Mit einer großen Reiterprozession und einem anschließenden Festgottesdienst begeht die Blutreitergruppe Weißenau am 25. Juni 2023 ihr 100-jähriges Jubiläum. Als Ehrengast hatte sich Kardinal Walter Kasper angekündigt, der aus gesundheitlichen Gründen absagen musste. Die Leitung des Gottesdienstes und die Festpredigt übernimmt nun der emeritierte Rottenburg-Stuttgarter Weihbischof Johannes Kreidler.
Zehn Reitergruppen mit insgesamt rund 120 Reitern und der Musikverein Sternberg haben ihre Teilnahme bereits zugesagt. Erstmals reitet auch der Weißenauer Pfarrer Fabian Ploneczka, der seit letztem Oktober im Amt ist, bei einem Weißenauer Blutritt mit. Für ihn eine „absolute Herzensangelegenheit“, wie er sagt. Der Prozessionsweg wird von Weißenau über Weingartshof nach Torkenweiler, Sickenried, Weiherstobel und zurück nach Weißenau führen. Den anschließenden Festgottesdienst wird Weihbischof Kreidler bei schönem Wetter im Freien vor der Pfarrkirche Weißenau zelebrieren, ansonsten in der Kirche.
Schon früher bei anderen Gruppen mitgeritten
Manfred Marschall steht den Blutreitern seit 2003 als Gruppenführer vor. Er freut sich auf den Blutritt, nachdem 2020 der geplante große Jubiläumsritt zur 875-Jahr-Feier des Klosters Weißenau weitgehend der Pandemie zum Opfer fiel. So auch Diakon Erik Thouet, seit 2009 Geistlicher Begleiter der Gruppe.
Einige Weißenauer dürften bereits vor 1923 als sogenannte „wilde“ bzw. „freie Reiter“ am Blutritt in Weingarten teilgenommen haben, die Blutreitergruppe selbst entstand erst 1923. Den Anstoß zur Gründung gaben der damalige Weißenauer Pfarrer Max Notz (1873-1958) und der Bauer Max Leibinger (1886-1930), der den Voglerhof im Südwesten Ravensburgs bewirtschaftete. Pfarrer Notz hatte Ende Oktober 1923 seine neue Pfarrstelle in Weißenau angetreten.
Noch im Winter 1923 fasste er mit Max Leibinger den Entschluss, eine Weißenauer Blutreitergruppe zu gründen. Im März 1924 riefen Notz, Leibinger und zehn Bauern aus der Kirchengemeinde die Gruppe formell ins Leben. Am Blutfreitag im Mai 1924 ritten die Weißenauer noch zusammen mit der bereits 1908 entstandenen Eschacher Blutreitergruppe, 1925 nahmen sie erstmals als eigenständige Formation am Blutritt teil.
Heute etwa 70 Mitglieder
Hundert Jahre nach ihrer Gründung zählt die Blutreitergruppe Weißenau etwa 70 Mitglieder, davon rund 35 aktive Reiter. Die schweren Kaltblutpferde, die die Bauern einst für die Feldarbeit einsetzten, sind längst sportlich-eleganten Warmblütern gewichen. Und auch das Jahresprogramm ist umfangreicher geworden: Neben der Blutfreitagsprozession in Weingarten nehmen die Weißenauer Blutreiter mittlerweile auch am Blutritt in Bad Wurzach, am Georgiritt in Untereschach, am Heilig-Kreuz-Fest in Ulm-Wiblingen und natürlich an den verschiedenen Festen ihrer Kirchengemeinde teil. „Geblieben“, so resümiert Manfred Marschall, „ist der Glaube, die Liebe zu den Pferden, die Kameradschaft und die Verbundenheit mit der Heimat.“