich in den Dienst nehmen lassen von Gott, um im eigenen Leben selbst Menschen zu dienen. „Dienen“ – dieses Wort hat für viele Leute von heute und von Rang keinen guten Klang. Sie verbinden damit ein unmündiges Verhalten von Menschen, die noch nicht zum selbstbestimmten Leben gefunden haben. Und wenn schon das Wort „dienen“ benutzt wird, dann im Zusammenhang von sich bedienen und sich bedienen lassen! Wohin solches Verhalten führt, davon können wir manch trauriges Lied singen!

Liebe Schwestern und Brüder, Christen folgen, wo sie bei der Sache des Evangeliums sind, einem anderen Lebensmodell. Sie folgen dem, dessen Namen sie tragen. Christus ist der Diener aller! Wer IHN anschaut, der entdeckt eine andere, ganz neue Grundhaltung. Jesus führt ein vom üblichen Denken und Verhalten seiner Zeit unabhängiges Leben, unabhängig gerade weil er aus einer tiefen Beziehung zu Gott lebt. Jesu Gottesbeziehung macht ihn souverän und frei – zum Wohl und Heil der Menschen. Wer diesen Weg gegen den flüchtigen Geist der Zeit heute einschlägt, wirkt oft wie ein Stachel im Fleisch. Wo wir aber auf Jesus Christus schauen, da wird unsere Angst zerstreut, dass wir uns selbst verlieren, wenn wir uns selbstlos den anderen zuwenden! Jesus hat sein Leben den Menschen vorbehaltlos hingegeben und gerade darin ist er bei Gott angekommen. Das ist das Geheimnis des Glaubens.

Christus war und ist der Diakon! Jesus wendete sich in großer Souveränität den Menschen zu. Aus den Evangelien wissen wir: Er teilte sich zuerst den Armen und Kranken mit. Für die Hungernden, die Schwachen und Leidenden, für die Verzweifelten und Niedergeschlagenen war er der „Hier bin ich, für Dich!“. So verwirklicht sich der Aufruf des dienenden Jesus: Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst! (vgl. Mt 5, 43f.) Oft kann man für verstörte, für kranke Menschen „einfach“ nur da sein. Unaufdringliches Da-Sein hilft dem Unruhigen, wirkt heilsam auf verwundete Seelen, gibt Kraft dem Kraftlosen. Rastloses Leben, aufgeriebene Seelen, kraftlose, niedergeschlagene und verzweifelte Menschen – das ist weiter verbreitet in unserer Zeit, als oberflächlich zu sehen ist. Mit dem eigenen Da-Sein dienen – darin werden Sie, liebe künftige Diakone, selbst heilsam wirken. Hier wird das „Hier bin ich“ heilsam für Andere wirksam.

Liebe künftige Diakone, verlasst Euch auf diesen guten Geist Jesu Christi. Traut seiner Gegenwart in Eurem Tun! Die Kraft für Euren Dienst zieht Ihr nicht aus Euch selbst, sondern aus der Beziehung zu Jesus Christus. Das Gebet der Psalmen – es sind ja die Gebete Jesu, aus denen er glauben gelernt hat! – diese Psalmen möchte ich Euch besonders ans Herz legen. Aus den Psalmen hat Jesus seine Kraft, seinen lebendigen Gottes-Geist, bezogen. Das Psalmgebet wird auch Ihnen Kraft geben, dienen zu können, da sein zu können für die Menschen, die sie brauchen. Jesus war der Diakon der Verlorenen. Er hat sie heimgeholt. Diakone gehen zu den Verlorenen. Diakone holen Menschen heim!

Liebe Schwestern und Brüder, wer nur ein wenig Ahnung hat vom Zustand menschlicher Beziehungen und den menschlichen Tragödien in unserer Zeit, der weiß, wie sehr Sie, liebe Mitbrüder, als Diakone heute gebraucht werden. Die Aufgabe, liebe künftige Diakone, in Ihrem amtlichen Berufsprofil den dienenden Christus abzubilden und leibhaft erfahrbar werden zu lassen, diese Aufgabe behalten Sie immer, auch später als Priester in der diakonischen Kirche. Nur in der Einheit der Grunddienste der Verkündigung des Wortes Gottes, der Feier der Liturgie und der Diakonie als tätiger Nächstenliebe kann unsere Kirche ihren Dienst in der Welt von heute glaubwürdig tun. Wo Diakone diesen Liebes-Dienst mit der Gnade Gottes tun, da legen sie mit ihrer ganzen Existenz Zeugnis ab für einen vitalen, ja im recht verstandenen Sinn radikalen christlichen Glauben.

Liebe künftige Diakone, Sie lassen und verlassen vieles, was anderen unverzichtbar erscheint: Sie lassen einen schon erlernten Beruf hinter sich, sie verlassen und lassen eine eigene Familie, verzichten auch auf übliche Karrieren und auf Statussymbole, die Menschen scheinbar groß machen. Im Verlassen und Lassen werden Sie Ihre neue Heimat finden in der tätigen Liebe Gottes zu den Menschen und für ihr Heil. Gott begleite und stärke Sie mit seinem kraftvollen Leben und Heil spendenden Geist.

Amen.

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