Stuttgart, SWR 2
Es ist ein vornehmes Wort für ein vornehmes Engagement: Das Ehrenamt!
Sie haben keine große Lobby und machen auch keine Werbung für sich, aber unzählige Menschen sind als Ehrenamtliche tätig.
In unseren Städten und Gemeinden, in Vereinen, sozialen und kulturellen Organisationen und nicht zuletzt in den Kirchen. Die Vereinten Nationen erklärten das Jahr 2001 zum Internationalen Jahr der Ehrenamtlichen. UN-Generalsekretär Kofi Annan beschrieb die Ehrenamtlichen damals als Menschen "die an das Ideal des Dienens und an die Kraft der Solidarität glauben." Ehrenamtliche seien vor allem Menschen, "die den Mut haben, zu glauben, dass ihr Tun wirklich einen Unterschied macht, etwas ausmacht und unsere Welt verändert".
Eine Begriffsbestimmung, über die ich heute Morgen mit ihnen nachdenken möchte: Ehrenamt ist ein Tun, das den Unterschied macht. Denn ohne die Ehrenamtlichen würde in unserer Gesellschaft schnell das Licht ausgehen. In unserer individualisierten und mobilen Gesellschaft sind die sozialen Netze brüchig geworden.
Ehrenamtliche sorgen dafür, dass in unserem Land die "soziale Temperatur" nicht unter den Gefrierpunkt sinkt, indem sie Menschlichkeit und Solidarität konkret praktizieren. Jugendliche engagieren sich z.B. im Umweltschutz, Erwachsene z.B. organisieren Mittagstafeln und versorgen so Obdachlose. Senioren besuchen in Krankenhäusern oder im Hospiz ans Bett Gefesselte. Engagements wie diese sind Hoffnungszeichen. Und es gibt viele, die ich jetzt nicht nennen kann. Ein Tun, das etwas ausmacht und unsere Welt verändert.
Hinter dem ehrenamtlichen Engagement von Christen steht ein besonderes Menschenbild: Christen denken groß vom Menschen und handeln entsprechend. Sie sind überzeugt, dass jeder Mensch vielfältige und verschiedene Begabungen hat. Damit können Christen den Schritt wagen, die eigene Begabung nicht für sich selbst zu behalten, sondern sie zu verschenken und für andere einzusetzen.
Wo Christen ganz nah bei ihrer Botschaft sind, da denken und handeln sie danach: Sie geben, statt zu behalten. Aus dem christlichen Verständnis vom Menschen folgt, dass wir nicht nur für uns selbst leben, sondern dass wir hergeben, was wir doch auch nur empfangen haben. Wir haben unser Leben und unsere Gaben nicht von uns selbst und nicht nur für uns selbst – sondern auch und gerade für den anderen.
Dieses Teilen unserer Talente ist also keine moralische Leistung, die wir erbringen sollen, sondern eine Einladung, über der das Versprechen steht: Du wirst erst ganz zum Ich in der Zuwendung zum anderen. Indem du dich gibst, empfängst du dich, in der Hinwendung zum anderen erhältst du dich selbst ganz neu.
Das ist das entscheidende Kennzeichen christlichen Engagements:
Indem wir geben – uns selbst geben - dürfen wir gewiss sein, viel zu empfangen. Ja mehr zu empfangen, als verschenkt zu haben. Und das verändert uns selbst – und die Welt!