Bischof Dr. Gebhard Fürst zum 25-jährigen Amtsjubiläum von Papst Johannes Paul II. 2003

Rottenburg

Papst Johannes Paul II. hat - was schon die Wahl seines Papstnamens ausdrückt - eine dem Johannesevangelium verpflichtete Vision und eine dem Völkerapostel Paulus verpflichtete Mission. Die Vision lautet: Frieden in der Welt mit ihren unterschiedlichen Kulturen und Religionen ist möglich, wo Gott als Schöpfer und Vater aller Menschen und damit auch die unverlierbare Würde jedes Menschen erkannt und anerkannt wird. Seine Mission heißt: diese Friedensbotschaft des Evangeliums neu zu allen Völkern zu tragen.

Um dieser Neuevangelisierung willen hat der 265. Nachfolger des Apostels Petrus auf so beeindruckende Weise etwa zwei Drittel der Länder der Erde bereist, durch seine Unterstützung der Gewerkschaftsbewegung in Polen wesentlich zum Sturz des menschenfeindlichen Systems des Kommunismus beigetragen, die Führer der Weltreligionen zum Friedensgebet nach Assisi eingeladen und die gespaltene Christenheit zur Wiederherstellung der Einheit aufgerufen.

Am deutlichsten in der Weltöffentlichkeit wahrgenommen wurde sein Bemühen um eine friedliche Lösung des Irak-Konfliktes und seine kategorische Ablehnung eines Krieges in dem moslemischen Land. Der Papst sah darin keinen Weg zu einem gerechten Frieden, sondern eine "Niederlage der Menschheit" selbst. Nicht zuletzt wollte er dem Anschein entgegentreten, als handle es sich bei diesem Krieg um die Auseinandersetzung von zwei Weltreligionen oder einen "Krieg der Kulturen". Nicht wenige haben sich deshalb gewünscht, dass der Papst, der weltweit zu den angesehensten Persönlichkeiten zählt, den diesjährigen Friedennobelpreis erhält.

Aus der in der Gottebenbildlichkeit gründenden Würde jeder menschlichen Person folgt für Johannes Paul II. die universale Gültigkeit der Menschenrechte, insbesondere das Recht auf Leben auch der Ungeborenen und die Unverfügbarkeit menschlichen Lebens am Anfang und Ende, das Recht auf Religionsfreiheit, das Verbot der Diskriminierung auf Grund von Rasse, Religion oder Geschlecht und das Recht auf eine gerechte Verteilung der Güter in der Welt. Eine Weltwirtschaftsordnung, die die armen Länder des Südens unter ihrer Schuldenlast erdrückt und zu Bittstellern der reichen Länder des Nordens macht, ist für ihn keine gerechte Ordnung im Sinne Gottes, weshalb er als "Anwalt des Menschlichen" auch mit einem zügellosen Kapitalismus ins Gericht ging.

Aus der Würde des Menschen folgt für ihn aber auch, die eigene Freiheit und damit Schuldfähigkeit anzuerkennen. Als erster Papst der Geschichte bat Johannes Paul II. im Heiligen Jahr 2000 um Vergebung für die von katholischen Christen begangenen Verbrechen und Verfehlungen in der Geschichte der Kirche. Als erster Papst der Geschichte besuchte er eine jüdische Synagoge (und betete an der Klagemauer in Jerusalem), eine muslimische Moschee, ein protestantisches Gotteshaus und zwei orthodox geprägte Länder sowie das anglikanisch geprägte Großbritannien und warb wie kein anderer vor ihm für Verständigung und Dialog unter den Religionen und Konfessionen. Und als erster Papst der Geschichte hat er die christlichen Konfessionen dazu eingeladen, über die konkrete Gestalt seines Petrusdienstes als der strittigsten ökumenischen Frage gemeinsam nachzudenken.

Dieser Öffnung nach außen korrespondiert die Festigung der Lehre und Disziplin der katholischen Kirche nach innen. Der Papst hat stets - vor allem aber in seiner jüngsten Enzyklika "Ecclesia de Eucharistia" (2003) - die Einheit von Eucharistie- und Kirchengemeinschaft betont. Mit der Enzyklika "Fides et ratio" (1998) erinnerte er an die innere Übereinstimmung von christlichem Glauben und menschlicher Vernunft und sprach sich damit gegen einen skeptizistischen Vernunft-Verzicht aus. Bei vielen Gelegenheiten, insbesondere in seinen Ansprachen an die Jugend, unterstrich er die Berufung jedes Menschen zur Heiligkeit und Gemeinschaft mit Gott. Mit über 1.800 Selig- und Heiligsprechungen hat er mehr Menschen zur Ehre der Altäre erhoben als alle Päpste vor ihm. Dabei war es ihm ein Anliegen, durch die Kanonisierung auch die jeweiligen Ortskirchen zu stärken, in denen die Heiligen und Seligen gewirkt haben.

Bei seinem zweiten Deutschlandbesuch 1987 hat er mit der Seligsprechung des in Stuttgart geborenen zeitweiligen Rottenburger Diözesanpriesters und Jesuitenpaters Rupert Mayer, der in München gegen den Ungeist des Nationalsozialismus ankämpfte, ein leuchtendes Vorbild an unerschrockener Zivilcourage vor Augen gestellt, die auch ihn selbst auszeichnet. Bei seinem dritten Deutschlandbesuch 1996 hat er symbolisch das Brandenburger Tor durchschritten und damit ein Zeichen für die Überwindung der Teilung der Welt in Ost und West gesetzt. Die Teilung der Christenheit in Ostkirchen und Westkirchen zu überwinden, gehörte zu seinen größten, noch nicht erfüllten Anliegen, weil das Christentum nur durch seine sichtbare Einheit auch im 21. Jahrhundert Zukunft hat.

Diese Einheit hat ihren Grund zum einen im Petrusamt, für ihn aber zum anderen auch in der biblischen Gestalt der Gottesmutter Maria. Deren Verehrung ist den Ostkirchen nicht minder wichtig als der katholischen Kirche. Wohl auch deshalb hat der Papst aus Polen sein ganzes Pontifikat in den Dienst und unter den Schutz der Gottesmutter gestellt, der er seine Rettung beim Mordanschlag vom 13. Mai 1981 (dem Jahrestag der Marienerscheinung von Fatima) zuschrieb und zu deren Verehrung er die katholischen Christen mit der Reform des Rosenkranzgebetes zu Beginn seines 25. Pontifikatsjahres aufforderte.

Johannes und Maria, Paulus und Petrus - im Koordinatenkreuz dieser vier Grundgestalten des Christlichen mit Jesus Christus im Zentrum sieht und erfüllt Johannes Paul II. seinen päpstlichen Dienst und Auftrag. Wir können ihm dazu nur weiter Gottes Segen und Kraft, seinen Geist und seine Weisheit wünschen.

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