Die meisten kamen zu Fuß, einige brachte der Schuttlebus: Bei Kaiserwetter und schon früh schweißtreibenden Temparaturen versammelten sich Gläubige aus nah und fern am Freialtar, um der Schönen Maria die Ehre zu erweisen und um dem eucharistischen Herrn zu begegnen. Zum Auftakt der Wallfahrtswoche im Jubiläumsjahr ließ Domkapitular Dr. Uwe Scharfenecker als Prediger und Hauptzelebrant die sechs Jahrhunderte, in denen die Wallfahrt am Hohenrechberg verbrieft ist, kurz Revue passieren und lenkte den Blick auf das, was Menschen damals und heute verbindet: „Es waren sicher nie die Gleichgültigen, die auf den Rechberg kamen, sicher nie die Fatalisten und Angepassten, auch keine Materialisten, obwohl in Zeiten, in denen jede Schlechtwetterperiode sich zu einer tödlichen Hungersnot auswachsen konnte, die Sorge um das tägliche Brot im wahrsten Sinn des Wortes lebenswichtig war", sagte Scharfenecker. „Und doch spürten die Menschen: Das kann doch nicht alles sein!"
Sorgen, Bitten und Dank vor die Gottesmutter bringen
Aus diesem Gefühl, dass der Glaube dem Leben eine Dimension schenkt, die es erhebt und mit Glanz erfüllt, war die Pilgerschaft immer auch eine Antwort der Menschen auf Beschwernisse und Herausforderungen der Zeit: ob 1424, in einer von dem ernsten Bemühen geprägten Zeit, die Reformaufgaben des Konstanzer Konzils zum Ende zu bringen, oder 100 Jahre später, als die Reformation in vollem Gange war; ob 1624, als der furchtbare Dreißigjährige Krieg wütete, oder 100 Jahre später, in einem Jahrhundert der Hoffnung und Glaubensfreude; ob 1824, als der Kampf der Aufklärung gegen Aberglaube und die politische Macht der Kirche vielerorts auch „den echten Glauben auszulöschen" drohte, oder 100 Jahre später, als nach Inflation und schwerer Wirtschaftskrise Hoffnung aufkeimte für eine stabile Demokratie, jäh zunichte gemacht durch Rattenfänger, „die sich innerhalb kürzester Zeit als Ratten erwiesen" - „seit 600 Jahren pilgern Menschen auf den Hohenrechberg, um ihre Sorgen und Anliegen, ihre Bitten und ihren Dank vor die Gottesmutter zu bringen", sagte der Domkapitular.