Missio

Christliche Hoffnung führt zu Solidarität

Zur Eröffnung des Monats der Weltmission in St. Georg in Stuttgart begrüßte Bischof Dr. Klaus Krämer (rechts) Pfarrer Philip Aung Nge, der in dem von Bürgerkrieg, Vertreibung und Naturkatastrophen gebeutelten Myanmar umfangreiche humanitäre Hilfe koordiniert und damit ein "Gesicht der Hoffnung" ist. Myanmar ist Schwerpunktland der Solidaritätsaktion des katholischen Hilfswerks Missio in diesem Jahr. Foto: drs/Jerabek

Beim Eröffnungsgottesdienst zum Monat der Weltmission in Stuttgart unterstreicht Bischof Dr. Klaus Krämer die verändernde Kraft christlicher Hoffnung.

Die Unterstützung für Menschen in Not gehöre „zur innersten Identität“ von Christen, die ihren Weg in der Nachfolge Jesu gehen, sagte Krämer bei dem feierlichen Pontifikalgottesdienst in der Stuttgarter St.-Georgs-Kirche. Es sei „unerlässlich, dass wir uns für gerechte Lebensbedingungen und die Würde eines jeden Menschen einsetzen, wo immer er auch lebt“.

Im Monat der Weltmission Oktober steht das gemeinsame Handeln für christliche Solidarität weltweit im Mittelpunkt. Das katholische Hilfswerk Missio stellt dieses Jahr die Situation der Menschen in Myanmar in den Fokus: Inmitten von Krieg, Vertreibung und Angst und nach einem verheerenden Erdbeben in diesem Frühjahr leisten Christinnen und Christen Notfallhilfe mit Nahrung, medizinischer Versorgung und psychosozialer Unterstützung für traumatisierte Menschen in Vertriebenencamps und setzen so mutige Zeichen der Hoffnung. Das Motto „Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“, ein Vers aus dem Römerbrief des Apostels Paulus (Röm 5,5), beschreibt die Erfahrung vieler Christen, dass gerade in der Bedrängnis die Hoffnung wächst.

Solidarität als Zeichen der Liebe Gottes

Als ein Kennzeichen des Glaubens in einem heilvollen Horizont der Liebe Gottes, wie sie im Evangelium von der Heilung der zehn Aussätzigen deutlich wird, nannte Krämer die Dankbarkeit; sie eröffne eine „große Hoffnungsperspektive für unser Leben und für die Welt". Es gelte, „die konkrete Hilfe, die wir erfahren oder die wir anderen zuwenden, immer wieder in diesen größeren Horizont der Liebe Gottes zu uns Menschen zu stellen. Dadurch wird unsere Solidarität zu einem Zeichen der Liebe Gottes, die unser menschliches Leben trägt und umfängt und die die Zukunftsperspektive ist, in die wir unser menschliches Leben hineinstellen dürfen. Darum gehören das Gebet und die Gaben, die wir geben, so eng und untrennbar zusammen", sagte der Bischof. In dem Bewusstsein, dass „wir nicht zuerst von unserem Überfluss abgeben, sondern vielmehr unser Leben mit dem Leben der Schwestern und Brüder teilen, um sie auf ihrem Weg zu begleiten und zu unterstützen", liege das spirituelle Anliegen des Monats der Weltmission; dieser möge „uns wieder neu vor Augen führen, dass wir unseren Weg als Kirche Jesu Christi nicht allein gehen, sondern gemeinsam mit den Christinnen und Christen in Myanmar und weltweit: Gemeinsam sind wir unterwegs als Pilger der Hoffnung".

Ein eindrucksvolles Zeugnis dieser Hoffnung gab Pfarrer Philip Aung Nge im Anschluss an den Gottesdienst. In einem von Missio-Diözesanreferent Ioan Brstiak moderierten Gespräch mit Bischof Dr. Krämer sagte der Leiter des Diözesanen Notfallteams in der Diözese Loikaw in Myanmar: „Es ist, als würden wir in Dunkelheit wandeln, wir sehen die Straße nicht, auf der wir gehen, und doch vertrauen wir immer, dass es einen Weg gibt, den Gott uns zeigen will; wir glauben, dass wir eines Tages das Licht sehen werden.“ Aus dem Gebet, den Sakramenten und aus der Gemeinschaft schöpfe er Kraft. Pfarrer Philip Aung Nge ist auf Einladung von Missio zu Gast in der Diözese Rottenburg-Stuttgart und berichtet in verschiedenen Gemeinden über die Lage und über die Hoffnung der Menschen in seinem Land.

