Kirche

Blick nach oben - und nach vorne

Die vier Nachkriegskirchen sind in einem viergeteilten Bild von außen zu sehen.

Probleme mit dem Kirchendach wurden festgestellt in den Friedrichshafener Stadtteilen Ailingen (u.l.), Fischbach (u.r.) und Jettenhausen (o.l. - Fotos: DRS/Waggershauser) sowie im Wangener Ortsteil Schwarzenbach (o.r. - Foto: Anita Wenger)

Kirchendächer führen bei Gemeinden im Süden der Diözese zum Nachdenken und in zwei Fällen zu einem nachhaltigen Neubau.

Die unbesiegbaren Gallier im Asterix-Comic haben bekanntlich vor nichts Angst, außer dass ihnen eines Tages der Himmel auf den Kopf fallen könnte. Ähnlich mögen sich die Verantwortlichen in den Kirchengemeinden der Friedrichshafener Stadtteile Ailingen, Fischbach und Jettenhausen sowie von Schwarzenbach in der Wangener Ortschaft Neuravensburg gefühlt haben. Trotz großen Gottvertrauens ging ihr banger Blick in den letzten fünf Jahren hinauf zu den Dächern ihrer Nachkriegsgotteshäuser, bei denen Sachverständige Mängel in der Konstruktion festgestellt hatten. Einige der Kirchen mussten daraufhin umgehend zugesperrt werden.

In drei Fällen waren dieselben Leimbinder im Einsatz, die im Jahr 2006 zum Einsturz des Dachs der Eissporthalle in Bad Reichenhall mit 15 Toten geführt hatten. Wie realistisch die Gefahr noch immer ist, zeigt St. Elisabeth in Kassel. Am 13. November vergangenen Jahres krachte dort das Kirchendach unvermittelt herunter. Die betroffenen Kirchengemeinden am Bodensee machten sich aber nicht nur über bauliche Maßnahmen und deren Finanzierung Gedanken, sondern auch über ihre Zukunft. Was ist notwendig, um im 21. Jahrhundert mit den Menschen am Ort den christlichen Glauben zu leben? Und was soll mit zu groß gewordenen kirchlichen Räumlichkeiten geschehen?

Eine Stabilisierung war in zwei Kirchen machbar

Am wenigsten dramatisch war die Lage in Fischbach. Fachleute konnten das Dach der 1956 eingeweihten Magnuskirche mit 1040 zwischen 50 und 80 Zentimeter langen Schrauben stabilisieren. Auch die Kirchengemeinde St. Johannes Baptist in Ailingen kann seit Palmsonntag wieder ohne Stützpfeiler Gottesdienst feiern. Neben dem Turm, dessen älteste Teile in die Römerzeit zurückreichen, und der Rosenkranzkapelle errichtete die Gemeinde von 1958 bis 1959 einen Neubau, der zum 50-Jahr-Jubiläum 2009 ein grundlegend neues Gesicht erhielt. Acht Jahre später wurde auch die Orgel überholt und erweitert. Daher lag den knapp 2.400 Katholik:innen in Ailingen viel am Erhalt ihrer Kirche.

Zukunftsorientierte Nutzungsmöglichkeiten berücksichtigt

Ursprünglich wollte auch in Schwarzenbach bei einer Gemeindeversammlung die Mehrheit St. Felix und Regula ertüchtigen, obwohl bei der neben dem alten Turm in den Jahren 1957 und 1958 errichteten Kirche nicht nur das Dach Schwächen zeigte. Dennoch entschied sich der Kirchengemeinderat im Juni 2021 für einen Neubau. Weder die Sanierung noch der langfristige Unterhalt des statisch instabilen Gotteshauses wären finanziell leistbar gewesen. Der Neubau sichere die Präsenz der Kirche im Dorf und biete neue Gestaltungsmöglichkeiten, sind die Verantwortlichen überzeugt.

Vorgabe für die Planer war genügend Platz für die Kirchenmusik - ursprünglich ein Argument für den Beibehalt des großen Gotteshauses. Aber auch die flexible Nutzung der kleineren Kirche für Familien- und Kindergottesdienste sowie ein Raum für Sitzungen und Gruppenangebote samt Infrastruktur war gefordert. Im Mai 2023 gewann das Büro Innauer-Matt aus dem Bregenzer Wald den Architektenwettbewerb. Durch das offene zeltartige Dach mit weiß gekalktem Holz, das über ein Oberlichtband wirkungsvoll belichtet wird, entstehe im Gesamten ein spiritueller, wohltuend ruhiger und gemeinschaftlicher Raum, urteilten die Preisrichter. Der Baustart ist für September 2025 vorgesehen.

Gemeinsam zu einer überraschenden Lösung

In Jettenhausen war Wasser ins Dach eingedrungen. Auch dort sah nach kontroverser Diskussion zunächst alles danach aus, den 1960 eingeweihten Betonbau von St. Maria mit integriertem Gemeindehaus zu erhalten. Die sehr große Kirche sollte verkleinert und für die übrigen Räume ein neues Konzept entwickelt werden. Im Frühjahr 2021 kam dann die Idee ins Spiel, sich mit der Nachbargemeinde Zum Guten Hirten zusammenzutun. Das dortige Gemeindehaus ist ebenfalls renovierungsbedürftig. Eine Machbarkeitsstudie stützte das Vorhaben, für Jettenhausen eine kleinere Kirche und für beide Gemeinden eine gemeinsame Begegnungsstätte neu zu bauen - die mit Abstand günstigste Variante.

Die Wettbewerbsjury gab inzwischen dem Blausteiner Architekturbüro Braunger und Wörtz den Zuschlag. Der Grundriss der künftigen Kirche erinnert an einen Nierentisch. Ausgerundete Stützen laufen auf eine Öffnung im Dach zu, durch die das Licht von oben auf den Altar fällt. Salzplatten auf den Seitenfenstern sollen eine mystische Stimmung erzeugen. Das eingeschossige Gemeindehaus legt sich bumerangförmig um die Kirche. Die Räume mit viel Holzelementen sind flexibel nutzbar. Der intensive Dialogprozess brachte etwas hervor, was anfangs nicht absehbar war. Nun gilt in allen vier Gemeinden der Blick nach oben bald wieder ausschließlich dem Göttlichen.

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