Caritas

Corona-Krise als Suchtrisiko

Das Logo der „Krümelkiste“ der Caritas Heilbronn-Hohenlohe

In der „Krümelkiste“ der Caritas Heilbronn-Hohenlohe finden Kinder aus suchtbelasteten Familien Unterstützung. Foto: Caritas Heilbronn-Hohenlohe

Mit der „Krümelkiste“ hat die Caritas in der Stadt und im Landkreis Heilbronn ein spezielles Angebot für Kinder aus Familien mit Suchtproblemen.

Die coronabedingten Einschränkungen und Kontaktsperren können gerade für Menschen mit Suchtproblemen eine enorme Belastung darstellen. So können durch Isolation und Ängste Rückfälle ausgelöst werden. Darauf machen anlässlich des „Internationalen Tags gegen den Drogenmissbrauch“ die Suchtberatungsstellen des Kreisdiakonieverbandes Heilbronn, der Caritas Heilbronn-Hohenlohe, der Jugend- und Suchtberatung Heilbronn sowie die BWLV-Fachklinik Friedrichshof aufmerksam.

Große Sorgen machen sich die Fachkräfte insbesondere auch um die Kinder, die in suchtbelasteten Familien leben. „Die häufig ohnehin belastete Lebenssituation vieler Kinder kann sich durch die Isolation erheblich verstärken“, sagt Kathrin Finkbeiner, Leiterin der Suchthilfe der Caritas Heilbronn-Hohenlohe. „Überall wo es möglich ist, versuchen wir den Kontakt zu halten, um Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen“, erklärt sie.

Finkbeiner berichtet von vielen Anfragen jetzt und während des coronabedingten Stillstands. Gerade Menschen, die bereits seit einiger Zeit nicht mehr in der Beratung sind, hätten sich gemeldet. Denn ihnen sei die stabilisierende Tagesstruktur weggebrochen.

Kinder können offen reden

Finkbeiner geht davon aus, dass die Beratung weiter gefragt sein wird. „Sucht ist ein falsches Problemlösungsverhalten bei krisenhaften Veränderungen – und Corona ist so eine krisenhafte Veränderung der Lebensumstände“, sagt sie.

Die Suchthilfe der Caritas Heilbronn-Hohenlohe verfolgt bei ihrer Arbeit einen familienorientierten Ansatz. Daher gibt es mit der „Krümelkiste“ in der Stadt und im Landkreis Heilbronn ein Angebot für Kinder aus Familien mit Suchtproblemen. Die Kinder kommen in Gruppen zusammen, um offen über ihre Situation zu sprechen. Denn sie spüren häufig auch den Druck, die Sucht ihrer Eltern mit verheimlichen zu müssen, weiß Finkbeiner. Die Eltern stehen zum Beispiel im Berufsleben und wollen nicht, dass der Arbeitgeber von ihrer Sucht erfährt.

Die Gruppenarbeit soll die Kinder entlasten, ihnen Orientierung geben und ihnen helfen, das Verhalten und die Probleme ihrer Eltern zu verstehen. Dazu finden zunächst jeweils gemeinsame Gespräche mit den Kindern und ihren Eltern statt. Die Treffen haben zum Ziel, dass die Eltern ihren Kindern erlauben, in der „Krümelkiste“ von den Suchtproblemen in der Familie zu erzählen.

Einzelgespräche für Ältere

Die Kinder werden dann, wenn es notwendig ist, sogar zu den Gruppenterminen und gemeinsamen Freizeiten abgeholt. Die Gruppenarbeit musste während des Corona-Stillstands pausieren. Die Mitarbeiterinnen der Suchthilfe der Caritas Heilbronn-Hohenlohe hielten aber weiterhin Kontakt zu den Familien.

Das Angebot der „Krümelkiste“ ist auf zwei Altersgruppen aufgeteilt: Es richtet sich an Kinder bis acht und bis zwölf Jahren. Für Jugendliche und junge Erwachsene gibt es Einzelberatungsangebote, da sie diese bevorzugen, wie Finkbeiner erklärt.

„Menschen mit einer Suchtproblematik – egal, ob es sich um Alkohol, illegale Drogen, Medikamente oder Glücksspiel handelt – sind in Zeiten der Corona-Krise doppelt gefährdet“, sagt Kai Brennecke, Leiter der Beratungsstelle der Diakonie: „Zum einen sind viele von ihnen Hochrisikopatienten, weil sie unter körperlichen Vorerkrankungen leiden, die den lebensgefährlichen Verlauf einer Infektion begünstigen. Zum anderen können manche aufgrund ihrer schwierigen wirtschaftlichen, physischen, psychischen und sozialen Situation Hygieneschutzmaßnahmen nur eingeschränkt umsetzen.“

Aufgaben der Sucht- und Drogenhilfe

Die Sucht- und Drogenhilfe beugt körperlichen, seelischen und sozialen Gefährdungen vor, sie begleitet, berät und behandelt Betroffene und Angehörige, heißt es in der gemeinsamen Mitteilung der Suchtberatungsstellen. „Als tragender Teil der gesundheitlichen Versorgung war und ist sie in der Region auch während der Corona-Krise für die Bürgerinnen und Bürger da“, sagt der stellvertretende Leiter der Jugend- und Suchberatung, Rouven Siegele.  „Beratungen wurden in dieser Zeit hauptsächlich telefonisch durchgeführt, aber auch persönliche Termine haben in Notfällen stattgefunden. Mittlerweile nähern sich alle Beratungsstellen Schritt für Schritt wieder der normalen Versorgung an.“

Die Fachklinik Friedrichshof in Obersulm bietet stationäre Behandlung an, um eine langjährige Drogensucht zu bewältigen. Dies ist weiterhin möglich – trotz vieler Einschränkungen und Belastungen. „Es gilt, Patienten- und Mitarbeiterschaft vor Infektionen zu schützen und dennoch grundlegende Therapiemaßnahmen wirksam durchführen zu können“, sagt Detlef Kölling. Nur wenige Behandlungen mussten laut dem Leiter der Fachklinik bisher verschoben werden.

Die Suchthilfe steht nicht nur in Krisen parat, sondern will dabei unterstützen, dass auf Dauer eine Integration in Beruf und Gesellschaft gelingt und sich die Lebenssituation der Betroffenen verbessert. Nach einer Krise in dieser Größenordnung ist mit erheblichen Auswirkungen in vielen Lebensbereichen zu rechnen – auch hinsichtlich dessen, wie, wo und wann sich Sucht ausdrückt und zeigt, heißt es in der gemeinsamen Mitteilung. Auch die Hilfsangebote werden sich entsprechend anpassen müssen, um diesen Veränderungen gerecht zu werden.

„Internationaler Tag gegen Drogenmissbrauch"

Der „Internationale Tag gegen Drogenmissbrauch und unerlaubten Suchtstoffverkehr“, kurz Weltdrogentag, findet jedes Jahr am 26. Juni statt. Er wurde im Dezember 1987 in einer Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen als Aktionstag gegen Drogenmissbrauch und illegalen Drogenhandel ausgerufen.

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