Als ich Anfang 2020 meine Arbeit als Diakon in der Betriebsseelsorge Stuttgart begonnen habe, konnte ich noch nicht ahnen, dass uns kurz darauf mit Corona ein ganz neues Thema beschäftigen würde. Dabei ist die Arbeit in der Betriebsseelsorge schon so sehr vielfältig.
Als Seelsorger bin ich Ansprechpartner für die Menschen mit ihren Sorgen und Nöten der Arbeitswelt. Dabei geht es um Probleme wie Mobbing, Burn-Out, Sorgen wegen einer Langzeiterkrankung oder dem drohenden Verlust des Arbeitsplatzes bei Stellenabbau oder Betriebsschließung. In diesen Fällen melden sich einzelne Mitarbeiter*innen direkt, oder der Betriebs- und Personalrat fragt eine Unterstützung für den Betrieb an. So habe ich über das Jahr 2020 hinweg die Mitarbeiter*innen der Karstadt- und Kaufhof-Filialen in Stuttgart begleitet, die von den Filialschließungen betroffen waren.
Als Diakon in der Betriebsseelsorge bin ich genauso bei Sterbefällen, gerne auch bei schönen Anlässen wie Trauungen und Taufen, gefragt. Wir feiern zusammen Gottesdienste und tauschen uns bei Bibelgesprächen aus. Dabei bringen wir besonders die Themen der Menschen in der Arbeitswelt vor Gott.
Im Bemühen um bessere Arbeitsbedingungen unterstütze ich Veränderungsprozesse in Gesellschaft und Politik. Unter anderem leiste ich Aufklärungsarbeit, was der freie Sonntag für die Menschen bedeutet und rufe auf, diesen arbeitsfrei zu erhalten. Zusammen mit der KAB und anderen Partnern setze ich mich für mehr Wertschätzung von Pflegeberufen ein. Wir starten Initiativen, um auf das Problem aufmerksam zu machen, unterbreiten Verbesserungsvorschläge und fordern auch konkrete Veränderungen.
Einen weiteren Arbeitsbereich bildet die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen. Neben Beratung und Gesprächsangeboten bietet die Betriebsseelsorge Stuttgart den Mittwochstreff an. Hier können Erwerbslose einmal in der Woche eine sehr günstige Mahlzeit bei unserem Mittagstisch bekommen und anschließend bei einem Kaffee diskutieren oder an wechselnden Bildungsangeboten teilnehmen.
Corona als Grund für Personalabbau
Wie hat denn nun Corona die Arbeitswelt aus Sicht der Betriebsseelsorge verändert? -
Für viele Bereiche in der Arbeitswelt sind die Folgen von Corona noch gar nicht absehbar. Einige – oft große - Unternehmen nutzen Corona zu Stellenabbau und Restrukturierungen, die schon länger geplant aber unpopulär waren, und deshalb nicht umgesetzt wurden. Mit Corona ist nun ein Grund gefunden, den Personalabbau doch durchzuführen, obwohl so mancher dieser Betriebe im letzten Jahr Milliarden-Gewinne erwirtschaftet hat.
Ich mache auf solche Missstände aufmerksam und erinnere, dass der Mensch im Mittelpunkt stehen sollte und nicht die Gewinnmaximierung. Wenn die Maßnahmen trotzdem durchgeführt werden, dann begleite ich die betroffenen Mitarbeiter*innen durch die Veränderungen.