Veranstaltung

Corona ganz persönlich

„Talk beim Turm“ im Gemeindesaal St. Joseph Öhringen

Pfarrer Klaus Kempter diskutiert bei „Talk beim Turm“ im Gemeindesaal St. Joseph in Öhringen über die Corona-Zeit. Foto: drs/Guzy

Eine Diskussionsrunde der Kirchengemeinde St. Joseph fragt nach den individuellen Erfahrungen der vergangenen Monate.

Nach längerer Zeit hat Pfarrer Klaus Kempter die Veranstaltungsreihe „Talk beim Turm“ wieder aufgenommen. Die erste Ausgabe nach der nicht nur coronabedingten Talk-Pause wollte wissen, „was mir in der Corona-Zeit aufgegangen ist“.

Ein kleiner Kreis von Teilnehmerinnen und Teilnehmern erzählte, wie er den Stillstand durch Corona erlebt hatte. Kempter selbst hatte sich das Virus eingefangen. Er sprach von einem milden Verlauf und zweieinhalb Wochen Quarantäne. Im „Gottesdienst-Lockdown“ sei es dann darum gegangen, Lösungen zu finden, die passen.

Die älteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Runde zeigten sich vor allem vom Wegbrechen der sozialen Kontakte, besonders zu Kindern und Enkelkindern, betroffen. „Mein Terminkalender war plötzlich leer. Das war angenehm aber auch beängstigend“, meinte einer. Die Kompensationsstrategien ähnelten sich: Viel draußen sein, viel mit dem Rad fahren.

Eine Mutter berichtete von den Konfliktpotenzialen, die der Stillstand mit sich brachte: Die ältere Tochter wollte den ganzen Tag Netflix schauen, während die jüngste die Internet-Bandbreite für das Lernen zuhause per Videokonferenz brauchte.

Als Dozentin erlebte sie außerdem die Herausforderung, sich plötzlich mit den digitalen Medien auseinandersetzen zu müssen – und die Ungleichheit, die damit verbunden ist. Denn nicht alle Familien hätten Zugang zu der Technik, weshalb Corona die Kluft zwischen den unterschiedlichen Bildungschancen vergrößert habe, wie sie erklärte.

So führten die individuellen Erfahrungen zu einer Diskussion über die allgemeinen, gesellschaftlichen Folgen. Dass Angehörige sich von ihren Verstorbenen nicht verabschieden konnten, beschäftigte zum Beispiel eine Teilnehmerin besonders. Damit stand dann das Thema im Raum, ob die Kirchen in der Corona-Zeit präsent genug waren oder wie andere Institutionen durch die Umstände in ihren Handlungsmöglichkeiten ausgeschaltet wurden. Der Bogen spannte sich dabei bis zur Frage, was Gottvertrauen eigentlich sei.

Gottvertrauen bedeute ein Leben im Geborgensein, egal was passiere, erklärte Kempter. Das sei aber nicht als Aufforderung zum Nichtstun zu verstehen. Vielmehr ist laut dem Pfarrer Gottvertrauen die Basis, um das Nötige in Gelassenheit und ohne Panik zu tun. Und ohne Verschwörungstheorien: Zwei Teilnehmer erwähnten, dass sie Verschwörungstheorien im engeren Umfeld erleben mussten.

Generell stellten die Diskutierenden fest, dass die Lage unübersichtlicher geworden ist und sich die Gesellschaft weiter fragmentiert hat. Dennoch offenbarten einzelne Äußerungen auch ein gewisses Grundvertrauen.   

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