Kirche

Bischof setzt auf Kirche vor Ort

Dekanatsreferentin Christa Hecht-Fluhr befragt auf dem Podium (v.l.n.r.) Karin Winkler, Rainer Reischmann, Bischof Gebhard Fürst, Melani Grbac und Albert Elbs - Foto: drs/Markus Waggershauser

Durch Mitwirkung und Mitentscheidung Ehrenamtlicher sollen auch die kleinen Kirchengemeinden nahe bei den Menschen erhalten bleiben.

Wie sieht's aus, Herr Bischof? Gut 150 Mitglieder der Kirchengemeinderäte und Interessierte aus dem Dekanat Friedrichshafen hörten Bischof Gebhard Fürst im Haus der kirchlichen Dienste zu und kamen mit ihm ins Gespräch. Vertreter auf dem Podium erzählten, was sie derzeit beschäftigt. Engagierte aus dem Publikum forderten den Gast aus Rottenburg mit ihren Fragen heraus. Hintergrund der Veranstaltung war die Wahl der kirchlichen Gremien im nächsten Jahr.

Großen Beifall erhielt Bischof Gebhard Fürst für die Zusicherung, dass die rund 270 Seelsorgeeinheiten und 1020 Kirchengemeinden in der Diözese nicht wie anderswo zusammengelegt werden, so sie nicht selbst die Initiative ergreifen. "Wenn man Gemeinde nur in einem Zentrum erlebt, wo man hinfahren muss, ist mir das zu wenig", betonte er. Für lebendige Kirchengemeinden brauche es jedoch die aktive Beteiligung Ehrenamtlicher etwa im Kirchengemeinderat, der in Rottenburg-Stuttgart ja ein Entscheidungsgremium ist.

In seinem Eingangsstatement verwies Landrat Lothar Wölfle vom Bodenseekreis auf die gesamtgesellschaftliche Glaubenskrise. Wenn mehrere Fachleute aus verschiedenen Institutionen beispielsweise übereinstimmend feststellen, dass ein kranker Baum zum Schutz der anderen gefällt werden muss, gründe sich eine Initiative, die das nicht glaubt. Er warb für mehr Vertrauen, das dem anderen nicht gleich Böses unterstellt. Hier sei auch die Kirche mit ihren vielen Ehrenamtlichen gefordert. Albert Elbs, langjähriger Kirchengemeinderat und gewählter Vorsitzender in Ailingen, machte deutlich, dass gerade die Gewinnung und die Pflege Ehrenamtlicher heute eine der größten Herausforderungen sei. Für ein funktionierendes Ehrenamt brauche es gute unterstützende Strukturen und besetzte hauptamtliche Stellen, ergänzte Karin Winkler aus Laimnau.

Ihr als "Reingeschmeckte" habe das Engagement in der Kirchengemeinde sehr geholfen im Dorf Fuß zu fassen, erklärte Winkler, die als Ansprechpartnerin für Migration und Integration im Landratsamt Ravensburg arbeitet. Andererseits sei es schwer für so eine große Organisation hinzustehen. Die Schwierigkeit "sein Gesicht hinzuhalten und sich fragen zu lassen: Bei dem Laden machen Sie mit?", das konnte Bischof Fürst gut verstehen. Er versprach weiterhin alles ihm Mögliche zu tun, um Missbrauchsfälle transparent aufzuarbeiten und weitere durch verstärkte Prävention zu verhindern.

Rainer Reischmann war etliche Jahre Ministrant. Durch sein Engagement in der Dekanatsleitung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) hat er eine ganz andere Form von Kirche kennengelernt. Er wünschte sich, dass mehr junge Menschen die Vielfalt von Gottesdienstformen entdecken können. Bischof Fürst verwies auf die Jugendspirituellen Zentren in der ganzen Diözese, die als Ergebnis eines Gespächsprozesses zwischen Jugendvertretern und Diözesanleitung enstanden seien.

Dass für Jugendliche die Wahlperiode von fünf Jahren ein nicht überschaubarer Zeitraum ist, konnte auch Bischof Fürst nachvollziehen. Als Anregung für die nächste Reform der Kirchengemeindeordnung nahm er mit, über ein alternatives Nachrückverfahren für ausgeschiedene Jugendvertreter nachzudenken, das sich nicht an der nächsthöchsten Stimmenzahl orientiert. Ein noch größeres Hindernis Jugendliche für die Mitarbeit zu gewinnen hat die kroatische muttersprachliche Gemeinde. Die jungen Mitglieder hätten oft nur die deutsche Staatsbürgerschaft und könnten somit nicht für den Pastoralrat kandidieren, erklärte Melani Grbac.

Als Brückenbauerin zu den deutschsprachigen Gemeinden der Seelsorgeeinheit nutzt Grbac im Blick auf die jungen Christen vor allem auch die Sozialen Medien für die Glaubensweitergabe. Als große "Chance für die Kirche, mit der Jugend um ihre Zukunft positiv zu kämpfen", nannte Bischof Fürst das Thema Klimawandel. Er mahnte den Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung in den Kirchengemeinden noch stärker zu forcieren.

Unter Beifall meldeten sich mehrere Vertreterinnen der Reformbewegung Maria 2.0 zu Wort und forderten die Zulassung von Frauen auch zu den Weiheämtern. Was die Diakoninnen betrifft sicherte ihnen der Bischof seine Unterstützung zu. Die Möglichkeit für Priesterinnen sehe er in der derzeitigen Struktur der katholischen Kirche jedoch nicht. Er wünsche sich aber eine stärkere Sichtbarkeit von Frauen gerade auch in der Liturgie durch die Präsenz aller Dienste im Altarraum.

Auf den Einwand aus dem Publikum, dass sich die Kirche weniger um Strukturfragen kümmern, sondern die Verkündigung des Evangeliums in den Vordergrund stellen solle, gab Bischof Gebhard Fürst zu bedenken: "Das Heil ist von diesen Fragen sicher nicht abhängig, aber sie sind wichtig für die Glaubwürdigkeit."

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