Bischof Dr. Gebhard Fürst zur Eröffnung der diözesanen Aktion "Buch des Lebens" 2003

Rottenburg, Bischofshaus

Mit der Verleihung der Martinusmedaille der Diözese und der Uraufführung von Wettbewerbs-Kompositionen im Rottenburger Dom am letzten Sonntag ist das 175-jährige Jubiläum der Diözese offiziell abgeschlossen worden.

Dieses Jubiläumsjahr hatte, wie Sie alle wissen, eine Reihe von Höhepunkten. Ich erinnere nur an die festliche Wiedereröffnung des Rottenburger Doms vor Ostern, den Festgottesdienst am 17. Mai auf dem teilweise überdachten Rottenburger Marktplatz mit Veranstaltungen an zahlreichen Orten in der Rottenburger Innenstadt, an das Fest der Weltkirche im Juli in Stuttgart und nicht zuletzt an die „Nacht der offenen Kirchen“ Ende September, die diözesanweit große Resonanz gefunden hat. Insbesondere das Jubiläumsmotto „Gott und den Menschen nahe“ wurde sehr positiv aufgenommen und ist vielfach auch für eigene Veranstaltungen verwendet worden. Unser Konzept, nur wenige zentrale Veranstaltungen durchzuführen, dafür aber verstärkt die ohnehin vorhandenen Aktivitäten einzubinden, hat sich offensichtlich als richtig erwiesen.

Nach diesem bunten Strauß von diözesanen Großereignissen gilt es nun ein weiteres, diesmal bundesweites Großereignis vorzubereiten und in den Blick zu nehmen, das vom 16. bis 20. Juni 2004 in unserer Diözese stattfindet: den 95. Deutschen Katholikentag in Ulm.


1 „Leben aus Gottes Kraft“

 

Dieser Katholikentag steht unter dem schönen Motto „Leben aus Gottes Kraft“. Damit wird in einer Kurzformel umrissen, was Christsein überhaupt ausmacht. Christen leben durch die Taufe aus der Kraft des Geistes Gottes, wie er im Leben, Sterben und Auferstehen Christi überliefert wird. Christus selbst ist ja „die Auferstehung und das Leben“ (Joh 11,25), Weg, Wahrheit und Leben (Joh 14,6), Lebensbrot (Joh 6), „Wort des Lebens“ (Joh 1,1-3; 1 Joh 1,1) und „Urheber des Lebens“ (Apg 3,14), der den Geist des Lebens schenkt (Joh 1,33; 4,14; 7,38f, 19,30). Dieser überwindet die Macht des Todes in all ihren Formen und macht die Menschen in der Taufe zu „Kindern Gottes“ (Joh 1,12f).

Von diesem Geist sollen sich aber nicht nur die Christen als einzelne führen lassen. Vielmehr leitet er auch die Glaubensgemeinschaft der Kirche als ganze. Als „Schöpfergeist“ gibt er darüber hinaus der ganzen Schöpfung ihre Lebenskraft oder Dynamik auf das kommende „Reich Gottes“ hin als Vollendung der Welt. An Pfingsten, dem Fest, das besonders das schöpferische Wirken des Geistes bei der Entstehung der Kirche in den Blick rückt und das in zeitlicher Nähe zum Katholikentag (Ende Mai) liegt, wird gerade auch diese Schöpfungsdimension herausgestellt.

Diese Schöpfungsdimension ist mir sehr wichtig. Denn sie macht deutlich, dass kein Mensch aus sich selbst heraus lebt, sondern jeder das Leben, ja im Grunde alles von anderen empfangen hat. „Was hast du, das du nicht empfangen hättest?“ fragt der Apostel Paulus (1 Kor 4,7). Dies gilt auch für den „Schatz des Glaubens“, den wir „in zerbrechlichen Gefäßen tragen“: „So wird deutlich, dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt“ (2 Kor 4,7).

Wenn wir alles empfangen haben, dann ist im letzten der Mensch als Person eben nicht einfach Produkt des Menschen, noch der Gesellschaft oder der Natur, sondern abhängig von seinem Schöpfer. Nur wenn die absolute Freiheit Gottes Grund der Freiheit des Menschen ist und diese garantiert, ist der Mensch überhaupt frei, kann er sich zwischen Gut und Böse entscheiden, hat er eine unbedingte Würde, die ihn über die sonstige Kreatur hinaushebt. Ich betone an dieser Stelle die menschliche Freiheit im Unterschied zur bloßen Naturhaftigkeit auch deshalb so stark, weil die diözesane Aktion „Buch des Lebens“, die wir morgen früh mit der Übergabe der „Bücher“ an die Dekane nach dem Gottesdienst im Dom starten, ja auf das Erzählen der persönlichen Freiheitsgeschichte abzielt.

2 Spirituelle „Spurensuche“ im eigenen Leben

Es geht in der Aktion darum, Menschen aus der Diözese dazu einzuladen, persönlich Zeugnis von der eigenen „Geschichte vom Leben aus Gottes Kraft“ zu geben, die eigene spirituelle Erfahrung darzustellen und damit anderen zugänglich zu machen. Im Grunde regt die Aktion damit zu einer Art spiritueller „Spurensuche“ an: In welcher Situation hat sich Gottes Kraft in meinem Leben gezeigt? Was hat mich dazu gebracht, in diesem oder jenem Erlebnis auf Gott zu schließen? Welchen Anstoß haben mir andere Menschen, Widerfahrnisse und Begegnungen, Erlebnisse der Natur oder Wendepunkte und Schlüsselerfahrungen im eigenen Leben gegeben? Welche existentielle Bedeutung haben die Kraftquellen der Kirche (Sakramente, Liturgie, Gemeinschaft der Glaubenden, Heilige) für mein Leben?

Zur Sprache kommen können auch bestimmte Weisen der Selbsterfahrung (in Meditation und Gebet, vielleicht auch wie beim heiligen Martin im Traum oder gar Vision), die dem eigenen Glauben gewissermaßen auf die Sprünge geholfen und ihm Beine gemacht haben. Wo habe ich in meinem Leben erfahren, dass Gottes Geist mich ergreift, dass er Glaube, Hoffnung und Liebe in mir stärkt, mein Leben ordnet, mir meinen Weg weist und mich antreibt, im Tun des Guten voran zu gehen und nicht stehen zu bleiben? Vielleicht hat auch das Vorbild von Heiligen geholfen, sich von Gott anrühren und ergreifen zu lassen.

Weitere Nachrichten

Fastenzeit
Mit Josef Fussenegger, Vorsitzender des Kirchengemeinderats St. Martin in Wangen, endet unsere Impulsreihe "Was uns bewegt" in der Fastenzeit.
Weiterlesen
Nachruf
Die Diözese Rottenburg-Stuttgart trauert um Prälat Franz Glaser. Der langjährige Domkapitular verstarb am 22. März im Alter von 85 Jahren.
Weiterlesen