Pilgern

Das Geheimnis des Pilgerns

Pilgerwoche

Die Pilgergruppe ist schon am frühen Morgen unterwegs. Foto: DRS/Guzy

Was Pilgern ausmacht, erlebt eine Gruppe bei einer mehrtägigen Tour auf dem Martinusweg Hohenlohe-Franken.

Die Aufmerksamkeit ist der Gruppe gewiss: Entgegenkommende Radfahrer klingeln und winken; Passanten in den Ortschaften fragen, wohin es geht oder um welchen Verein es sich da handele. Die Gruppe mit ihrer rot-gelben Fahne, den Schals und Käppis fällt auf, während sie in der spätsommerlichen Wärme auf dem Martinusweg Hohenlohe-Franken pilgert.

„Pilgern tut mir einfach gut“, sagt Brigitte Drauz. Die 58-Jährige ist mit ihrer 27-jährigen Tochter unterwegs. Auch wenn sie die Strecke schon kennt: „Es ist jedes Mal anders – was man sieht, was man erfährt.“ Brigitte Drauz und ihre Tochter sind erfahrene Pilgerinnen. Damit sind sie nicht allein. Für viele der zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich für die Tour gemeldet haben, gehört Pilgern zu ihrem Leben dazu.

Die Pilgerwoche der St. Martinusgemeinschaft in Zusammenarbeit mit der Diözesanpilgerstelle ist eine gute Gelegenheit, zu ergründen, was Pilgern ausmacht, warum Menschen sich an viereinhalb Tagen eine rund 80 Kilometer lange Strecke vornehmen. „Jeder Weg beginnt mit einem Aufbruch“, heißt es im Gebets- und Gesangsheftchen, das die Gruppe begleitet - und jede Etappe beginnt mit einer kurzen Andacht mit Pfarrer Gerhard Bundschuh, dem geistlichen Begleiter der St. Martinusgemeinschaft.

Eine offene Atmosphäre

Bei den Andachten fokussieren sich die Gedanken auf die Tagesetappe. Es ist kein Kaltstart. Jeder Abschnitt fügt sich in einen größeren Zusammenhang. Die Gebete und Gesänge erinnern an den heiligen Martin, sein Leben, sein Wirken, sein Vorbild. Unterwegs kann ein Halt in einer Kirche aber ebenso eine willkommene Gelegenheit sein, um in der Kühle des Gebäudes neue Kraft zu schöpfen – erst recht, wenn ein liebevoll gestaltetes Plakat die Pilgergruppe an der Kirchentür empfängt und im Eingangsbereich Obst und Schokoriegel bereitliegen wie in der Kirche St. Josef in Widdern.

Aber nicht nur dort erlebt die Gruppe große und teilweise spontane Gastfreundschaft. Am Tag zuvor öffnete Martina Möhler, gewählte Vorsitzende des Kirchengemeinderats, den Innenhof am historischen Pfarrhaus in Marlach für die Gruppe. Dort konnte sie auf Bänken im Schatten rasten. Extra für die Pilgerinnen und Pilger hatte Martina Möhler den besten Hefe-Nuss-Zopf der Gegend besorgt. Der gewählte Vorsitzende der Kirchengemeinde in Westernhausen, Ulrich Gallistl, ließ die Glocken der Martins-Kirche läuten, als die Gruppe seinen Ort erreichte.

Offenheit prägt die Stimmung innerhalb der Gruppe. Als für die dritte Tagesetappe zusätzliche Pilgerinnen und Pilger aus der Region dazustoßen, gehören sie wie von Anfang an dazu. Gemeinsam zu Fuß unterwegs zu sein, eröffnet auf eine ungezwungene Art Gesprächsmöglichkeiten. Zu zweit oder zu dritt tauschen sich die Pilgerinnen und Pilger über Pilger- und sonstige Wanderabenteuer aus. Tipps für Strecken und Touren gehen von Hand zu Hand.

Plausch mit dem Bischof

Andere unterhalten sich mit Bischof Dr. Gebhard Fürst, der die Gruppe an zwei Tagen abschnittsweise begleitet. Bei der Pilgerwoche können sie ihn aus der Nähe erleben. Der Bischof erläutert in einem der Gespräche ausführlich die Vorbildfunktion von Sankt Martin als dem „Heiligen des Teilens, der sozialen Gerechtigkeit, des Friedens und der Versöhnung“. Der Martinusweg hat eine grenzüberschreitende, europäische Bedeutung, wie Bischof Fürst auch in seiner Predigt beim Festgottesdienst im Kloster Schöntal hervorhebt.

Die barocke Kirche und die Anlage des früheren Klosters zählen neben der „Stuppacher Madonna“ zu den großen kulturhistorischen Schätzen, die die Pilgerinnen und Pilger sehen. Die Tour bietet zudem kleinere Entdeckungen.

Kulturgeschichte und Natur

In der Kirche St. Georg in Marlach zum Beispiel deutet Pfarrer Ingo Kuhbach auf ein Bild, das etwas versteckt im Chor hängt. Das Gemälde von 1700 erinnert an eine Familie, die einst auf den Weg nach Santiago de Compostela aufgebrochen war. „Pilgern hat eine lange Tradition“, sagt der Pfarrer. In die kann sich auch die Gruppe, die auf dem Martinusweg Hohenlohe-Franken unterwegs ist, gedanklich einreihen.

Dieser regionale Verbindungsweg zum Martinus-Hauptweg quer durch die Diözese führt hauptsächlich durch das Jagsttal. Er läuft in Teilen sogar direkt an der Jagst entlang. Hier und da scheinen dann Schienenstücke zwischen dem Bewuchs hervor. Es sind die letzten Spuren der einstigen, seit den 1980er Jahren stillgelegten Jagsttalbahn.

Was macht Pilgern also aus? Katja Mihajlovska fasst es fast programmatisch zusammen: Pilgern ist eine „schöne Mischung aus geistlicher Besinnung, netten Leuten und Natur“. 

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