Bischof Dr. Gebhard Fürst zum Import von embryonalen Stammzellen 2002

Stuttgart

Der Menschheitstraum von der Heilung bisher unheilbarer Krankheiten, so wird uns suggeriert, lasse sich in absehbarer Zukunft durch frische embryonale Stammzellen aus getöteten Embryonen realisieren. Tatsache ist, dass damit noch keine einzige Krankheit geheilt wurde. Das oft angeführte Beispiel Alzheimer kann Zellforschern zufolge schon aus anatomischen Gründen nicht funktionieren.

Experimente mit Parkinson-Kranken führ-ten laut einer US-Studie zu unkontrolliertem Herumwerfen des Kopfes und Zucken von Armen und Beinen. Tierversuche mit diesen Zellen hatten bösartige Wucherungen zur Folge. Um die Abstoßung von körperfremdem Gewebe zu verhindern, müssten embryonale Stammzellen durch Klonen gewonnen werden. Die Forschung mit embryonalen Stammzellen widerspricht nicht nur unserer Ethik, wonach menschliches Leben Zweck an sich selbst und niemals bloßes „Mittel" für andere Zwecke ist, auch ihre Unumgänglichkeit für die Forschung ist zweifelhaft. Für die Grundlagenforschung genügen tierische Stammzellen. Für den therapeutischen Einsatz sind etwa adulte Blutstammzellen, mit denen heute bereits circa 45 Krankheiten erfolgreich behandelt werden, den embryonalen Stammzellen „weit überlegen", so Ernst Ulrich von Weizsäcker. Die Bundesärztekammer fordert daher zu Recht, Deutschland müsse Weltmeister im Er-forschen solcher ethisch unbedenklicher Stammzellen werden; dies wäre ein wirklicher Standortvorteil.

Die Zulassung des Imports ist also einerseits unnötig, andererseits rechtfertigt sie die „verbrauchende" Embryonenforschung. Dass sich die Forschung auf die vorhandenen (nach Qualität und Quantität unzureichenden) Stammzelllinien beschränken ließe, ist völlig unrealistisch. Der Import wäre vielmehr der Einstieg in die Produktion embryonaler Stammzellen auch in Deutschland, was das Embryonenschutzgesetz verbietet.

Das ethische Grundproblem beginnt bereits mit der In-vitro-Fertilisation, die die Katholische Kirche ablehnt, weil sie menschliches Leben verfügbar macht. Wir brauchen wieder ein Bewusstsein von der Unverfügbarkeit, Heiligkeit und Würde des menschlichen Lebens von An-fang an. Sonst geraten wir unweigerlich auf die „abschüssige Ebene" einer Relativierung des unbedingten Lebensschutzes (auch in anderen Bereichen), die zur Industrialisierung und Kommerzialisierung menschlicher Lebewesen führt.

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