Ein 31-Jähriger ist tot. Erfroren. Er liegt im Hofdurchgang der Herz-Jesu-Kirche in Stuttgart. Ein Bekannter findet den obdachlosen Mann nur wenige Meter von seinem Schlafsack entfernt. „Es ist immer ein Schock, wenn man so was liest“, sagt Roland Renz und deutet auf den Zeitungsartikel. „Eisiger Tod im Kirchhof“ lautet die Überschrift. Fein säuberlich hat Roland Renz den Artikel ausgeschnitten und in ein Album geklebt. Daneben ein Schnipsel mit dem Datum: 10. Januar 1995. „Das war für mich ein einschneidendes Erlebnis. Ich hab' mir gedacht, das kanns doch nicht sein“, sagt Renz. „Du liegst in deinem warmen Bettle und er erfriert dort draußen.“
Er zeigt auf ein Foto unter dem Zeitungsartikel. Ein junger Mann mit grauschwarzen Haaren und einem karierten Jackett. Jens. Er ist der Obdachlose, der in einer kalten und nassen Winternacht im Januar 1995 erfroren ist. Roland Renz kneift seine grünen Augen kurz zusammen und sagt dann: „Dem Jens habe ich brutal viel zu verdanken. Er war einer der Ersten, der mich so mit reingenommen und vorgestellt hat dort drüben am Hoppenlau-Friedhof.“ Damals ein bekannter Treffpunkt für die Drogenszene und für Obdachlose.