Sechzig Prozent der Einwohner auf der Flucht

Seit dem Militärputsch im Jahr 2021 tobt in Myanmar ein erbitterter Bürgerkrieg. Die Truppen der regierenden Militärjunta kämpfen gegen eine Vielzahl von Widerstandsgruppen. In dem mehrheitlich buddhistischen Land, in dem Christinnen und Christen gerade einmal sechs Prozent der Bevölkerung ausmachen, werden in einzelnen Regionen gezielt Kirchen, christliche Schulen und Krankenhäuser angegriffen. In 27 von 41 Pfarreien in der Diözese Loikaw seien die Menschen vertrieben oder die kirchlichen Einrichtungen zerstört worden, berichtete Father Philip. 60 Prozent der rund 300.000 Menschen, die auf dem Gebiet der Diözese lebten, mussten flüchten und leben in Zelten und Notbehausungen in Vertriebenencamps. Auch Bischof Celso Ba Shwe wurde vertrieben und lebt als Flüchtling unter Flüchtlingen; er habe „den Geruch seiner Schafe angenommen", sagte Father Philip.

Inmitten dieser Schwierigkeiten und kriegerischen Auseinandersetzungen und all dem Leid sei der Glaube lebendig und wachse das Interesse an pastoralen Berufen und Ordensberufungen. Kirche sei kein Gebäude und auch kein Territorium, so habe sein Bischof einmal gesagt, sondern Kirche sei „ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen, um zu beten, wo Menschen einander lieben und einander vergeben, wo Schafe und Schäfer zusammen sind", so der Missio-Gast. Aus diesem Grund versuche die Kirche, neben der seelsorgerlichen Betreuung auch die Versorgung von etwa 82.000 Binnenvertriebenen mit Grundnahrungsmitteln und Ausrüstungsgegenständen für das Überleben zu gewährleisten sowie medizinische Versorgung und Schulbildung für die Kinder bereitzustellen. Dass die Kirche all dies seit fast fünf Jahren leisten könne, verdanke sie der Unterstützung vor allem aus Deutschland, sagte Father Philip und dankte im Namen der katholischen Kirche in Myanmar.

An der Seite der Menschen in Myanmar

Für Bischof Dr. Krämer, der von 2008 bis 2019 Präsident des Internationalen Katholischen Missionswerks Missio in Aachen war, sind die kirchlichen Mitarbeiter und Ordensleute, die in den zahlreichen Flüchtlingscamps wirken, „Hoffnungsgestalten“, denn „sie gehen an der Seite der Menschen in Myanmar und geben ihnen Hoffnung und Zukunftsperspektiven. Sie sind aber auch für uns Hoffnungsgestalten, weil sie uns ein glaubwürdiges Zeugnis von einem Glauben geben, der die Kraft hat, auch größte Hindernisse zu überwinden, der die Kraft hat, Wirklichkeit zu verändern und der auch uns Hoffnung und Mut machen kann, unseren eignen Weg – unter ganz anderen Bedingungen und Herausforderungen – zu gehen.“

Hilfe durch Spenden und Kirchensteuer getragen

Nach den Worten von Domkapitular Dr. Heinz Detlef Stäps, Leiter der Hauptabteilung Weltkirche, unterstreicht das Beispiel aus der Diözese Loikaw die Erfahrung, „wieviel die katholische Kirche auch in extremer Minderheitensituation in vielen Ländern des globalen Südens für das Gemeinwohl tut, also für alle Menschen, die dort leben". Die meisten Flüchtlinge auf der ganzen Welt seien Binnenflüchtlinge, die nichts anderes wollen, als in ihre Heimat zurückzukehren - „und es ist unsere Aufgabe, ihnen da zu helfen". Stäps dankte allen Spenderinnen und Spendern, die die Arbeit von Missio unterstützen, aber auch allen Kirchenmitgliedern, die über die Kirchensteuer die Arbeit der Hauptabteilung Weltkirche mittragen.

Auf die diözesane Eröffnungsveranstaltung zum Monat der Weltmission in Stuttgart folgt eine Vielzahl von Gottesdiensten und Aktionen, die die einzelnen Kirchengemeinden in den nächsten Wochen gestalten. Höhepunkt ist der Sonntag der Weltmission am 26. Oktober.

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